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Politik

Ausnahmezustand in der Türkei: Regierung schließt weitere kritische Sender

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Die türkische Regierung geht schon seit langem hart gegen kritische Medien vor. Seit dem gescheiterten Putsch verschärfen die Behörden ihren Kurs. Kritiker warnen: Damit wird der Pressefreiheit endgültig das Rückgrat gebrochen.

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Türkische Behörden gehen weiter hart gegen regierungskritische und pro-kurdische Medien vor. Am Dienstag legten sie drei weitere Sender still. Dabei drang die Polizei in die Istanbuler Redaktionsräume des beliebten pro-kurdischen Senders IMC TV ein und stoppte die Ausstrahlung, wie der Kanal selbst mitteilte. Türkische Behörden hatten IMC TV bereits im Februar aus dem Angebot des Satelliten- und Kabelanbieters Türksat entfernen lassen. Die nun folgende Erstürmung der Redaktion durch die Polizei hat der Sender auf seiner Internetseite live übertragen. Es sind vertraute Bilder: Auch andere Sender, die die Regierung hat schließen lassen, haben die Kameras während ihrer Erstürmung laufen lassen.

Am Dienstag stürmten Sicherheitskräfte zudem die Istanbuler Redaktion des regierungskritischen Senders Özgür Radyo. Dabei seien 17 Menschen festgenommen worden, meldete die private Nachrichtenagentur Doğan (DHA). Auch der regierungskritische alevitische Sender Hayatın Sesi (Stimme des Lebens) wurde nach eigenen Angaben geräumt. Dieser war im Sommer 2013 während der Gezi-Proteste unter dem Namen Hayat TV bekannt geworden.

Türkische Behörden hatten bereits am Donnerstag vergangener Woche die Schließung von 23 Radio-und Fernsehsendern angeordnet. Türksat stoppte am selben Tag die Ausstrahlung mehrerer Kanäle, darunter auch des kurdischsprachigen Kindersenders Zarok TV. Seit der Ankündigung wurden insgesamt mindestens neun Sender ganz geschlossen. Damit sind laut Aussage der Organisation Human Rights Watch (HRW) und des stellvertretenden HDP-Vorsitzenden Saluhan Uluç mittlerweile auch alle unabhängigen Sender in kurdischer Sprache aus der Türkei verbannt. „Dass die Regierung unter Berufung auf den Ausnahmezustand nahezu alle Medien, die auf Kurdisch senden oder sich für die kurdische Bewegung engagieren, verboten hat, zerstört eine jahrelange kulturelle Entwicklung“, beklagt Emma Sinclair-Webb, die HRW-Vertreterin in der Türkei, das Vorgehen der Regierung.

Die jüngsten Maßnahmen beruhen auf einem nach dem Putschversuch erlassenen Notstandsdekret. Dieses erlaubt der Regierung, Medien und Verlage, die „die nationale Sicherheit gefährden“, ohne Gerichtsbeschluss zu schließen. Die Organisation Reporter ohne Grenzen hatte im vergangenen Monat kritisiert, die Repression gegen Journalisten in der Türkei habe „ein nie gekanntes Ausmaß erreicht“.

Auf der Basis des Dekrets waren bereits im Juli 3 Nachrichtenagenturen, 16 Fernsehsender, 23 Rundfunkstationen, 15 Magazine und 45 Zeitungen wegen angeblicher Nähe zu dem Prediger Fethullah Gülen geschlossen worden. Auch durch den Staatsapparat ging bereits einen tag nach der Verlängerung des Ausnahmezustands eine neue Säuberungswelle. Wie am Dienstag bekanntgegeben wurde, wurden beinahe 13 000 Polizisten vom Dienst suspendiert, darunter über 2500 Polizeichefs. Die türkische Regierung macht den in den USA lebenden Gülen für den Putschversuch verantwortlich. Dieser weist die Vorwürfe zurück und verweist darauf, dass bisher kein einziger Beweis für die Anschuldigungen vorgebracht werden konnte. (dpa/dtj)