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Politik

Außenpolitik: Mehr Konsens zwischen Obama und Romney als erwartet

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Die dritte TV-Debatte zwischen Amtsinhaber Obama und Herausforderer Romney ist vorüber. Zuschauer sahen leichte Vorteile für den Präsidenten, aber keine entscheidenden Impulse. Dafür war auch die inhaltliche Übereinstimmung zu groß. (Foto: dpa)

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Außenpolitik: Mehr Konsens zwischen Obama und Romney als erwartet
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In der Lynn Universität in Boca Raton, Florida, trafen der amtierende Präsident der USA, Barack Obama, und sein republikanischer Herausforderer Mitt Romney zum letzten Mal im Rahmen einer Fernsehdebatte aufeinander. Das bestimmende Thema war die Außenpolitik. Und da diese für den größten Teil der Wähler in den USA eine weniger wesentliche Rolle spielt als innenpolitische und vor allem wirtschaftspolitische Fragen, musste ihr hinsichtlich der bevorstehenden Wahlentscheidung im November von vornherein eine eingeschränkte Bedeutung beigemessen werden.

Die Wahl selbst konnte deshalb im Rahmen dieser Debatte zwar im Falle eines besonders schwerwiegenden Lapsus oder augenscheinlich offenbarter Inkompetenz verloren, aber kaum gewonnen werden. Beides blieb aus. Da beide Kandidaten augenscheinlich bemerkten, dass die außenpolitischen Debatten keinem von ihnen einen entscheidenden Vorteil verschaffen würden, schweiften sie auch immer wieder zu innenpolitischen Themen wie Wirtschaft oder Bildung ab, um dort noch einmal ihre bekannten Positionen herauszustreichen.

Was versteht Obama unter „mehr Flexibilität“?

Herausforderer Romney versuchte im Wesentlichen, dem Präsidenten außenpolitische Schwäche nachzuweisen. Er warf Obama vor, eine Entschuldigungstour durch die Welt abgehalten zu haben. Der Präsident hätte im arabischen TV erklärt, Amerika hätte „anderen Nationen diktiert, was sie zu tun hätten“. Das wäre fatal gewesen. Amerika habe in Wahrheit andere Nationen von Diktatoren befreit. Romney spielte darüber hinaus auch auf den Mitschnitt eines vertraulichen Gesprächs Obamas mit Russlands damaligem Präsidenten Medwedjew im Frühjahr 2012 an, in dem dieser dem russischen Staatsoberhaupt gegenüber zugesichert hatte, im Fall einer Wiederwahl „mehr Flexibilität“ zu haben. Damit griff Romney eines der wesentlichsten Argumente der Republikaner im Wahlkampf auf, nämlich dass ein Barack Obama, der sich nie wieder einer Wahl zu stellen hätte, in seiner zweiten Amtsperiode wesentlich radikaler agieren würde als bisher.

Barack Obama seinerseits verwies auf seine außenpolitische Bilanz: Er habe es geschafft, die Sicherheit für amerikanische Bürger zu gewährleisten, er habe den Abzug aus dem Irak durchgesetzt, Al Qaida wäre geschwächt, er habe gezielt diejenigen gejagt, die tatsächlich Amerika Schaden zugefügt hätten, er habe neue Allianzen in der Welt geschmiedet und Freunde gewonnen, in Libyen habe man ohne Bodentruppen alle Ziele erreicht und dafür weniger Geld ausgegeben als für zwei Wochen im Irak.

Mitt Romney versuchte seinerseits, diese Bilanz zu relativieren, indem er neben den Hoffnungen, die dieser erweckt hatte, auch auf Verwerfungen hinwies, die ebenfalls im Gefolge des Arabischen Frühlings zutage getreten seien und auf die man nicht oder falsch reagiert hätte. Der Mittlere Osten sei nach wie vor eine wackelige Region, der Norden Malis sei an Al Qaida gefallen, in Ägypten regiere die Moslembruderschaft, der Iran sei eine größere Bedrohung als je zuvor. Obama wäre still geblieben, als im Iran 2009 gegen das Regime demonstriert wurde. Und er wolle Militärausgaben kürzen, was in der derzeitigen außenpolitischen Situation unverantwortlich wäre.

