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Geschichte

Das Ende für Juden und Muslime in Andalusien: Unterwerfung, Verbannung oder Tod

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Das Jahr 1492 wird meistens mit der Entdeckung der Neuen Welt in Verbindung gebracht. Zu diesem Zeitpunkt endete die Ära der Muslime in Spanien, was drastische Folgen für die jüdische und später für die muslimische Bevölkerung hatte. (Foto: A. Akgül)

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Muhammed XII. Abu Abdallah (Boabdil), der letzte Emir von Granada, übergab die Stadt seinen Feinden unter bestimmten Voraussetzungen. Diesen zufolge sollte die muslimische Bevölkerung ihren Glauben weiterhin ausüben dürfen und im christlichen Granada ihr Leben fortführen wie zuvor im Emirat von Granada. Zunächst hatte man mit diesem Vertrag auch versucht, die Koexistenz der Religionen nach islamischem Vorbild aufrechtzuerhalten. Dies fand jedoch keine Umsetzung in der Praxis. Diejenigen Muslime, die im eroberten Granada nach 1492 bleiben wollten, wurden „mudajjan“, „die Gezähmten“, genannt, ein für die auf anderen christlichen Gebieten Spaniens lebenden Muslime gebräuchliches Wort, das die Kastilier zu „mudejar“ verformten.

Für die Juden in Andalusien, auch Sepharden genannt, sah die Lage in den ersten Jahren nach der Eroberung noch schlechter aus, weil sie entweder zum Christentum konvertieren oder ins Exil gehen mussten. Sie bekamen eine kurze Frist für ihre Entscheidung. Die Muslime hingegen wurden in den Jahren von 1609 bis 1614 offiziell endgültig aus Spanien vertrieben. Bis zu dieser Zeit wurden Muslime auch immer wieder von der Inquisition behelligt. Hızır Hayreddin Barbarossa und sein älterer Bruder Oruç Reis Barbarossa kamen mit ihrer Flotte Flüchtlingen zur Hilfe. Über 40 000 Juden wurden mit türkischen Schiffen von den Hafenstädten Andalusiens wie Almeria nach Thessaloniki, Edirne, Bursa, Izmir oder Istanbul transportiert und angesiedelt. Die muslimischen Andalusier flüchteten größtenteils in das osmanische Nordafrika, aber auch zum Teil mithilfe osmanischer Seefahrer nach Çukurova in Anatolien und in die Hauptstadt Istanbul.

Sultan Bayezid II. sandte viele Männer aus und ließ in seinem Reich in Wort und Schrift verkünden, dass die Juden im Osmanischen Reich willkommen geheißen sollen. So entwickelten sich große sephardische Gemeinden in Thessaloniki, Fes, Istanbul, Venedig Jerusalem, Edirne und Kairo, die heute noch existieren.

Die Mudejar als fünfte Kolonne der Osmanen in Andalusien

Wie auch der Historiker Andrew C. Hess betont, wurden die muslimischen Andalusier in den Regierungszeiten der Sultane Yavuz Sultan Selim I. (1512 – 1520), Süleyman der Prächtige (1520 – 1566) und insbesondere Sultan Selim II. (1566 – 1574) zu einer fünften Kolonne der Osmanen erklärt. Die vertraglich vereinbarte Freiheit der Ausübung der Religion wurde den Muslimen nach wenigen Jahren (ca. 1502) nicht mehr gewährt. Die Befürworter der Inquisition, fanatische Christen, bauten beispielsweise in Granada große Scheiterhaufen neben Juden auch für Muslime auf, um diese zur Konvertierung zu zwingen. Die Flucht war nicht mehr so leicht für Muslime wie in den ersten Jahren. So versuchte sich die muslimische Bevölkerung anfangs durch Aufstände zu wehren.

Jedoch bekannten sich viele letztendlich unter Zwang zum Christentum, übten aber die alte Religion heimlich noch aus. Die Inquisition versuchte mit verschiedenen Methoden herauszufinden, ob die Morisken, wie sie genannt wurden, dem Christentum treu blieben. Beispielsweise wurden die Konvertiten im Fastenmonat Ramadan streng überwacht, mussten Wein trinken, Schweinefleisch essen und somit beweisen, dass sie ihre alte Religion nicht mehr ausübten.

Um die Lage der Morisken in Andalusien verbessern zu können, kooperierte unter anderem Sultan Süleyman mit Frankreich. Hayreddin Barbarossa unternahm im 16. Jahrhundert mehrere Fahrten an die iberische Küste. Die Flotte der Osmanen war auch der Faktor, der dafür sorgte, dass die Spanier nicht weiterhin in Nordafrika an Boden gewannen. Dennoch wurden einige Städte wie Ceuta und Melilla, die heute noch zu Spanien gehören, von den Spaniern erobert. Viele Andalusier schlossen sich auch dem Kommandeur der osmanischen Flotte an.

1609-1614: die Jahre der Verbannung

Zwischen diesen Jahren wurden die letzten Muslime aus Spanien vertrieben, da sie mit der Zeit mehr oder weniger für alle innerpolitischen Krisen verantwortlich gemacht wurden. Die spanische Herrschaft sah die Mudejar als andauerndes Problem, das ein für alle Mal gelöst werden musste. Die Mudejar kooperierten zum Beispiel mit dem türkischen Provinz-Gouverneur von Algerien, Kılıç Ali Paşa, und organisierten Aufstände. Die Morisken besetzten auch ein Jahrhundert nach der Illegalisierung ihres Glaubens im wirtschaftlichen Leben Spaniens wichtige Posten.

Aufgrund einer geltenden Regelung flüchteten von Valencia und Aragon viele Muslime (nach Schätzung ca. 50 000) nach Frankreich. Der Anordnung zufolge durften die Muslime ihre Kinder nur dann mitnehmen, wenn sie in ein anderes christliches Land flüchteten. Falls sie direkt in ein islamisches Land (z.B. nach Nordafrika) auswandern sollten, mussten sie ihre Kinder Pfarrern hinterlassen. Nach einer langen Reise über Frankreich und Italien schafften es nur die wohlhabendsten andalusischen Familien in das osmanische Bosnien.

Sultan Ahmed I. (1603 – 1617) versuchte mittels diplomatischer Schritte, die schwierige Reise der Andalusier zu erleichtern. Beispielsweise sandte er den französischen, britischen und venezianischen Herrschern Briefe, um die Anzahl der Schiffe für die Flucht zu erhöhen. Die muslimischen Andalusier, die nach Istanbul kamen, wurden wie schon im Jahre 1492 auch im Jahre 1571 und 1610 im Galata-Viertel angesiedelt. Auch Evliya Çelebi berichtet in seinen Schriften (1510) über diese neuen Einwanderer.