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Wirtschaft

Die traurige Geschichte der Kohleminen in der Türkei

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Zwar geschah der letzte Unfall von Soma in einem privat geführten Betrieb, es zeigt jedoch ein größeres und allgemeines Sicherheitsproblem im türkischen Minensektor auf. Ankara hat bisher keine zufriedenstellenden Antworten geben können. (Foto: dha)

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Eine Frau trauert in Soma um ihren verstorbenen Mann.
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„Solche Unfälle passieren eben“ – das war die erste öffentliche Reaktion von Premierminister Recep Tayyip Erdoğan.

Erdoğan hat Recht – Unfälle wie diese gab es in jüngerer Zeit, vor allem in Südamerika und China. Dazu zählte Erdoğan viele Unfallbeispiele aus England aus dem späten 19. Jahrhundert auf.

Die Frage ist jedoch: Will sich die Türkei mit chinesischen oder mit 100 Jahre alten Standards zufrieden geben?

Seit dem Minenunglück gibt es etwa 300 Witwen mehr in der Türkei. Sie wird als die vorerst größte Minenkatastrophe in die Geschichte eingehen – aber nicht als die erste.

Minenunfälle sind leider nichts Ungewöhnliches in einem Land, das dem Rohstoffsektor, vor allem in den letzten Jahren, die Toren weit geöffnet hat. Jedoch hat die Regierung auf die Unfälle bisher keine zufriedenstellenden Antworten und Lösungen geben können.

26.324 Verletzte, 63 Tote

Die Vereinigung der Minenarbeiter berichtet in einem internen Report, dass es zwischen 2000 und 2009 zu 25.655 Unfällen in Minen kam, die von der TTK (Türkiye Taşkömürü Kurumu) betrieben werden: 26.324 Verletzte, 63 Tote.

Zwar geschah der letzte Unfall von Soma in einem privat geführten Betrieb, es zeigt jedoch ein größeres und allgemeines Problem in der Sicherheit im türkischen Minensektor auf.

Im Dezember 2009 starben 19 Minenarbeiter bei einer Methangasexplosion in Bursa, im Mai 2010 starben 30 Kumpel in der Karadon-Kohlemine in Zonguldak. Auch hier besuchte Erdogan das Projekt in Zonguldak und entgegnete, dass dies „das Schicksal in dieser Branche“ sei und „die Menschen in dieser Region an diese Unfälle gewohnt sind.“

Daher ist die Behauptung, dass der letzte Minenunfall in Soma ein isolierter Fall ist, sicherlich zweifelhaft. Türkische Kumpel und Vereinigungen haben schon seit vielen Jahren die niedrigen Sicherheitsstandards offen kritisiert. Im November 2013 haben sich 300 Kumpel in Zonguldak selbst verbarrikadiert aus Protest gegen die harten Arbeitsbedingungen. Am letzten Morgen beschrieb ein Minenarbeiter die letzten Opfer in Soma als „Schafe, die freiwillig zum Schlachter gingen.“

Schon 2010 kritisierte Süleyman Çelebi, Präsident der Arbeitergewerkschaft für Minensuche und Verarbeitung, den türkischen Minensektor in vielen Bereichen: Darunter mangelnde Vorkehrungen für die Lüftung, fehlende Frühwarnsysteme und fehlende staatliche Minenkontrollen. Und wenn Minenkontrollen stattfinden, dann von Schreibtischen in Ankara aus, aber nicht in den Minen selbst.

Ebenso haben gerade private Unternehmen das Budget für Absicherung und Risiken in Minen immer weiter zurückgeschraubt.

Der türkische Energiemarkt

Die Türkei stellt etwa 25% seines Stroms durch feuererhitzte Fabriken her und entsprechend viel Kohle wird aus der heimischen Kohleproduktion benötigt.

Die Türkei ist sowohl der siebtgrößte Importeur von Kohle weltweit als auch auf Platz 13 als Kohleproduzent.

Gerade im Jahr 2012 hat die Regierung Subventionsmöglichkeiten für feuerbetriebene Fabriken geschaffen, um sich von Gaslieferungen unabhängiger machen zu können. Die internationalen wirtschaftlichen Sanktionen gegen den Iran haben auch die Türkei empfindlich getroffen, da der Iran ein wichtiger Gaslieferant war.