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Wirtschaft

„Müssen Zeitungen ohne Papier bauen“

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Die Springer-Gruppe kann sich über den Einstieg ins TV-Geschäft durch die Übernahme des Nachrichtensenders N24 freuen. N24 soll Video und Live-Fernsehen für „Bild“ und „Welt“ im Netz liefern. (Foto: dpa)

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Übertragungswagen von N24 stehen am 23.02.2012 in Berlin am Gendarmenmarkt - dpa
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Lange hatte Axel Springer vom Einstieg in das Fernsehgeschäft geträumt. Nachdem das Kartellamt den Kauf von ProSiebenSat.1 untersagte, verschwanden die TV-Pläne wieder in der Schublade. Mit der Übernahme des Nachrichtenkanals N24 greift das Medienhaus („Bild“, „Die Welt“) nun wieder nach einem TV-Sender.

Der Scoop von Vorstandschef Mathias Döpfner zielt diesmal aber nicht auf den klassischen Fernsehmarkt. Er braucht Bewegtbilder für den Umbau des Konzerns zum digitalen Marktführer – und die kann der Spartenkanal liefern.

Mit dem Kauf legt Springer einen weiteren Gang auf dem Weg ein, digitaler Marktführer zu werden, wie Döpfner das Ziel ausgegeben hat. N24 soll Video und Live-Fernsehen für „Bild“ und „Welt“ im Netz liefern.

Döpfner ist überzeugt, dass man mit Online-Journalismus Geld verdienen kann und sieht die Printmedien in einer ähnlichen Lage wie die Autoindustrie. „Wir müssen Zeitungen ohne Papier bauen und Sie müssen Autos ohne Benzin bauen“, sagte er unlängst zu Autobossen in Berlin. Bewegtbilder sind so etwas wie Sprit im Rennen um die Klicks im Netz.

„Neue Gründerzeit“ im Medienbereich erwartet

Für Döpfner steht nicht weniger als eine „neue Gründerzeit“ bevor. Konsequent richtet er Deutschlands größtes Zeitungshaus auf die digitale Zukunft aus. Etwa 40 Prozent der Erlöse erwirtschaftet der Konzern bereits im Netz. Durch das digitale Plus kann der „Bild“-Verlag die Erlösrückgänge im Printgeschäft kompensieren.

Auch beim Verkauf von Online-Abos sieht es für Axel Springer vielversprechend aus. Gut ein halbes Jahr nach dem Start des kostenpflichtigen Modells hatte „Die Welt“ Ende Juni rund 47 000 Abonnenten im Netz – mehr als 20 Prozent der verkauften Auflage der „Welt“. Welt.de gehört zu den erfolgreichsten Nachrichtenseiten. Auch bei der Bundesliga mischt Springer mit. Über bild.de werden aktuelle Clips zu allen Spieltagen gegen Geld angeboten.

So schreckte Döpfner auch nicht davor zurück, Traditionsblätter wie das „Hamburger Abendblatt“ und die „Berliner Morgenpost“ abzustoßen und als Paket zusammen mit legendären Zeitschriftentiteln wie „Hörzu“ und „Bild der Frau“ an die Essener Funke-Gruppe („Westdeutsche Allgemeine Zeitung“) zu verkaufen. In der Printbranche löste die Transaktion teilweise Kopfschütteln aus.

Mit N24 soll nun eine der größten Multimedia-Redaktionen in Deutschland entstehen, wie Springer erklärt. Mit der Übernahme verschafft sich der Konzern mit einem Schlag Expertise für die Produktion von Bewegtbildern.

Aust kehrt in den aktiven Dienst zurück

Die Redaktionen der „Welt“-Gruppe und N24 sollen zusammenarbeiten und die Inhalte für alle digitalen Kanäle sowie für die Printprodukte produzieren. Die Springer-Journalisten arbeiten schon in einem riesigen Newsroom. Direkt neben der Konzernzentrale soll ein neues Bürohaus für die digitale Expansion entstehen.

Der Aufbau einer eigenen TV-Redaktion wäre für Springer wohl teurer gewesen. Auch wenn der Sender N24 nicht zu den Größten der Branche gehört, ist er im Nachrichtengeschäft gut dabei. Aus den Studios am Potsdamer Platz liefert der Kanal die Nachrichten auch für Sat.1, ProSieben und Kabel eins.

Mit dem Deal dreht sich auch das Personalkarussell weiter. Stefan Aust, N24-Mitgesellschafter, wird Herausgeber der „Welt“. Der frühere „Spiegel“-Chefredakteur Aust (67) ist zwar seit 2008 nicht mehr bei dem Nachrichtenmagazin. Bei der „Welt“ wird er aber auf einige Ex-Kollegen treffen, darunter den Kolumnisten Henryk M. Broder und den Kulturjournalisten Matthias Matussek, der ab Februar für „Die Welt“ schreiben soll. Bei „Bild“ wiederum ging der stellvertretende Chefredakteur Nikolaus Blome – er ist jetzt Chef des Hauptstadtbüros beim „Spiegel“.

Tiefgreifende Änderung auch in Russlands Medienlandschaft

Auch in Russland steht eine groß angelegte mediale Umstrukturierung bevor – in diesem Falle im Bereich der staatlichen Medien. RIA Novosti wird auf Erlass von Präsident Wladimir Putin aufgelöst, an Stelle der Media-Holding tritt eine neue staatliche Nachrichtenagentur, die „Rossija Segodnja“ (dt.: „Russland heute“) heißen wird, so der Kreml-Pressedienst am Montag.

Chef der neuen Staatsagentur wird Dmitri Kisseljow, einer der führenden politischen Kommentatoren des TV-Senders Rossija.

Wie es in dem von Putin unterzeichneten Ukas weiter heißt, gehört der neuen Media-Struktur, die im bisherigen Moskauer RIA-Novosti-Gebäude untergebracht wird, auch der Rundfunksender Golos Rossii (dt.: „Stimme Russlands“) an.

Hauptrichtung der Tätigkeit der neuen staatlichen Nachrichtenagentur soll die Berichterstattung im Ausland über die staatliche Politik der Russischen Föderation und das gesellschaftliche Leben in Russland werden, so der Wortlaut des Präsidentenerlasses. (dpa/RIA Novosti)