Barack Obama seinerseits warf Romney vor, außenpolitisch entweder falsche Antworten favorisiert zu haben – etwa immer noch hohe Truppenstärken im Irak zu behalten oder einen atomaren Abrüstungsvertrag mit Russland zu unterzeichnen, dem auch republikanische Kongressabgeordnete zugestimmt hätten -, oder gar keine anderen Lösungsvorschläge als die Administration selbst zu präsentieren. Romney stehe, so der Präsident, nicht wie er selbst für eine berechenbare, sondern für eine „rücksichtslose“ Form der Außenpolitik.

Sieht man vom wahlkampfbedingten Theaterdonner ab, der sich in einzelnen Wortgefechten offenbarte, zeigten sich in der Substanz selbst doch viele Gemeinsamkeiten hinsichtlich der grundlegenden Einschätzungen beider Politiker und die Unterschiede reduzierten sich eher auf Detail- oder gar Stilfragen.

Keine wesentlichen Differenzen über Syrien, Iran usw.

Sowohl Mitt Romney als auch Barack Obama betonten, dass „Nation Building“ im Ausland keine Aufgabe der USA wäre, sondern dass Länder für sich selbst Verantwortung tragen sollten. Beide wollen der muslimischen Welt dabei helfen, Extremisten loszuwerden und Prinzipien zu stärken, die dem Frieden förderlich seien. Dazu gehörten ökonomische Entwicklung, offensive Bildungspolitik, der Schutz von Minderheiten und Frauen und Rechtsstaatlichkeit.

Beide betonten auch ihre Solidarität mit Israel als dem engsten Verbündeten der USA auf internationaler Ebene und ihre Entschlossenheit, auch gegenüber den neuen Regierungen in der arabischen Welt darauf zu drängen, dass Verträge mit dem Land aufrechterhalten werden.

Obama und Romney stimmten auch im Grundsatz darin überein, dass die Vertreibung des syrischen Diktators Assad von der Macht höchste Priorität habe. Amerika müsse Führungsqualitäten in der Region zeigen. Aus dem einzigen Verbündeten des Iran müsse ein Syrien werden, das sich als verantwortungsbewusster Alliierter der USA und ihrer Partner wie Israel, der Türkei, Saudi-Arabiens und Katars präsentiere. Es gelte jetzt, sicherzustellen, dass die oppositionellen Kräfte vereint würden, dass man die verlässlichen darunter mit Waffen versorgen solle und dass man verhindern müsse, dass Waffen in falsche Hände gelangen. Obama äußerte sich zuversichtlich, dass Assads Tage bald gezählt sein würden. Eine militärische Beteiligung der USA am Sturz des Diktators schlossen beide Politiker aus.

Beide Kandidaten betonten auch, dass eine nukleare Bewaffnung des Iran nicht hingenommen werden könne. Obama rühmte sich in diesem Zusammenhang, eine internationale Front für Sanktionen gegen Teheran herbeigeführt zu haben, der sich selbst Russland und China nicht verschlossen hätten. Er widersprach entschieden Medienberichten der letzten Tage, wonach er das Recht des Iran auf Nutzung nuklearer Technologie akzeptiert hätte und kündigte an, dass der Iran keine Atomwaffe bekommen würde, solange er Präsident sei.

Mitt Romney verlangte eine weitere Verschärfung der Sanktionen gegen das Regime in Teheran und forderte, den iranischen Präsidenten Ahmadinedschad wegen Anstachelung zum Völkermord einen Prozess zu machen. Ein militärisches Vorgehen gegen den Iran sei aber nur die allerletzte mögliche Option.

