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Panorama

Jahrhundertflut: Türkei schickt Hilfe

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Während sich immer noch kein Ende der Flutkatastrophe auf dem Balkan abzeichnet, hat die Türkei Hilfe für die betroffenen Länder in Aussicht gestellt. Unterdessen steigt die Angst vor Landminen, die durch die Flut gelockert werden könnten. (Foto: reuters)

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Balkan: Serbien und Bosnien-Herzegowina erhalten für den Wiederaufbau nach den schweren Überschwemmungen mehr als 1,8 Milliarden Euro an Hilfen.
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Keine Atempause für die Bewohner der Flutgebiete in Kroatien, Bosnien-Herzegowina und Serbien: In der Nacht zum Dienstag mussten erneut Tausende Menschen ihre Häuser verlassen. Die kroatischen Behörden bestätigten inzwischen ein zweites Todesopfer. Insgesamt kamen bislang in den drei Ländern etwa 40 Menschen ums Leben, einige werden noch vermisst.

In Kroatien überschwemmte der Fluss Save mehrere Dörfer, in Bosnien-Herzegowina mussten etwa 11 000 Menschen vor den Fluten in Sicherheit gebracht werden. Etwa ein Viertel der 3,8 Millionen Einwohner des Landes ist Behördenangaben zufolge von den Überschwemmungen betroffen, zu denen es im Laufe der Vorwoche nach tagelangen Regenfällen auf dem gesamten Balkan gekommen war. Hunderte Erdrutsche sorgten für zusätzliche Zerstörung.

Etwa 10 000 Bewohner der besonders stark betroffenen serbischen Kleinstadt Obrenovac mussten ihre Häuser verlassen. Serbische Helfer befürchten weitere Überschwemmungen, wenn die Flutwelle der Save die Donau erreicht.

Nach dem verheerenden Hochwasser in Serbien und Bosnien-Herzegowina kommt nun auch ein Problem an die Oberfläche, das jahrelang im Verborgenen schlummerte: Landminen aus dem jugoslawischen Bürgerkrieg der 90er-Jahre sind von den gewaltigen Wassermassen in Bewegung gesetzt worden und bedeuten im stark verminten Bosnien-Herzegowina eine zusätzliche tödliche Gefahr.

Zahl der Sprengkörper auf 13 000 geschätzt

Die Minenaktionszentren (MAC) in Serbien, Bosnien-Herzegowina und Kroatien stellten ein Team zusammen, das die Gefahr durch Sprengkörper aus dem Krieg in den 90er-Jahren einschätzen soll. Das MAC in Sarajevo warnte, die Minen könnten von Wasser und Schlamm hochgespült und fortgetragen werden. Eine Mine sei auch nach Jahren noch eine tödliche Gefahr, selbst wenn der Zündmechanismus feucht geworden sei. „Es gibt keine nicht-tödliche Mine“, sagte Sasa Obradovic vom MAC am Montag der Nachrichtenagentur dpa. Das Hochwasser habe auch Warnschilder zerstört.

Allein in Bosnien-Herzegowina liegen laut MAC noch etwa 120 000 Landminen aus dem Krieg zwischen Serben, Kroaten und Muslimen. Die Gegenden um Doboj und Olovo in Bosnien-Herzegowina, die besonders vom Hochwasser betroffen sind, seien noch stark vermint. In Kroatien wird die Zahl der Sprengkörper auf 13 000 geschätzt.

Angesichts des verheerenden Balkan-Hochwassers warnen die Behörden zudem vor Seuchen. Bei steigenden Temperaturen könnte von Tierkadavern verunreinigtes Wasser zu Krankheiten wie Typhus oder Hepatitis führen, warnte der Leiter des Gesundheitsamts in Sarajevo im bosnischen Fernsehen. Es gehe nun darum, eine sichere Wasserversorgung zu gewährleisten.

In Serbien wurden Millionen weitere Sandsäcke entlang der Save in Orten wie Sabac, Mitrovica, Belgrad und Obrenovac aufgestapelt. Weite Teile der Stadt stehen unter Wasser. Die Regierung ordnete eine dringende Evakuierung von Sabac und Obrenovac an. In Regionen, wo sich die Lage wieder entspannt hatte, begannen die Behörden mit den Aufräumarbeiten. Einige der betroffenen Ortschaften sind seit fünf Tagen ohne Strom und Trinkwasser.

Spendenaufrufe für Opfer der Flutkatastrophe

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach den Flutopfern in Bosnien-Herzegowina und Serbien ihre Anteilnahme aus. Den Familien der Opfer sicherte Merkel die Unterstützung Deutschlands und der EU zu, wie aus Kondolenztelegrammen hervorging, die das Presse- und Informationsamt am Montag veröffentlichte.

Das Technische Hilfswerk (THW) lässt in der serbischen Region Kolubara in der Nähe eines Tageabbaus für Kohle seit Sonntag Großpumpen laufen. Der Einsatz sei zunächst für zwei Wochen geplant, sagte THW-Sprecherin Georgia Pfleiderer.

Hilfsorganisationen riefen zu Spenden auf. Der britische Rocker Billy Idol kündigte an, einen Teil der Einnahmen seines Konzerts in Belgrad am 25. Juni einem Hilfsfonds spenden zu wollen. „Ich hoffe, damit einen kleinen Beitrag leisten zu können“, twitterte der Musiker.

Der serbische Tennisstar Novak Djokovic hilft den Flutopfern in seinem Heimatland: Djokovic habe das Preisgeld von seinem Sieg beim Masters-Series Turnier in Rom gespendet, teilte seine Stiftung mit, ohne die genaue Summe zu nennen. Er wolle nicht angeben, sagte Djokovic serbischen Medien. Der Tennisverband ATP gibt das Preisgeld in Rom mit 549 000 Dollar an.

Insgesamt seien etwa 600 000 Dollar (438 000 Euro) an Spenden eingegangen, erklärte die Stiftung. Damit sollen Kindergärten und Schulen wieder aufgebaut werden. Djokovic hatte am Sonntag in Rom den Weltranglistenersten Rafael Nadal bezwungen und den Sieg seinen Landsleuten gewidmet.

Katastrophenstab des Premierministers schickt Bergungsausstattung

Wie die Anadolu Nachrichtenagentur mitteilt, hat die türkische Regierung Bosnien-Herzegowina sowie Serbien jede Form von Hilfe angesichts der schlimmsten Flut in der Region seit 120 Jahren angeboten.

Premierminister Recep Tayyip Erdoğan hat das bosnische Staatspräsidiumsmitglied in Sarajevo, Bakir Izetbegovic, sowie den serbischen Premierminister Alexander Vucic angerufen, ihnen seine Anteilnahme zum Ausdruck gebracht und Hilfe angeboten. Die Regierungschefs vom Balkan bedankten sich und kondolierten ihrerseits mit Blick auf die 301 Toten der Minenkatastrophe in Soma letzte Woche in der Osttürkei.

Der Katastrophenstab im Amt des Premierministers hat bereits häufig gebrauchtes Material und Ausrüstung für Such- und Rettungsaktionen auf den Weg gebracht, darunter ein C-130 Frachtflugzeug und mehr als 100 000 Sandsäcke, Decken und Generatoren. Dies teilte das Präsidialamt in einem Statement mit.

Auch die Türkische Agentur für Kooperation und Koordination und der Türkische Rote Halbmond haben den von der Flut betroffenen Ländern ihre Hilfe angeboten.