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Gesellschaft

Aylan tot am Strand: Mit Hashtags retten wir nicht die Welt

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Das Bild des toten Aylan geht seit gestern durch die Welt. Mit Hashtags bekunden wir unsere Trauer und Solidarität, doch dabei bleibt es meist. Wahre Hilfe zu leisten ist nie so leicht gewesen wie jetzt. (Foto: Twitter)

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Zwei kleine Jungs ertrinken während sie auf einem kleinen Boot mit 13 Menschen fliehen.
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Am gestrigen Mittwoch wurden zwei Bilder von Flüchtlingen im Kindesalter tausendfach geteilt: das eine von einem überlebenden lächelnden und das andere von einem toten Kleinkind. Während das erste Bild einen deutschen Polizisten zeigt, der einem syrischen Kind seine Mütze auf den Kopf setzt, zeigt das zweite einen türkischen Polizisten, der die Leiche eines syrischen Kleinkindes vom Strand wegträgt. Bei dem ersten Bild können wir hoffentlich mit einem Happy End rechnen, doch hinter dem zweiten Bild steckt eine noch traurigere Geschichte als das Bild selbst…

Es ist ein kleiner Junge. Wahrscheinlich zwei oder drei Jahre alt. Er trägt ein rotes T-Shirt und blaue Shorts und liegt reglos auf dem Bauch, doch nicht auf seinem Bett, sondern tot am Strand. Es ist die Geschichte des kleinen Aylan Kurdi. Einem von zwölf Toten, die ihr Leben auf dem Weg nach Griechenland verloren.

Neben Aylan stirbt auch sein fünfjähriger Bruder

Medienberichten zufolge soll der kleine Aylan mit weiteren 14 Flüchtlingen, einschließlich seiner Familie, auf einem Boot, das eigentlich für vier Menschen gedacht war, auf der Flucht gewesen sein. Seine Familie soll aus Kobane stammen. Unterwegs starb unter anderem auch sein fünfjähriger Bruder Galip.

Mit den Hashtags #KiyiyaVuranInsanlik oder #HumanityWashedAshore wurde das Foto des Kleinkindes mehrere tausend Male auf Facebook und Twitter geteilt. Und nun? Haben wir damit unsere Pflicht erfüllt?

Wir leben in einem Jahrhundert, in dem Nachrichten überall auf der Welt innerhalb von Sekunden zu uns gelangen. Am besten sind wir darin, diese Nachrichten in den sozialen Netzwerken zu teilen und unsere Empörung darüber zu zeigen. Selbstverständlich ist es der erste Schritt, um auf die Grausamkeiten auf dieser Welt aufmerksam zu machen, doch leider hört unser Engagement an dieser Stelle auf.

Die Menschheit hat versagt

Warum werden wir nicht aktiv? Muss es erst soweit kommen, dass ein solches Bild durch die Welt geht, bevor wir handeln? Dieses Kind hätte eines unser eigenen Kinder sein können. Es ist eine Ohrfeige in unser aller Gesicht und wir sollten uns schämen, dass wir da sind, wo wir heute stehen. Schuld daran sind nicht nur die Politiker, sondern wir alle. An den Händen von uns allen klebt Blut, weil wir nicht rechtzeitig oder zu wenig gehandelt haben.

Und dann gibt es ernsthaft einige Menschen, die sich darüber beschweren, dass diese „Schmarotzer“ zu uns kommen. Dabei vergisst man gerne, dass es nicht ihre freiwillige Entscheidung war, ihr Leben, ihre Berufe und ihre Familie hinter sich zu lassen und in ein fremdes Land zu reisen, in dem sie weder jemanden kennen noch die Sprache sprechen. Auch haben wir oft genug miterlebt, dass sie nicht einmal angekommen sind und das Geld, das sie mühsam haben auftreiben müssen, um zu fliehen, mit ihnen ertrunken ist oder sie Opfer von Verbrechern werden, die ihre Situation ausnutzen…

Bitte werdet aktiv!

Ich möchte hiermit alle Menschen, wo immer sie auch sind, bitten, aktiv zu werden. Aktiv werden bedeutet nicht, dass man das gesamte Flüchtlingsdrama behebt, sondern im Kleinen beginnt zu helfen. Spendet, sprecht, schenkt, lacht, weint mit diesen Menschen, die nun bis vor unsere Haustür kommen. Oft reicht ein kleines Gespräch mit ihnen, damit sie sich den Schmerz von der Seele sprechen können. Es kostet uns vielleicht einige Minuten unserer Zeit, doch damit habt ihr ihnen mehr geholfen, als ihr denkt. Für uns mag es ein kleiner Schritt sein, doch für sie kann es ganz viel bedeuten.

Bitte schaut nicht weg, denn indem ihr euren Computer ausschaltet, verschwinden diese Bilder nicht!