Politik
Ankara und Brüssel packen die Nazi-Keule aus
Der türkische EU-Minister Ömer Çelik hat die Verhaftungswelle in seinem Land gegen Kritik verteidigt und sich jeden Vergleich mit der Nazi-Herrschaft verbeten. Das Vorgehen gegen Terrorverdächtige in der Türkei sei stattdessen mit dem „Kampf gegen die Nazis“ vergleichbar, sagte Çelik am Montag nach einem Treffen mit EU-Botschaftern in Ankara. Mit Blick auf die in der Türkei inzwischen als „Fetö“ bezeichnete Gülen-Bewegung fügte er hinzu: „Neben der Fetö-Terrororganisation stehen die Nazis wie Lehrlinge da.“
Die Regierung macht den in den USA lebenden muslimischen Prediger Fethullah Gülen für den Putschversuch von Mitte Juli verantwortlich. Der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn hatte am Montag im Deutschlandfunk zum Vorgehen der Regierung in der Türkei gesagt: „Das sind Methoden, das muss man unverblümt sagen, die während der Nazi-Herrschaft benutzt wurden.“ Asselborn hatte zugleich mögliche Wirtschaftssanktionen gegen Ankara ins Spiel gebracht.
Auch Österreichs Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) hat die Türkei erneut scharf kritisiert. Er sei für einen Abbruch jeglicher Beitrittsgespräche. „Ein Land, das versucht, Journalisten und Oppositionsführer einzusperren, hat in der Europäischen Union keinen Platz“, sagte der Politiker der konservativen Österreichischen Volkspartei (ÖVP) im Ö1-Radio am Montag. „Für mich ist die rote Linie längst überschritten.“ In der Flüchtlingspolitik spiele das Land eine unberechenbare Rolle. „Wenn man sich auf diese Türkei verlässt, ist man verlassen.“ Die EU dürfe sich auf keinen Fall mit der Drohung der Aufkündigung des Flüchtlingspakts erpressen lassen, sondern müsse den Schutz der Außengrenzen selbst besser organisieren.
Çelik verteidigte außerdem die Diskussion um die Wiedereinführung der Todesstrafe in der Türkei. Sie sei „eine Reaktion unseres Volkes“, weil die Türkei nach dem Putschversuch vom Westen „so sehr alleine gelassen“ worden sei. Der Minister warb zugleich für Entspannung. „Es ist die Zeit für starke Beziehungen zwischen der Türkei und der Europäischen Union.“ Eine Vollmitgliedschaft wäre der richtige Weg.
Seit dem 29. Juni 2011 ist das Ministerium für europäische Angelegenheiten der Republik Türkei für die Europapolitik, für die Koordinierung der Beitrittsverhandlungen der Türkei mit der Europäischen Union und für die Beziehungen zwischen der Türkei und der EU zuständig. (dpa/dtj)