Connect with us

Politik

Der starke Mann legt die Uniform ab

Spread the love

Nun ist es offiziell: Armeechef Abdel Fattah al-Sisi wird bei den Präsidentschaftswahlen in Ägypten kandidieren. Weitere Prozesse gegen Regimegegner sind bereits geplant. Indes kommen vier Menschen bei Protesten ums Leben. (Foto: reuters)

Published

on

Zwei Männer in Kairo lauschen einer Fernsehansprache von al-Sisi.
Spread the love

Ein Termin für die Präsidentschaftswahl steht zwar noch nicht fest, Abdel Fattah al-Sisi bringt sich trotzdem bereits in Stellung. Unter der Woche ist er als Militärchef zurückgetreten und tauscht fortan seine Uniform gegen staatsmännische Maßanzüge.

In einer Fernsehansprache erklärte er: „Ich gebe die Uniform auf, um die Nation zu verteidigen.“ Das Land sei von Terroristen bedroht, er selbst stehe vor einer großen Aufgabe. Seine Kandidatur war seit langer Zeit erwartet worden, nachdem er mehrmals seine Bereitschaft erklärt hatte. Er gilt als klarer Favorit.

Einfluss auf die Streitkräfte ungebrochen

Mit dem Rücktritt erfüll al-Sisi die Voraussetzungen, um als Kandidat bei der anstehenden Wahl anzutreten. Doch sein Rückzug aus den Streitkräften des Landes ist nicht endgültig. Bevor er abdankte, installierte er ihm loyale Generäle in Schlüsselposition des Militärs. Sein Einfluss ist ungebrochen.

Der 59-Jährige war eine der treibenden Kräfte beim Sturz des ehemaligen Präsident Muhammad Mursi und stilisiert sich seitdem zum Retter der Nation. Auch bei der Bildung einer Interimsregierung und der Verfolgung der Anhänger Mursis spielte er eine Schlüsselrolle.

Neue Massenprozesse

Kurz vor der Bekanntgabe seiner Kandidatur hatte die ägyptische Generalstaatsanwaltschaft neue Prozesse gegen Mursi-Anhänger angekündigt. In der vergangenen Woche hatte ein Massenprozess gegen Regimegegner, in dem 529 Todesurteile ausgesprochen wurden, für Schlagzeilen gesorgt.

In den anstehenden Prozessen sollen 900 Anhänger der Muslimbruderschaft vor Gericht gestellt werden. Auch Mursi selbst muss sich vor Gericht verantworten. In der Muslimbruderschaft sieht al-Sisi einen nationalen Störfaktor und eine Quelle der Unsicherheit seiner Macht. Die Interimsregierung stellt seit der Absetzung Mursis alle Muslimbrüder unter Terrorismusverdacht.

Blutige Proteste gegen Kandidatur

Am Freitag demonstrierten Anhänger der Muslimbruderschaft landesweit gegen die Präsidentschaftskandidatur des bisherigen Armeechefs und gingen zu Tausenden auf die Straßen. Die Sicherheitskräfte nahmen hunderte Regimegegner fest und gingen brutal gegen die Kundgebungen vor. Gegendemonstranten schwenkten in Kairo die ägyptische Flagge und feierten al-Sisis Kandidatur.

Bei Konfrontation der verfeindeten Lager und mit den Sicherheitskräften des Landes sind am Freitag vier Menschen getötet worden, 17 Menschen wurden verletzt. Unter ihnen befindet sich eine Journalistin der Zeitung „Al-Dustur“, die über die Demonstrationen berichten wollte. Augenzeugen berichten, einer der Sicherheitskräfte habe ihr gezielt in den Kopf geschossen.

Mit der Kandidatur al-Sisis hat die Unterdrückung der Muslimbruderschaft einen neuen Höhepunkt erreicht. Das Land ist politisch tief gespalten. Al-Sisi wird es in der Rolle des ägyptischen Präsidenten schwer haben, auch wenn er die Repressionsschrauben weiter anziehen wird. (dtj/dpa)