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Politik

Wende nach Eiszeit: Türkei und Israel versöhnen sich

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Vor sechs Jahren stürmte die israelische Marine die „Mavi Marmara“ und tötete mehrere Menschen. Seitdem herrscht Streit zwischen Israel und der Türkei. Nun ist der Durchbruch gelungen: Beide Seiten einigen sich auf eine Versöhnung.

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Die Türkei und Israel haben sich nach jahrelanger Eiszeit auf eine Normalisierung ihrer Beziehungen geeinigt. Das bestätigten nach israelischen auch türkische Regierungskreise. „Die Vereinbarung stellt einen diplomatischen Sieg für die Türkei dar“, sagte ein Regierungsvertreter in Ankara, der anonym bleiben wollte, in der Nacht zum Montag. „Die Türkei wird den Palästinenserstaat und das palästinensische Volk weiterhin unterstützen.“

Palästinenserpräsident Mahmud Abbas habe die Vereinbarung am Sonntagabend in einem Gespräch mit dem türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdoğan begrüßt, hieß es weiter aus Ankara. Auch die radikale Hamas habe bei den Verhandlungen ihre Unterstützung für die Türkei zum Ausdruck gebracht.

Finale Gespräche in Rom

Wie bereits vor einigen Monaten – damals noch inoffiziell – hatten sich am Sonntag Delegationen beider Seiten in Rom getroffen, um letzte Details auszuarbeiten. Auch aus israelischen Regierungskreisen war eine Einigung bestätigt worden. Der türkische Ministerpräsident Binali Yıldırım wollte am Montag in Ankara vor die Presse treten. Medienberichten zufolge wollte sich zeitgleich um 12 Uhr MEZ auch Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu äußern.

Aus israelischen Regierungskreisen hieß es, Angehörige von zehn Türken, die 2010 bei einem Einsatz der israelischen Marine auf der „Mavi Marmara“ getötet worden waren, sollten mit rund 20 Millionen Dollar entschädigt werden. Damit seien alle Klagen gegen Israel hinfällig. Zuvor hatte sich Israel bereits für den Zwischenfall entschuldigt. Der türkische Regierungsvertreter bestätigte, dass man sich auf eine Kompensation im Fall der „Mavi Marmara“ geeinigt habe.

Israelische Soldaten hatten das unter der Flagge des Inselstaates Komoren fahrende Schiff aus der Türkei vor dem Gazastreifen geentert. Pro-palästinensische Aktivisten hatten trotz Warnungen versucht, mit dem Hilfsschiff eine von Israel verhängte Seeblockade des Gazastreifens zu durchbrechen.

Türkei besteht nicht mehr auf der Aufhebung der Gaza-Blockade

Trotz der politischen Eiszeit hatten die wirtschaftlichen Beziehungen der beiden Länder in den vergangenen Jahren nicht gelitten – ganz im Gegenteil. Aus israelischen Regierungskreisen hieß es, beide Staaten wollten wieder Botschafter austauschen. Israelische Medien berichteten, die Türkei sei von ihrer Forderung nach einer Aufhebung der seit zehn Jahren andauernden Blockade des Gazastreifens abgerückt.

Der türkische Regierungsvertreter teilte mit, nach der Vereinbarung werde die Türkei humanitäre Hilfsgüter und andere nichtmilitärische Güter nach Gaza schicken. Außerdem werde die Türkei dort in die Infrastruktur investieren und ein Krankenhaus fertigbauen. Zudem werde die Türkei die Energie- und Wasserkrise in Gaza angehen.

Die Türkei unterhält enge Beziehungen zur Hamas, die 2007 die Macht im Gazastreifen an sich gerissen hatte. Teil des Abkommens mit Israel sei es, dass die Hamas von türkischem Boden aus keine Angriffe auf den jüdischen Staat ausführen könne, schrieb die Zeitung „Haaretz“. Aus der türkischen Regierung hieß es dagegen: „Zur Hamas gibt es in der Vereinbarungen überhaupt keine Bezüge.“ Spekuliert wurde auch darüber, dass Israel darauf bestanden habe, dass die Hamas ihre Büros in der Türkei schließt.

Der türkische Präsident Erdoğan erklärte sich israelischen Angaben zufolge bereit, in einem gesonderten Dokument die Frage von zwei israelischen Soldaten festzuhalten, die im Gazastreifen vermisst werden. Er habe alle türkischen Sicherheitsbehörden angewiesen, sich für eine Lösung einzusetzen. Die Eltern der Soldaten hatten gefordert, die Rückführung der Leichen zu einem Teil des Abkommens zu machen. Netanjahu war am Sonntag nach Rom gereist und hatte dort den US-Außenminister John Kerry und den italienischen Premier Matteo Renzi (Foto, Mitte) getroffen, um sich auch mit ihnen zur Lage mit der Türkei zu beraten. (dpa/dtj)