Gesellschaft
Berlin: Grünen-Chef Cem Özdemir sieht sich von nationalistischen Taxifahrern bedroht
Der Bundesvorsitzende der Grünen, Cem Özdemir, und andere Bundestagsabgeordnete werden in Berlin nach eigenen Angaben immer wieder von nationalistischen, türkischstämmigen Taxifahrern angefeindet und bedroht. Deswegen habe sich Özdemir jetzt mit einem Brief an die Innung des Berliner Taxigewerbes gewandt, schreibt die „Berliner Zeitung“ am Dienstag. Grund der Anfeindungen sei unter anderem Özdemirs Unterstützung für die Armenien-Resolution des Bundestages, in der das Vorgehen gegen die Armenier vor 100 Jahren im Osmanischen Reich als „Völkermord“ eingestuft wurde.
„Alarmiert hat mich vor allem, dass es nicht nur mich betrifft, sondern auch andere Abgeordnete, türkischstämmige wie nicht türkischstämmige, oder Journalisten wie Can Dündar“, zitiert das Blatt den Grünen-Chef. „Ich habe überhaupt kein Problem mit Meinungsäußerungen. (…) Aber bei Bedrohungen, Beschimpfungen und Aggressionen ist Schluss.“ Sowohl das Bundeskriminalamt als auch einige Berliner Taxifahrer hätten ihm schon davon abgeraten, Transfers mit dem Taxi wahrzunehmen. „Ich wurde von alevitischen und kurdischen Taxifahrern angesprochen. Sie erzählten mir, da gibt’s Fahrer, die sagen, ich mach den kalt. Oder: Ich spucke dem ins Gesicht“, zitiert die Berliner Morgenpost Özdemir. Bereits seit der Verabschiedung steht Özdemir wegen wiederholter Drohungen und Anfeindungen unter verschärfter Bewachung des Bundeskriminalamtes.
Der Vorsitzende der Innung des Berliner Taxigewerbes, Leszek Nadolski, bedauerte dem Bericht zufolge solche Vorfälle. Unter den Berliner Taxifahrern seien viele Migranten und unter ihnen wiederum viele Türken. „Und die Kollegen aus der Türkei sind immer sehr emotional“, wird Nadolski zitiert. Er wolle mit Özdemir über das Problem reden. Der Chef der Innung befürwortet den Einbau von Kameras in Taxen. „Das wäre im Interesse des Fahrers und des Fahrgastes. Man wüsste hinterher genau, was tatsächlich vorgefallen ist.“ Viel Hoffnung auf Besserung kann Nadolski Özdemir allerdings nicht machen. Seine Innung kann Fehlverhalten zwar ahnden, aber nur bei ihren Mitgliedern. Und das sind nur 300 der insgesamt 3000 Berliner Taxiunternehmen. (dpa/ dtj)