Die USA zunehmend aus internationalen Konflikten heraushalten

Beide Politiker bezeichneten einen Ausbau des Freihandels, Unabhängigkeit auf dem Energiesektor, bessere Bildung und Investitionen in Infrastruktur als den besten Weg, die USA aus internationalen Konflikten herauszuhalten. Obama verwies in diesem Zusammenhang darauf, dass die Ölimporte nach Amerika auf Grund der im eigenen Land gewonnenen Energie die niedrigsten aller Zeiten wären und darauf, dass er in Asien, Afrika und Europa neue Partner gefunden hätte. Mitt Romney sprach in diesem Zusammenhang das Zukunftspotenzial Lateinamerikas an, das vor der eigenen Haustüre liege und wo die USA ihre Chancen nutzen müssten.

Die Zuschauerumfrage bei CNN im Anschluss an die Debatte brachte einen leichten 48:40-Vorteil für Obama bei der Frage, wer als Sieger aus dem Duell hervorgegangen wäre. Allerdings attestierten gleichzeitig 60% der Zuschauer Mitt Romney, er hätte das Zeug zum Präsidenten.

Spannungsgeladene zwei Wochen Wahlkampfendspurt

Nun bleiben den Kandidaten nur noch 2 Wochen, um den entscheidenden Vorteil zu erringen. Umfragen weisen auf ein Kopf-an-Kopf-Rennen hin, wenn auch in den letzten Wochen ein spürbarer Trend zu Gunsten des Herausforderers zu bemerken war. Ende der letzten Woche sah eine Gallup-Umfrage Romney unter Wählern mit dezidiert erklärter Wahlabsicht mit 52:45 Prozent voran. Auch in den Swing States laufe es für Romney positiv.

Es kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass es in den letzten Tagen vor der Wahl noch eine „Oktoberüberraschung“ gibt, die entscheidend auf den Wahlkampf Einfluss nimmt – so wie es eine abschätzige Äußerung John Kerrys über Soldaten im Irak im Jahre 2004 war oder der große Börsencrash 2008.

Obamas Trumpf könnte neben seinen besseren Darbietungen in der zweiten und dritten TV-Debatte die historische Erfahrung sein, dass Amerikaner, sofern sie keinen zwingenden Grund dagegen sehen, dazu neigen, einem amtierenden Präsidenten noch eine zweite Amtszeit zu gönnen und dass One-Term-Präsidenten eher die Ausnahme sind.

Entscheidend zu Gunsten Mitt Romneys könnte es jedoch sein, wenn sich einzelne Wählersegmente als in besonders hohem Maße motiviert zeigen, zur Wahl zu gehen und ihre Getreuen überdurchschnittlich mobilisieren. Dies war etwa 2004 der Fall, als evangelikale Christen durch eine besonders hohe Wahlbeteiligung George W. Bush zu einer zweiten Amtszeit verhalfen. Zwar bestehen in dieser Gruppe gegen den Mormonen Mitt Romney sehr starke Vorbehalte, andererseits ist aber auch die Motivation, Obama aus dem Amt zu jagen, sehr massiv ausgeprägt.

Im Jahre 2004 hatten im Übrigen auch Katholiken, was ungewöhnlich ist, mehrheitlich den republikanischen Kandidaten gewählt. Angesichts der Debatten rund um die verpflichtende Deckung von empfängnisverhütenden Maßnahmen durch den Krankenversicherungsträger, wie „Obamacare“ sie vorsieht, sowie des kompromisslosen Pro-Choice-Kurses des Präsidenten in der Abtreibungsfrage könnte auch diese sonst eher zu den Demokraten tendiere Gruppe stärker in Richtung Romney tendieren als Umfragen vermuten lassen.

Darüber hinaus hat Romney im Laufe der letzten Wochen offenbar auch unter jüdischen Amerikanern an Zuspruch gewonnen. Jedenfalls werden vor allem in entscheidenden Staaten wie Ohio, Florida, Pennsylvania oder Colorado auf beiden Seiten alle verfügbaren Kräfte mobilisiert werden.
Christian Rogler