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Gesellschaft

Bundesregierung gibt Druck nach: Gleichbehandlung von Türken und EU-Bürgern

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Im März 2013 hatte das Bundesverwaltungsgericht die Ungleichbehandlung türkischer Staatsbürger im Gebührenrecht für assoziationsrechtswidrig erklärt. Nun hat die Bundesregierung den vielfach als „Abzocke“ qualifizierten Zustand beendet. (Foto: rtr)

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Das Bundesinnenministerium will das Sprachtest-Urteil des EuGH nicht anerkennen.
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Gerichtsurteile und die zunehmenden Beschwerden aus Bevölkerung und Politik gegen die Ungleichbehandlung in Deutschland lebender türkischer Staatsangehöriger durch überhöhte Gebühren für Aufenthaltstitel haben nun die Bundesregierung, wie es aussieht, zum Handeln bewegt.

Für einen Aufenthaltstitel müssen Türken ab sofort nicht mehr 135 Euro Gebühren zahlen, sondern nur noch 28,80 Euro. Das berichtet das „Migazin“. Das Innenministerium reagiert damit auf eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts und behandelt Türken in Zukunft wie EU-Bürger.

Vor etwas mehr als einem Jahr hatte das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig deutlich gemacht, dass türkische Arbeitnehmer im Vergleich zu EU-Bürgern weder diskriminiert noch ihre Freizügigkeitsrechte verschlechtert werden dürfen. Maßgeblich dabei sei die Rechtslage aus dem Jahre 1980.

Die Leipziger Richter hatten entschieden, dass Gebühren, die von Türken für Aufenthaltsdokumente erhoben werden, nicht mit dem Assoziationsrecht EU-Türkei zu vereinbaren sind, wenn sie im Vergleich zu entsprechenden Gebühren für Unionsbürger unverhältnismäßig hoch sind. Zuvor war das Verwaltungsgericht Aachen zu einem ähnlichen Ergebnis gekommen.

Gebühren für türkische Staatsbürger „unangemessen hoch“

Für türkische Staatsbürger gelte demnach auf Grund des Assoziationsabkommens zwischen der Türkei und der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft Europarecht und damit griffen auch sowohl ein Diskriminierungs- als auch ein Verschlechterungsverbot.

Der Entscheidung lag der Fall eines türkischen Arbeitnehmers zugrunde, von dem die Behörde für die Verlängerung und Ausstellung seines Aufenthaltstitels dreimal die Bezahlung von Gebühren in Höhe von 40, 30 und 135 Euro verlangt habe. Die Gebühren für EU-Bürger hingegen seien ungleich niedriger (8 bzw. 28,80 Euro). Dadurch seien die Gebühren für türkische Staatsangehörige aber „unverhältnismäßig hoch“, führten die Richter aus. Dies verstoße gegen das Abkommen mit der Türkei.

Bereits im Mai 2012 hatte die Bundestagsabgeordnete Sevim Dağdelen (Die Linke; Bochum) die Bundesregierung und die Länder aufgefordert, die europarechtswidrige Abzocke in den Ausländerbehörden zu beenden. Dies sei jedoch vergeblich gewesen.

Rückforderungen sind angedacht

Die Linksfraktion habe bereits Anfang 2010 auf die rechtswidrige Gebührenerhebung vor dem Hintergrund des EWG-Türkei Assoziationsabkommens aufmerksam gemacht und auf die Praxis in den Niederlanden und in Dänemark hingewiesen, wo das Assoziationsrecht seit längerem auch in diesem Bereich respektiert werde.  

Das Innenministerium hatte bisher alle Bedenken zurück, Kritiker behaupten, dies wäre teilweise in haarspalterischer Manier und juristischer Spitzfindigkeit erfolgt.

Nun hat die Bundesregierung diese Form der Ungleichbehandlung beseitigt. Ob die Angelegenheit damit ausgestanden ist, steht jedoch noch nicht fest. Einwandererorganisationen und Bürgerrechtsverbände haben angekündigt, Prozesse im Hinblick auf eine mögliche Rückerstattung der zu Unrecht erhobenen Gebühren anzustrengen. Das Assoziationsabkommen datiert aus dem Jahr 1964.