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Wirtschaft

Atomenergie für Aserbaidschan

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Auf den ersten Blick passt es einfach nicht zusammen. Das Land schwimmt in Öl und Gas und ist nun entschlossen, eigene Kernkraftwerkskapazitäten aufzubauen. Die Energieoffensive Ost des französischen Präsidenten Hollande zeigt Früchte. (Foto: cihan)

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Französische Energieoffensive: Aserbaidschan schwimmt in Öl und Gas und ist nun entschlossen, eigene Kernkraftwerkskapazitäten aufzubauen.
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Es ist tatsächlich eine Angelegenheit, die den Energieexperten und Umweltaktivisten in Baku gleichermaßen die Schweißperlen auf die Stirn treibt. Aber dabei bleibt es nicht. Nach Angaben von eurasianet hat der aserbaidschanische Präsident Ilham Ailyev das Projekt Anfang Mai in einer Verfügung nicht etwa in die Hände des Wirtschaft- und Energieministeriums gelegt, sondern dem Ministerium für Kommunikation und Hochtechnologie, speziell einem Kernforschungszentrum, das dem genannten Ministerium unterstellt ist. Diese Verfügung besagt, dass das aserbaidschanische Nuklearpotential ausschließlich friedlichen Zwecken dienen soll. Die Anlage würde auf einem dem Staat gehörenden Stück Land 15 km nördlich von Baku errichtet werden.

Die aserbaidschanischen Atomambitionen gehen noch auf Sowjetzeiten zurück. Die Pläne wurden mit dem Untergang der Sowjetunion 1991 als auch durch den anhaltenden Konflikt mit Armenien um die Enklave Nagorni Karabach eingemottet. Frankreich, das Dreiviertel seines Energiebedarfs aus Kernenergie bezieht und langjährige Beziehungen mit Aserbaidschan auf dem Energiesektor unterhält, sieht hier wohl eine Chance aufblitzen.

Mögliche Partner – neue Abhäniggkeiten

Während seines Besuchs in Aserbaidschan Mitte Mai erwähnte der französische Präsident François Hollande, dass ungenannte französische Unternehmen ein Interesse daran hätten, zusammen mit der aserbaidschanischen Regierung deren Kernpotential aufzubauen. Früher erwähnte Abbasov VINCI Construction Grands Projets, einen der weltgrößten Hersteller von Groß-Infrastruktureinrichtungen als eines der französischen Unternehmen, die sich an dem Projekt beteiligen könnten.

Das Wirtschaftwachstum in Aserbaidschan kann als solide bezeichnet werden. Die Asiatische Entwicklungsbank bescheinigt dem Land für 2014 eine Wachstumsrate von 5 Prozent. Nach Einschätzung der Wirtschaftswissenschaftlerin Natik Jafarly hat Aserbaidschan bereits die Energie- und Elektrizitätsreserven, die ein stabiles Wachstum ermöglichen. Offiziellen Angaben zufolge verbrauchte Aserbaidschan im Jahr 2013 rund 20,6 Milliarden Kilowattstunden Elektrizität bei einer Stromherstellung von 21,5 Milliarden Kilowattstunden. Der verbleibende Überschuss wurde nach Russland und Georgien exportiert. (Zum Vergleich: Deutschland stellte 2012 rund 617 Milliarden Kilowattstunden Strom her).

Da Aserbaidschan kein Uran herstellt und auch über keine eigenen Kernbrennstoffe verfügt, müsste es sich nach geeigneten Exporteuren umsehen. „Der Import von Uran würde Aserbaidschan abhängig machen von den schwankenden Uranpreisen auf dem Weltmarkt“, sagte Jafarly.

Besser zu Aserbaidschan vom Klima wie von der Geografie her würde die Nutzung alternativer Energiequellen passen – Wasserkraft, Solarenergie und Windkraft hätten ein enormes Potential. Dasselbe trifft übrigens auch auf die Türkei in ihrer Abhängigkeit von Öl- und Gasimporten zu.

Aserbaidschan fordert wegen der Umweltrisiken seit Jahren die Schließung des nun 38 Jahre alten Kernkraftwerkes Metsamor in Armenien, des einzigen im ganzen Süd-Kaukasus.