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Kolumnen

Mansur Yavaş: Der neue Herr der türkischen Hauptstadt

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Im Schatten des Istanbuler Bürgermeisters Ekrem İmamoğlu krempelt Mansur Yavaş die türkische Hauptstadt um. Der neue Bürgermeister Ankaras gibt der Opposition im Land neue Hoffnung – mit teils radikalen Maßnahmen.

Nach 25 Jahren unter islamisch-konservativer Führung wird die türkische Hauptstadt Ankara seit April 2019 erstmals von der Opposition regiert. Gerade im Amt brach Mansur Yavaş von der republikanischen CHP mit vielen Praktiken der alten Führung und schrieb sich einen knallharten Sparkurs auf die Fahnen. Der Mitte-links-Politiker konnte neun Monate nach seiner Wahl bereits Millionen Lira einsparen.

650 Millionen Lira eingespart

Alle 100 Tage veröffentlicht der Lokalpolitiker eine Broschüre, in der er offenlegt, wie viel die Stadt in welche Maßnahmen und Projekte investiert hat. Und – viel wichtiger – wo etwas eingespart wurde: 650 Millionen Lira betrage demnach bislang die Ersparnis. So macht er indirekt die Verschwendung von Steuergeldern durch die zuvor regierende AKP-Stadtverwaltung öffentlich. Das erinnert an seinen Parteikollegen Ekrem İmamoğlu, der sich in Istanbul als neuer Bürgermeister ebenfalls durch Einsparungen einen Namen gemacht hat.

Yavaş’ Bilanz ist auch fernab der nackten Zahlen bemerkenswert: Seit seiner Amtsübernahme schuf Yavaş ein mehr als 50 Kilometer langes Netz von Fahrradwegen, führte eine App für die öffentlichen Verkehrsmittel ein, eröffnete einen Park und reduzierte die städtische Verschuldung. Der CHP-Bürgermeister möchte das Leben in der Stadt verändern und mehr Grün in die Stadt bringen.

„Yavaş, yavaş!“ („Langsam, langsam!“)

Doch es ist gerade seine besonnene Art, die den Menschen in der türkischen Hauptstadt imponiert. Trotz seines Willens zur Veränderung möchte Yavaş nichts überstürzen. Der Lokalpolitiker wirbt mit dem an seinen Nachnamen angelehnten Wahlkampfslogan „Yavaş, yavaş“ („Langsam, langsam“) um nachhaltige Veränderung.

Bei den Wählern kommt das gut an. Einer aktuellen Umfrage der Kadir Has-Universität zufolge, die der Spiegel zitiert, zeigen sich etwa 60 Prozent mit der Arbeit des Bürgermeisters zufrieden. Als Bürgermeister der Hauptstadt wird Yavaş automatisch für größere Aufgaben gehandelt. Deutsche Medien frohlocken schon übereifrig vom „Aufstand der Städte“ (Spiegel) und einer neuen „Hoffnung für die Opposition“ (Deutschlandfunk).

Yavaş selbst lässt das bislang kalt: „Wir müssen uns auf die Stadt konzentrieren, nicht auf die große Politik“, sagte er jüngst. Mal sehen, wie lange das noch gilt.