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Politik

Berichterstattung vor dem Referendum: Der Wahlbehörde werden die Zähne gezogen

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Bereits während der Parlamentswahlen vom Juni und November 2015 ging es in der Wahlberichterstattung alles andere als fair zu: Mehrere Studien kamen zu dem Ergebnis, dass der AKP-Regierung und Staatspräsident Erdoğan während des Wahlkampfes unverhältnismäßig mehr Sendezeit zugestanden wurde, als es im Wahlkampf erlaubt ist. Auf Fernsehbildschirmen und im Radio waren fast nur Reden des Staatspräsidenten oder von AKP-Politikern zu hören und zu sehen. Nach Angaben der regierungskritischen Zeitung „Cumhuriyet“ wurden deshalb im Zusammenhang mit der Parlamentswahl im November 2015 insgesamt 580 Strafen gegen private Sender verhängt, weil sie die Opposition benachteiligten.

Diese Kompetenz wurde der Wahlbehörde nun von Staatspräsident Erdoğan genommen. Mit einem gestern veröffentlichten Notstandsdekret Erdoğans wurde ein entsprechender Artikel aus dem Wahlgesetz gestrichen, sie kann nun keine Strafen mehr gegen private Rundfunksender verhängen, wenn die sich nicht an die Vorgaben des Wahlgesetzes halten.

Bisher war es ihr möglich, unter anderem Verstöße von privaten Fernseh- und Radiosendern gegen ihre Vorgaben mit einer Geldstrafe oder Sendesperre zu ahnden. Zu den Vorgaben gehört beispielsweise, dass Regierung und Opposition im Wahlkampf die im Wahlgesetz festgelegte Sendezeit eingeräumt werden muss.

Der Oppositionsführer und Chef der kemalistischen CHP, Kemal Kılıçdaroğlu, kritisierte das Dekret. Damit werde die Regierung bis zum Referendum nur noch ihre eigene Sichtweise verbreiten, schrieb er auf Twitter. Der CHP-Abgeordnete Barış Yarkadaş warnte vor „unkontrollierter Propaganda“ für das von Staatschef Recep Tayyip Erdoğan angestrebte Präsidialsystem. „Anscheinend ist die AKP-Regierung nicht damit zufrieden, nur 85 Prozent der Medien zu kontrollieren“, erklärte er.

Die Türken stimmen voraussichtlich im April in einem Referendum über eine Verfassungsänderung zur Einführung eines Präsidialsystems ab, das Erdogan deutlich mehr Macht verleihen würde. (dpa/dtj)