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DTJ-Blog

Bagdad, Muhammad, Honig: So übte Goethe Arabisch

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Als Johann Wolfgang von Goethe während seines Studiums in Straßburg (April 1770 – August 1771) Herder kennenlernte, tauschten sich die beiden über Poesie, Weltliteratur, Koran und Orient aus. Begeistert vom Gespräch mit Herder hielt Goethe Ausschau nach einer Übersetzung des Korans. Er wurde aber schnell enttäuscht. Die Übersetzung, die er sich eifrig besorgte, zeigte bereits im Titel („Die türkische Bibel“), wie geforscht wurde. Der Inhalt, den er sich mühsam zu Gemüte führte, versprach ebenfalls keine Besserung. Wie groß seine Enttäuschung tatsächlich war, erfahren wir heute aus der Frankfurter Gelehrten Anzeigen: „Diese elende Produktion wird kürzer abgefertigt [als zuvor erwähnte Bücher]. Wir wünschten, daß einmal eine andere unter morgenländischem Himmel von einem Deutschen verfertigt würde, der mit allem Dichter- und Prophetengefühl in seine Zelte den Koran läse, und Ahndungsgeist genug hätte, das Ganze zu umfassen.“

Ob er jemals selbst versucht hat, eine eigene Koranübersetzung anzufertigen, wissen wir nicht. Genug Belege aber gibt es für seine Leidenschaft für die arabische Sprache. Er machte sein Umfeld auf den Koran, auf die arabische Poesie und auf die arabische Sprache und Schrift aufmerksam. Dies führte schließlich dazu, dass ein Soldat, der im Herbst 1813 aus Spanien zurückkam, Goethe eine alte Handschrift schenkte, in der die letzte Sura des Koran, die „an-Nās“, geschrieben steht.

Goethe studierte aber auch selbst die arabische Sprache und stand im Austausch mit Orientalistik-Professoren. Er besorgte sich arabische Handbücher von Rumi, Saadi, Attar, aber auch Grammatikbücher, Anthologien und Reisebeschreibungen, welche er imitierte.

Dieses Übungsblatt stammt von niemand geringerem als Johann Wolfgang von Goethe, der übrigens weniger Likes hat als wir…

Posted by DeutschTürkisches Journal on Dienstag, 16. Februar 2016

Uns erhalten sind die Exzerpte von „Istambul“, die sich auf den 27./28. Januar 1816 datieren lassen. Es handelt sich um ein Übungsblatt, auf dem Goethe wahrscheinlich aus einer arabischen Reisebeschreibung Ortsnamen abschrieb. Enthalten sind auch zwei deutsche Sätze, die er zwischen die arabischen Schriftzeichen quetschte. Der eine schwer zuzuordnende Satz lautet „Vaterlandsliebe gehört zum Glauben“, ein eher unter Nationalisten bekanntes Motto, der zweite Satz „Denn Gott erleichtere, was er kann“ deutet eher auf das Üben der arabischen Schriftzeichen hin.

Die folgenden Wörter und Ortsnamen konnte ich mit Hilfe von Facebook-Freunden entziffern:

Istanbul (Istambu/ol), Konstantinopel, Bagdad, Mosul, Hormuz, Bahrain, Najaf, Kufah, Zhofa, Halab, Konya, Kayseri, Kirman, Makran, Yeni şehir, Irak, Muhammad, Ahmad, Honig, Lob.

Die Handschrift zeigt, dass Goethe in arabischer Schrift noch ganz unerfahren ist, wobei zugegebenermaßen die Buchstaben ه, ح,ج,خ,م,ك in Schreibschrift keine leichte Angelegenheit sind.

Quelle: FAZ ein Palast für Goethes Papierkram