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Politik

Arabische Monarchien und Putschisten

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Arabische Monarchien und Putschisten haben einen gemeinsamen Nenner: Das Volk von der Politik fernzuhalten. Was sie dabei vergessen, ist, dass die Geschichte ihrer Macht im Nahen Osten zu Ende geht. (Foto: reuters)

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Monarchen prägen seit Jahrzehnten das politische Geschehen im Nahen und Mittleren Osten.
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Die Strömung fließt in eine eindeutige Richtung. Die Blockierer werden von ihrer Wucht hinweggefegt werden und das Volk wird erstmals zu einem politischen Faktor werden. Das ist der Grund, warum die Putschisten in Ägypten so viel Blut fließen lassen. Ist so viel Unterdrückung und Grausamkeit nicht das Ergebnis der Stabilität des Volkes und der Verzweiflung der Putschisten?

Nicht nur die politischen Grenzen, sondern auch die politischen Ordnungen des Mittleren Ostens sind ein Erbe der Kolonialzeit. Nach dem Beginn des Ersten Weltkriegs erstellte McMohan, der Generalgouverneur von England, in Vereinbarung mit Scharif Hussein eine Landkarte. Als Russland davon erfuhr, brach ein Chaos aus. Daraufhin erstellten Sykes und Picot, zwei Offiziere des britischen und französischen Geheimdienstes, eine ähnliche Landkarte wie die von McMohan. Die Landkarte, welche im Mai des Jahres 1916 mit dem Konsens der Alliierten vervollständigt wurde, ist die Karte des heutigen Nahen Ostens. Nicht nur die Staaten und ihre Grenzen, auch die Monarchendynastien, welche die neu entstandenen Staaten führen sollten, wurden in der Vereinbarung zu diesem Zeitpunkt – bis auf wenige Ausnahmen – bestimmt.

Doch der Hauptfaktor, der diese auf dem Tisch gezeichneten Grenzen herbeigeführt hatte, war der Arabische Aufstand, welcher am 10. Juni begann. Mit dem Aufstand, den Hussein, der Scharif von Mekka, ausgelöst hatte, kämpften viele arabische Stämme mit den Engländern auf derselben Seite gegen das Osmanische Reich. Ihr Lohn sind die heutigen Grenzen. Die Engländer haben ihre Verbündeten unter die Führung der sogenannten Tankstellen, also der auf den Ölfeldern gegründeten kleinen Emirate gebracht, und somit ist deren kleines Geflecht an Staaten entstanden, die wie Familienbetriebe geführt werden.

Teile und herrsche…

Die Engländer haben zunächst ihren wichtigsten Verbündeten Scharif Hussein auf halbem Weg stehengelassen. An seine Stelle setzten sie die saudi-arabische Königsfamilie und in weiterer Folge wurde der Nahe Osten mittels der „Teile und herrsche“-Logik von oben nach unten in tausend Stücke zerschlagen. Wie wirkungsvoll diese Vorgehensweise war, kann man alleine anhand der nur im letzten Viertel des Jahrhunderts mit Blick auf Kuwait vollzogenen Entwicklungen abschätzen. Saddam Hussein hatte sich nur einmal angemaßt, eine kleine Retusche an der Landkarte durchzuführen – das dadurch entstandene Chaos hat sich immer noch nicht gelegt.

Die Palästina-Frage, immer noch die größte Wunde in der islamischen Welt, ist das unmittelbare Ergebnis des arabischen Aufstands. Durch die Ergänzung der rechten Südflanke des Britischen Militärs unter dem Kommando von General Allbenby haben an der syrischen Front drei große osmanische Heere eine schwere Niederlage erlitten – wobei die arabischen Rebellen die wichtigste Rolle spielten. Nach diesem Angriff hat sich die türkische Armee aus Palästina zurückgezogen und Jerusalem wurde den Briten übergeben. Der nächste Schritt war das durch die Balfour-Deklaration entstandene Israel- und Palästina-Problem. Noch bevor die Briten sich Palästinas bemächtigten, wurde mit dieser Deklaration die Gründung eines jüdischen Staates erklärt.

Geschichte können wir nicht umschreiben. Das Erlebte können wir auch nicht ignorieren. Wir wiederholen deutlich: Wenn die von Scharif Hussein angeführten Araber im Ersten Weltkrieg nicht dem Osmanischen Reich in seiner schwersten Stunde in den Rücken gefallen wären, würde es heute kein Palästina-Problem geben, das von der ganzen arabischen Welt als Entehrung betrachtet wird.

Ordnung ohne Volk vor dem Zusammenbruch

Wenn man sich nur Jordanien ansieht, fragt man unweigerlich: Warum existiert solch ein Staat? Die Antwort lautet: Er zeigt sowohl die Logik der heute existierenden Grenzen, aber auch die hinterlassenen Spuren des Verrats. Eine geografische, politische oder historische Basis für die Rechtfertigung der Existenz eines solchen Staates ist nicht zu finden. Die Geschichte lautet wie folgt: Als die Landschaften Hedschas und Taif der saudischen Familie übergeben wurden, blieb der kooperative Scharif Hussein unversorgt. Damit für seinen Sohn Faysal ein Staat gefunden werde, den er regieren kann, wurden hier und dort Ländereien geteilt und ein Staat namens Jordanien erfunden. Der heutige König von Jordanien stammt noch aus dieser Familie.

Die 1916 gegründete Ordnung „ohne Volk“ stürzt nun nach genau einem Jahrhundert zusammen. Die rücksichtslose Unterstützung der saudischen und anderen Tankstellen-Chefs gegenüber den Putschisten dient der Aufrechterhaltung ihrer eigenen Herrschaft. Aber wie lange noch? Ist es möglich, das Volk außerhalb dieser Balance zu halten? Die Plätze Ägyptens zeigen der ganzen Welt, dass dies nicht mehr möglich ist.

Mümtaz’er Türköne