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Politik

Ägypten: Mursi verschiebt Wahltermin aus Rücksicht auf Kopten

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Ägyptens Präsident Mursi hat auf die Kritik der christlichen Minderheit reagiert und den Wahltermin geändert. Am Boykottaufruf der Opposition ändert das nichts. Gegner der Muslimbruderschaft demonstrieren weiter. (Foto: reuters)

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Ägypten: Mursi verschiebt Wahltermin aus Rücksicht auf Kopten
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Istanbul/Kairo – Nach der Kritik der christlichen Minderheit hat Ägyptens Präsident Mohammed Mursi die Termine für die Parlamentswahl geändert. Die Abstimmung wird mit Rücksicht auf das Osterfest der Kopten nun vorverlegt. Zwei wichtige Oppositionsführer riefen aber bereits zum Boykott auf. Gegner der Muslimbruderschaft wollen der Regierung nun mit Aktionen des zivilen Ungehorsams Druck machen.

Die in vier Phasen geplante Parlamentswahl soll nach einem neuen Dekret Mursis nun schon am 22./23. April beginnen. Zunächst war der Auftakt am 27./28. April vorgesehen und wäre damit in die Zeit der Osterfeierlichkeiten gefallen. Der Präsident habe damit auf das Begehren der „christlichen Brüder“ reagiert, erklärte sein Büro.

Auch die Termine für die anderen drei Wahlphasen wurden entsprechend verändert. Die Abstimmung soll nunmehr spätestens am 24. Juni abgeschlossen sein. Am 2. Juli soll das neue Parlament zu seiner ersten Sitzung zusammenkommen.

Einige Oppositionsgruppen rufen zum Wahlboykott auf – Muslimbruderschaft setzt auf die Abstimmung

Das gesamte Wahlvorhaben wird von verschiedenen Oppositionsgruppen heftig kritisiert. Friedensnobelpreisträger Mohammed El Baradei twitterte, er habe schon unter Langzeitpräsident Husni Mubarak im Jahr 2010 zum Wahlboykott aufgerufen. Diesen Aufruf wiederhole er nun. „Ich werde nicht Teil eines Schwindels sein“, betonte er. Der Linke-Politiker Hamdien Sabahi hatte zuvor schon seinen Boykott angekündigt.

Die anderen Oppositionsparteien diskutieren noch darüber, ob sie sich an der Parlamentswahl beteiligen oder nicht. Das Misstrauen gegenüber den regierenden Muslimbrüdern ist groß, selbst bei einigen anderen islamischen Parteien, die in dem inzwischen per Gerichtsbeschluss aufgelösten Parlament mit den Muslimbrüdern zusammengearbeitet hatten. Bei der Präsidentschaftswahl im vergangenen Jahr hatte es zahlreiche Beschwerden über Manipulationen am Wahltag gegeben. Internationale Wahlbeobachter werden jedoch voraussichtlich auch diesmal nicht eingeladen.

Es gibt Forderungen, wegen der Krise im Land am Nil besser eine Übergangsregierung aus allen politischen Kräften zu bilden. Diesen Vorschlag lehnt die einflussreiche Muslimbruderschaft jedoch ab und kritisierte die Boykottpläne. Essam al-Arian, der stellvertretende Vorsitzende der islamisch ausgerichteten „Freiheits- und Gerechtigkeitspartei“, zu der auch Präsident Mursi gehört, twitterte: „Die Flucht vor einem Volksentscheid bedeutet lediglich, dass manche ohne demokratisches Mandat an die Macht wollen.“ Die gut organisierte und in Teilen der ägyptischen Gesellschaft tief verwurzelte Muslimbruderschaft setzt auf die rege Wahlbeteiligung ihrer vielen Hunderttausend Anhänger, die schon Mursi in sein Amt verholfen hatte.

Die streng konservative, salafistische al-Nour-Partei (Partei des Lichts) wird sich an der Parlamentswahl in Ägypten beteiligen. Das gab der stellvertretende Vorsitzende der Salafisten-Partei, Bassam al-Sarka, nach Informationen des Nachrichtenportals „Al-Ahram“ am Montag nach einer Sitzung der Parteispitze in Kairo bekannt.

Proteste gegen die Regierung gehen weiter – momentan eher kreativ als gewaltsam

Ägypten erlebte in den letzten Monaten eine Welle des gewaltsamen Protestes gegen die Regierung Mursis. Am Sonntag blockierten Demonstranten die Hauptstraßen der Stadt Port Said und sperrten den Zugang zur Industriezone des Ortes.

Mit Aktionen des zivilen Ungehorsams protestierten derweil Bewohner der Suez-Kanal-Stadt Port Said am achten Tag in Folge gegen die Regierung. Am Sonntag blockierten Demonstranten die Hauptstraßen und sperrten den Zugang zur Industriezone des Ortes. Vor einem Monat hatte es in der Stadt tödliche Krawalle gegeben, nachdem ein Gericht rabiate Fußballfans zum Tode verurteilt hatte. Mursi rief daraufhin den Ausnahmezustand aus.

Aktivisten der Jugendbewegung „6. April“, die im Internet schon maßgeblich gegen den 2011 gestürzten Mubarak mobilisiert hatten, wollen Mursi über eine Online-Aktion loswerden. Die Regierungsgegner meldeten den „Diktator“ bei einem Gewinnspiel für einen Flug ins All an. (dpa/dtj)