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Gesellschaft

Mazyek: „St. Martin ist auch für Muslime ein Vorbild“

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Muslimische Vertreter in Deutschland distanzieren sich von Bemühungen linksgerichteter Politiker, traditionelle christliche Feiern unter dem Vorwand der „Kultursensibilität“ aus der Öffentlichkeit zu verbannen. (Foto: dpa)

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Ein Junge, der sich als St. Martin verkleidet hat, nimmt am 11.11.2012 in Berlin an einem Laternenzug durch den Prenzlauer Berg teil - dpa
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Für einen Sturm der Entrüstung sorgten Vorfälle rund um das innerhalb der römisch-katholischen Glaubensgemeinschaft beliebte Martinsfest in Westdeutschland.

Anfang der Woche wurde bundesweit Unmut über die Entscheidung der Verantwortlichen in einer städtischen Kita im hessischen Bad Homburg laut, das traditionelle jährliche Laternenfest zum Gedenken an den von Katholiken als Heiligen verehrten St. Martin von Tours, der seinen Bischofsmantel mit einem Bettler geteilt haben soll, auf einem Informationsschreiben in „Sonne-Mond-und-Sterne-Fest“ umzubenennen. Man hatte die Entscheidung damit begründet, „muslimische Kinder nicht diskriminieren zu wollen“. Tatsächliche Beschwerden vonseiten muslimischer Eltern über das Martinsfest hatte es jedoch zu keinem Zeitpunkt gegeben.

Statt die Wogen zu glätten, goss der Landesvorsitzende der Partei „Die Linke“ in NRW, Rüdiger Sagel, in einem Interview mit der „Rheinischen Post“ noch einmal zusätzlich Öl ins Feuer, indem er forderte, in Kindergärten solle das Martinsfest überhaupt nicht mehr gefeiert werden.

Die Linke plädiere, so Sagel, für die strikte Trennung von Kirche und Staat. Sankt Martin selbst sei „ein katholischer Heiliger“, noch dazu einer mit „militaristischem Hintergrund“. Deshalb habe ein derartiges „konfessionelles Fest“ in staatlichen Kitas heutzutage nichts mehr verloren. Außerdem, so Sagel, könnten sich muslimische Kindergartenkinder durch die Martinsfeier diskriminiert fühlten.

MdB Sevim Dağdelen gegen „zwanghafte Political Correctness“

Über die Landesgeschäftsstelle der Linken brach am Dienstag ein Sturm der Entrüstung herein. Allerdings regte sich schon bald sogar aus den eigenen Reihen Widerspruch. Die Bochumer Bundestagsabgeordnete der Partei, Sevim Dağdelen, äußerte gegenüber der RP: „Ich finde diese zwanghafte politische Correctness traurig“. Sie würde sich „stattdessen mehr Engagement für die Rechte von Beschäftigten im kirchlichen Bereich wünschen“.

Erwin Tälkers, Sprecher der Arbeiterwohlfahrt (Awo) Ostwestfalen-Lippe, kann die Argumente Sagels ebenfalls nicht nachvollziehen. Bei dem Kita-Träger werden religiöse Feste grundsätzlich groß geschrieben – allerdings gelte das auch für die muslimischen Feiern. „So wie christliche Kinder sich gerne beim Zuckerfest mit Süßigkeiten beschenken lassen, so mögen auch muslimische Kinder mit ihren Eltern das Laternenfest“, sagt Tälkers. Die religiösen Themen seien Bestandteil der Pädagogik.

Vor allem aber in der muslimischen Glaubensgemeinschaft reagierte man mit Unverständnis auf die Forderung des Linkspolitikers. „Ich habe gerne mit meiner Mutter in der Grundschulzeit mitgemacht. Viele muslimische Familien nehmen das gerne auf, und dieser Laternen- und Fackelzug ist für Kinder und Erwachsene natürlich auch ein Spektakel“, sagt der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, Aiman A. Mazyek. Obendrein spiele „der Gedanke des Teilens auch im Islam eine große Rolle“.

„Gedanke des Teilens spielt auch im Islam eine große Rolle“

Einige Politiker, Medien und Blogs nutzten die Aufregung zur Stimmungsmache gegen die angebliche „Islamisierung“. Dass es in Fällen wie diesen im Regelfall keine tatsächlichen Beschwerden von Muslimen gegeben hat, sondern immer nur als Vorwand herangezogen wird, dass es solche geben könnte, wird dort bewusst ebenso verschwiegen wie die Distanzierungen muslimischer Betroffener und Funktionäre, die regelmäßig geäußert werden.

Auch die Hagener CDU-Bundestagsabgeordnete Cemile Giousouf reagierte mit scharfer Kritik und wies auf die totalitären Wurzeln der Partei „Die Linke“ hin, die in diesem Vorstoß zum Ausdruck kämen: „Als Muslimin und Christdemokratin empfinde ich den Vorstoß der SED-Nachfolgepartei als vordergründigen und überflüssigen Klamauk. Hier wird versucht, unter dem Deckmantel der Kultursensibilität Religion aus dem öffentlichen Leben zu verdrängen. Kultursensibiliät bedeutet nicht, dass man seine eigenen religiösen Traditionen und Feste verleugnen muss. Zudem ist es in vielen Großstädten, in unserer vielfältiger werdenden Gesellschaft bereits gelebte Praxis, dass Kinder zusammen z. B. zu Sankt Martin Laternen basteln, das Lichterfest und das Ramadanfest feiern.“

Auch Arne List, ein Mitgründer des „Liberal-Islamischen Bundes e.V.“ (LIB) wittert „Islamophobie“ hinter dem Vorschlag, die sich in einem „absurden Paternalismus“ zeige. Das Statement unterstelle, „Muslime” könnten was gegen St. Martin haben. „Das ist orientalistischer Paternalismus und somit Rassismus“, schreibt List auf Facebook.