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Politik

Ahmadinedschad ist Vergangenheit, Ruhani heißt die Zukunft

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Die Wahl des gemäßigten Politikers Hassan Ruhani zum iranischen Präsidenten weckt die Hoffnung der Annäherung an den Westen. Doch das Erbe seines Vorgängers wiegt schwer. Kann sich der Iran aus der Isolation befreien? (Foto: aa)

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Im Rennen um die Nachfolge von Mahmud Ahmadinedschad konnte Hassan Ruhani Mitte Juni mit 50,7 Prozent der Stimmen die absolute Mehrheit auf sich vereinen. Damit ist der als moderat geltende Kleriker der neue Präsident der Islamischen Republik. Seine Wahl stellt, angesichts der politischen Verhältnisse im Land. eine Sensation dar. Als er sich um das Amt des Präsidenten bewarb, wurden ihm kaum Chancen eingeräumt. Nach seinem unerwarteten Sieg feierten viele Iraner auf den Straßen – die Moderaten und Reformisten im Iran legen viele Hoffnungen in den 65-Jährigen.

Ruhanis Sieg ist ein Sieg aller Iraner

Ruhanis Sieg war nur möglich, weil das iranische Volk sich von der Brutalität des Regimes aus dem Jahre 2009 nicht abschrecken ließ. Damals lag ein Hauch von Revolution über Teheran. Denn Zehntausende Menschen fühlten sich um ihre Stimmen betrogen und demonstrierten gegen das Ergebnis und den radikalen neuen Präsidenten Ahmadinedschad. Das Regime reagierte mit gnadenloser Härte. Viele Verletzte und Tote waren die Folge und die Brutalität des Regimes wurde zur bitterbösen Realität.

Dieselben Iraner, die vor vier Jahren um ihr Leben fürchten mussten, als sie auf die Straßen gingen, jubeln und tanzen in den Straßen, als Ruhani zum Präsidenten gewählt wird. Ruhanis Sieg ist ein Sieg aller Iraner. Das Volk ließ sich den Glauben nicht nehmen, dass Wahlen eine Änderung bewirken können – auch in diesem repressiven System. Es nutzte seine Chance, den eigenen Willen zu demonstrieren: Schluss mit Ahmadinedschad und der Konfrontation mit der internationalen Gemeinschaft.

Ruhani prangert Fehler Ahmadinedschads an

Ruhani befeuerte die Hoffnungen der Iraner in den Wochen vor seiner Amtsübernahme. Bereits im Wahlkampf warf er dem scheidenden Präsidenten Ahmadinedschad vor, das Land mit seiner Außenpolitik in die Isolation getrieben und die Wirtschaft ruiniert zu haben. „Jedes Mal ‚Tod den USA’ zu rufen, ist einfach, die Politik der USA sachlich zu neutralisieren, das ist die wahre Kunst“, so Ruhani.

Die wirtschaftliche Lage des Irans sei angesichts der riesigen Öl- und Gasvorkommen nicht hinnehmbar. Lediglich aufgrund der innen- und wirtschaftspolitischen Fehler seines Vorgängers müssten viele Menschen in Armut leben. „Warum sollten in einem Land mit so viel wirtschaftlichem Potenzial 3,5 Millionen Menschen, darunter 750.000 Akademiker, arbeitslos sein? Es schmerzt einem das Herz, dass hoch qualifizierte Personen aus politischen Gründen im Gefängnis sitzen, statt dem Land in geeigneten Positionen weiterzuhelfen“, sagte Ruhani.

Ruhani ist ein Mann des Systems

Doch es wäre verfehlt bei der Amtsübernahme des neuen Präsidenten am 3. August zu viele Erwartungen an Ruhani zu haben. Der Kleriker ist ein Mann des Systems. Nach der islamischen Revolution machte er schnell Karriere. Zunächst beim Militär, wo er während des iranisch-irakischen Krieges (1980-1988) bis zum Stellvertreter des Oberkommandos der Streitkräfte aufstieg. Danach war Ruhani hinter den Kulissen tätig und verhandelte unter anderem mit den USA am grünen Tisch. Unter anderem als Chefunterhändler im Atomkonflikt mit den USA und Beauftragter des Revolutionsführers im Nationalen Sicherheitsrat.

Ruhani konnte nur Präsident werden, weil der oberste religiöse Führer Ali Chamenei es zuließ. Der innen- wie außenpolitische Druck auf Chamenei ist in den vergangenen Jahren immens geworden. Die Wirtschaft stagniert, die Inflation verschärft sich, die Arbeitslosigkeit steigt. Chamenei weiß um die prekäre Situation in seinem Land und wird den Arabischen Frühling sicher aufmerksam beobachtet haben. Als Alternative zum Hardliner Ahmadinedschad kam ihm Ruhani gerade recht. Um das System zu retten, ließ er Ruhani als Hoffnungsschimmer kandidieren.

Neue Gespräche mit dem Westen möglich

Nun braucht Ruhani Erfolge, die ihm nur der Westen bieten kann. Sein Vorteil gegenüber Ahmadinedschad: Er ist vom Volk in sein Amt gewählt worden, sein Vorgänger war der Präsident des Regimes, eingesetzt nach einer umstrittenen Wahl. Möglich, dass Syrien eine erste Gelegenheit zur Annäherung bietet. Der Iran stützt dort seinen Verbündeten Baschar al-Assad mit Geld, Waffen und Kämpfern. Gleich nach der Wahl sagte Ruhani jedoch: „Die syrische Krise muss vom syrischen Volk selbst gelöst werden. Wir sind gegen Terrorismus, Bürgerkrieg und ausländische Interventionen.“

Die Botschaft ist klar: Wir werden unseren Beitrag zu einer Lösung bieten. Die Iraner müssten für eine gemeinsame Lösung allerdings erst eingeladen werden, an einer Lösung mitzuarbeiten. Russland fordert bereits seit Monaten, dass der Iran bei einer Syrienkonferenz am Tisch sitzen soll. Sollte Ruhani diese Hürde bezwingen, könnte sich Teheran in der Nuklearfrage womöglich nachgiebiger zeigen.

Irritationen beim Thema Israel

Ein Bericht der iranischen Nachrichtenagentur ISNA über Israel-kritische Äußerungen des Ruhanis hatte am Freitag Verwirrung ausgelöst. ISNA hatte Ruhani mit den Worten zitiert, Israel sei eine „alte Wunde“, die beseitigt werden müsse. Der Nachrichtensender Press TV veröffentlichte auf seiner Website aber einen Videoclip des Interviews, in dem sich Ruhani weitaus moderater äußert. Tatsächlich sagte Ruhani demnach, dass die Besetzung Palästinas und das Leid des palästinensischen Volkes „eine alte Wunde für die islamische Welt“ sei. Daher sollten alle Muslime den „Ghods-Tag“ (Jerusalem-Tag) nutzen, um an diese Wunde zu erinnern sowie „gegen die Verbrechen des zionistischen Regimes“ Protest einzulegen.