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Politik

AfD: Henkel widerruft seine Position zum EU-Beitritt der Türkei

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Arbeitserlaubnis für Asylbewerber ja, „Vielvölkerstaaten“ nein: Widersprüchliche Signale kommen zwei Monate vor der Europawahl und wenige Tage vor dem Bundesparteitag in Erfurt von der eurokritischen Alternative für Deutschland (AfD). (Foto: reuters)

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Hans-Olaf Henkel, Alternative für Deutschland
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Entgegen früheren Aussagen spricht sich der Europalistenzweite und frühere BDI-Präsident Hans-Olaf Henkel mittlerweile gegen einen Beitritt der Türkei zur Europäischen Union aus. Premierminister Recep Tayyip Erdoğan trete die Pressefreiheit mit Füßen, umgebe sich mit korrupten Politikern und lasse die Opposition niederknüppeln, äußerte Henkel gegenüber dem „Focus“. „Ein Land, das Demokratie, Pressefreiheit und Menschenrechte so mit Füßen tritt, hat keinen Platz in Europa.“

Aus diesem Grund werde sich die AfD am Wochenende bei der Verabschiedung ihres Europawahlprogramms gegen einen Beitritt der Türkei in die EU aussprechen. Immer so ganz genau mit den Freiheitsrechten nimmt es Henkel hingegen dann doch wieder nicht, wenn er im gleichen Gespräch die These, dass „inzwischen mehr Frauen Kopftücher als je zuvor“ trügen, als Indiz für eine fehlende Beitrittsreife erwähnt.

Gleichzeitig ist man in den Reihen der Eurokritiker jedoch bemüht, sich vom Vorwurf der Fremdenfeindlichkeit abzugrenzen. In diesem Zusammenhang verweist Henkel auf die Entscheidung der AfD, für eine Arbeitserlaubnis für Asylbewerber einzutreten. „Es ist doch vernünftig, wenn die Asylbewerber selbst für ein kleines Einkommen sorgen können und damit auch den Sozialstaat entlasten“, sagte Henkel. Es helfe den Betroffenen, sich besser zu integrieren. Dieser und andere Aspekte des Parteiprogramms zeigten, „wie demokratisch und weltoffen die Mitglieder der AfD in Wirklichkeit sind“.

Die AfD kritisiere jedoch einen Missbrauch des deutschen Sozialsystems, wenn Zuwanderer nach kurzer Scheinselbstständigkeit Sozialhilfe bezögen. „Wenn die CDU dagegen ist, stört sich niemand daran“, so Henkel zu „Focus“. „Uns wird es als fremdenfeindlich ausgelegt. Das lassen wir uns nicht länger gefallen.“

Rechte Wähler gewinnen, ohne selbst rechte Politik zu machen?

Einerseits öffnen sich zahlreiche Orts- und Kreisverbände der AfD, vor allem in Teilen Westdeutschlands, für Einwanderer und zum Teil auch für gläubige Muslime, andererseits warnte Parteichef Bernd Lucke kürzlich im Rahmen einer Veranstaltung der Bundeszentrale für politische Bildung vor „Vielvölkerstaaten“: Die Vielfalt der zum Teil widersprüchlichen Aussagen und Signale illustriert treffend das Dilemma der Eurokritiker, auf der einen Seite nicht in die Nähe des Rechtspopulismus geraten, auf der anderen Seite jedoch auch den stark von Ressentiments geprägten Teil der potenziellen Protestwählerschaft binden zu wollen, der zu einem herausragenden Ergebnis bei der Europawahl beitragen soll.

Und die Chancen dafür stehen gut: Während die AfD, wäre am nächsten Sonntag Bundestagswahl, mit 5% um einen Einzug ins Parlament zittern müsste und darunter leidet, dass sich angesichts der Krim-Krise wieder mehr Wähler an SPD und Union orientieren, ist der Anteil derjenigen, die beabsichtigen, die Partei bei der Europawahl mit ihrer Stimme zu unterstützen, mit bis zu 8% signifikant höher. Auch bei der Landtagswahl in Sachsen, die am 31. August stattfinden wird, kann die AfD derzeit mit 7% und damit einem Parlamentseinzug rechnen.

Achtungserfolge bei den Kommunalwahlen

Bei den Kommunalwahlen in Bayern ist die AfD nur in München und in Augsburg angetreten. Dabei hat die Partei in der Fuggerstadt mit 6,4% und 4 Mandaten im Stadtrat einen beachtlichen Erfolg gefeiert und in München mit 2,5% und 2 Sitzen immerhin auf Anhieb den Einzug ins Stadtparlament geschafft.

Themenschwerpunkte der AfD in den nächsten Monaten werden standesgemäß wieder die Eurokritik und der Widerstand gegen das Projekt der „Vereinigten Staaten von Europa“ sowie die Brüsseler Regulierungswut sein. Die AfD will Hans-Olaf Henkel zufolge das Personal in der EU mit 50 000 Bediensteten in den nächsten sieben Jahren um die Hälfte reduzieren. „Entsprechendes fordern die Troika von den Griechen und viele Unternehmer bei Restrukturierungen von ihren Arbeitnehmern. Wieso sollen Opfer ausgerechnet am überprivilegierten Wasserkopf in Brüssel vorbeigehen?“, so Henkel in seinem „Focus“-Interview.