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Kolumnen

An ALDI empfindlichen Muslime

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Die Verwendung religiöser Begriffe für wirtschaftliche Zwecke ist in muslimischen Kreisen viel weiter fortgeschritten als in Europa, findet unser Kolumnist Ismail Kul. (Foto: dpa)

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Ein Firmenschild steht am 30.01.2012 in Köln vor einer Aldi-Filiale. Die Billiganbieter haben im vergangenen Jahr gegenüber klassischen Supermärken an Boden verloren. Dabei waren sie so aggressiv wie lange nicht mehr. Ein Grund dafür könnte ausgerechnet der Erfolg von Aldi und Lidl im Ausland sein.
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„Salem Aleikum“. Das ist nicht nur der übliche muslimische Gruß vergleichbar mit dem jüdischen Schalom. Nein, das war zugleich eine Zigarettenmarke damals in Deutschland, zu Zeiten des Kaisers. Auch „Mohamed Cigaretten“ hat es damals gegeben – mit dem Werbeslogan „Die Perle des Orients“.

Der muslimische Gruß als Zigarettenmarke?

Auch die Fabrik, wo diese Marke produziert wurde, ähnelt der äußeren Erscheinung nach einer Moschee. Wir wissen nicht, ob die Muslime damals daran Anstoß genommen, dagegen protestiert haben. Das ist nicht überliefert. Heute jedenfalls sieht es anders aus.

Das jüngste Ereignis betrifft ein Aldi-Produkt. Nach Medienberichten hat Aldi-Süd eine neue Seife herausgebracht. Sie trägt den Namen  „Ombia – 1001 NACHT“ und auf der Verpackung ist die Kuppel einer Moschee mit zwei Minaretten abgebildet.

Extremisten bestimmen die Tagesordnung

Dagegen sollen nun „einige muslimische Kunden“ protestiert haben, so dass Aldi-Süd dieses Produkt wieder aus den Regalen nahm. Der Grund: Es soll die Gefühle der Muslime verletzt haben. Das Bild einer Moschee hätte auf Waschbecken in Toiletten oder Bädern nichts zu suchen.

Mich hat es nicht groß gestört. Auch aus meinem Umfeld hab ich kaum kritische Töne wahrgenommen. Hätte es die Pariser Anschläge bzw. die Diskussion um die Karikaturen nicht gegeben, wäre das Produkt wahrscheinlich auch gar nicht groß aufgefallen. Doch scheinbar gab es so viele Beschwerden, dass Aldi sich gezwungen sah, zu handeln.

Und natürlich hat die Reaktion von Aldi-Süd natürlich wieder Kulturkämpfer auf der abendländischen Seite auf den Plan gerufen. Sie werfen der Kette fehlendes Rückgrat vor – also ein weiteres Zurückweichen vor intoleranten Muslimen.

Ich glaube, man muss beide Seiten zur Ordnung rufen. Man sollte nicht zulassen, dass Leute mit einer solchen Mentalität unser Leben bestimmen und die gesellschaftliche Atmosphäre vergiften und dadurch Einfluss auf unser aller Leben nehmen.

Den Rettern des Abendlandes würde ich zurufen: Liebe Leute, das sind nicht die Muslime. Das sind Einzelne. Ihr solltet nicht ausgehend von Einzelnen auf die gesamten Muslime schließen.

Selektives Empfinden von Verletzungen

Diesen Muslimen würde ich zurufen:

Liebe Mit-Muslime!

Seit wann seid ihr denn so empfindlich? Und vor allem: Könnt ihr eure Gefühle souverän lenken? Könnt ihr aussuchen, welche Ereignisse eure Gefühle verletzen und welche nicht? Anders gefragt: Wie schafft ihr es, dass die gleichen Vorkommnisse eure Gefühle mal verletzen, mal aber nicht – je nach dem, von wem und welcher Seite sie stammen?

Die Milchprodukt-Marke Gazi hat auch auf ihrem Logo eine Moschee abgebildet. Nach dem Verzehr landen diese Bilder im Müll. Moschee-Bilder im Müll! Verletzt das eure Gefühle? Habt ihr dagegen schon was unternommen?

Missbrauch religiöser Begriffe bei Muslimen weit verbreitet

Die Verwendung religiöser Begriffe für wirtschaftliche Zwecke ist in muslimischen Kreisen viel weiter fortgeschritten als in Europa. In Europa gibt es keine weit verbreitete Dom-Metzgereien, Dreifaltigkeits-Würste oder Heiligen-Cafés. Im muslimischen Bereich schon.

Mevlana-Imbisse, Medina-Metzgereien oder Mekka- oder Zamzam-Colas haben wir alle gesehen. Die Verwendung des Namens Zamzam, des Wassers für ein zuckerhaltiges, gar nicht gesundes Brause-Getränk, das in Mekka entspringt und Jahr für Jahr von Mekka-Pilgern überall in die Welt mitgenommen wird – sollte euch das nicht nachdenklich machen müssen? Möglicherweise werden viele Menschen durch ein solches Getränk, das den Namen Zamzam trägt, Diabetiker.

Sogar ein so zentraler religiöser Begriff wie „Ihlas“ steht in der Türkei für ein Wirtschaftsunternehmen, das viele muslimische Anleger in Schwierigkeiten gebracht hat, so dass heute viele mit dem Namen Ihlas möglicherweise enttäuschte Hoffnungen, ja sogar Betrug in Verbindung bringen dürften. Verletzt das nicht eure Gefühle?

Karikaturen, die nicht die abgebildeten Personen, sondern die Gefühle ihrer Zeichner abbilden, verletzen eure Gefühle. Aber warum verletzt der Menschenhandel mit syrischen Frauen und Mädchen in Flüchtlingslagern in der Türkei nicht eure Gefühle? Hat das Bild eines kleinen syrischen Mädchens in Istanbul eure Gefühle verletzt, das in der Winterkälte am Auspuff eines Linienbusses sich aufzuwärmen versuchte?

Was kommt als nächstes – Mein Vorschlag

Oder – ein anderes Beispiel: Eine Beleidigung religiöser Gefühle seitens Abgeordneter der Regierungspartei AKP in der Türkei verletzt nicht die religiösen Gefühle, wohl aber ähnliche Äußerungen hier im Westen. Also, dieses selektive Empfinden der verletzten Gefühle kann ich nicht verstehen. Ich frage mich, was als nächstes kommt.

Vielleicht die Forderung, dieses Gebäude in Dresden, das immer noch die Form einer Moschee hat oder die Wasserpumpe in Potsdam abzureißen, die wie eine Moschee samt Minarett aussieht? Falls solche Forderungen kommen sollten, würde ich vorschlagen, diese Gebäude an islamistisch ausgerichtete Muslime zu verkaufen. Dann würden sie keine Gefühle mehr verletzen. Man würde dahinter einen irgendwie versteckten heiligen Sinn vermuten und schweigen.

Es kommt ja sowieso nicht auf das Ereignis oder die Tat an, sondern auf den dahinter stehenden Akteur.