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Politik

Mit dem Hubschrauber in den Gerichtssaal

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Im schalldichten Glaskasten wartet der ägyptische Ex-Präsident Mursi auf sein Urteil. Aus Sicherheitsgründen wurde er mit einem Hubschrauber zum Gerichtsgebäude gebracht. Kaum gestartet, wurde der Prozess vertagt. (Foto: reuters)

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Verschwörung, Hochverrat und Terrorismus: Ex-Präsident Muhammad Mursi wird in den folgenden Wochen der Prozess gemacht. Den beiden starken Männern des Landes, Armeechef und Vizeministerpräsident Abdel Fatah al-Sisi sowie Interimspräsident Idli Mansur, dürften heiße Tage bevorstehen.

Ein massives Polizei- und Militäraufgebot hatte gestern den Prozessbeginn begleitet. Mursi wurde im Militärhubschrauber zum Prozess in der Kairoer Militärakademie geflogen. Doch lange saß er am Sonntag nicht auf der Anklagebank. Der Beginn des Prozesses endete in einem Eklat.

Bereits kurz nach Beginn der Hauptverhandlung kritisierte Mursis Anwalt, dass der Ex-Präsident sowie 25 weitere Angeklagte, dem Prozess in einem schalldichten Glaskasten beiwohnen müssten. Da er sich nicht mit seinem Mandanten austauschen könne, verließ der Anwalt kurzerhand den Gerichtssaal. Damit sorgte Mursis Anwalt für eine Vertagung der Gerichtsverhandlung.

Mursi stört Gerichtsverhandlung

Diesen Vorstoß konterte der leitende Richter mit der Begründung, dass Mursi in einer vorangegangenen Verhandlung lautstark protestiert, den Verhandlungsablauf gestört und die Richter beleidigt hatte. Die ägyptischen Behörden gehen nach dem Sturz des Präsidenten hart gegen Mursi und die Muslimbruderschaft vor. Ein Ende des Streits ist auch am Tag danach nicht in Sicht.

Mursi, dem in einem weiteren Verfahren die Mitverantwortlichkeit für mindestens zehn Morde vor dem Kairoer Präsidentenpalast im Dezember 2012 vorgeworfen werden, nahm an dem Streit selbst nicht teil. Im Gegenteil: Er schien das Gericht und seine Rolle im Prozess völlig zu ignorieren.

Der Ex-Präsident wurde im Sommer des vergangenen Jahres mit Hilfe der Streitkräfte des Landes abgesetzt und sitzt seither in Haft. Seit seinem Sturz kommt es in Ägypten immer wieder zu Anschlägen durch sogenannte militante Djihadisten – insbesondere auf der Sinai-Halbinsel.

Terroranschlag auf Reisebus

Am Wochenende tötete ein Bombenanschlag auf einen Reisebus nahe der israelischen Grenze vier Menschen, 13 südkoreanische Touristen wurden verletzt. Der Grenzübergang Taba, zwischen Israel und dem Sinai, liegt nur wenige Kilometer von dem israelischen Badeort Eilat entfernt. Die Grenze wurde umgehend geschlossen.

Mittlerweile liegt ein Bekennerschreiber vor, das allen Ausländern mit dem Tod droht, sollten sie das Land nicht binnen vier Tagen verlassen. Ob die Botschaft echt ist und der Anschlag irgendetwas mit dem Prozessbeginn gegen Mursi zu tun hat, ist bislang nicht geklärt.

Ägypten stehen weitere Konflikte bevor

Der Bombenangriff kommt einer Kehrtwende der terroristischen Aktivitäten auf dem Sinai gleich. Bislang richteten sich Terroranschläge hauptsächlich gegen ägyptische Sicherheitskräfte. Die Instabilität in der Region, mit dem Sudan als südlichen Nachbarn, Libyen im Osten, dem syrischen Bürgerkrieg und dem gescheiterten Staat Irak in Reichweite, schwemmt fortwährend Kriminelle und sogenannte Djihadisten an die ägyptischen Grenzen.

Die marode Wirtschaft des Landes ist vom Tourismus abhängig und könnte durch die gezielte Morde an Touristen noch weiter in die Krise geraten. Der nordafrikanische Staat ist noch weit von der erhofften Normalisierung entfernt. Die Gesellschaft ist gespalten, die Wunden der Revolution und des Mursi-Debakels noch nicht verheilt.

Seit dem Ende der Mubarak-Ära konnte keine Regierung Recht und Ordnung garantieren. Bislang hat die Revolution den Ägyptern mehr geschadet als genützt. (dpa/dtj)