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Politik

Ethnischer Konflikt verhindert Demokratisierung in Burma

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In den letzten Jahren inszeniert sich die Regierung von Burma gerne als reformorientierte Kraft auf dem Weg zur Demokratie. Hinter den Kulissen toleriert und unterstützt sie jedoch die Morde radikaler Kräfte an Muslimen. (Foto: dpa)

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Zwei Muslime hören einem hochrangigen Offizier, Lieutenant General Hla Min, während seines Besuchs von Opfern der Unruhen im Dorf Pauk Taw in der Nähe von Thandwe, zu.
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In Burma ist kein Ende der Gewalt in Sicht. Während sich die Regierung nach Jahrzehnten der Isolation um demokratische Reformen bemüht, gerät das Land immer wieder wegen ethnisch motivierter Gewalt zwischen Buddhisten und Muslimen in die Schlagzeilen.

Wieder gibt es Tote und Verletzte, erneut werden Häuser niedergebrannt. Dem Magazin Irrawaddy zufolge sind im westlichen Rakhine-Staat bereits sechs Menschen ermordet worden. Die jüngste Welle der Gewalt gegen Muslime hält seit Tagen an. Augenzeugen berichten von buddhistischen Mobs, die Dörfer attackieren, Hütten anzünden und auch vor Mord nicht zurückschrecken. Allerdings war auch von verletzten Buddhisten die Rede.

Ethnischer Konflikt gefährdet demokratische Entwicklungen

Der Vielvölkerstaat Myanmar bekennt sich zum Buddhismus als Staatsreligion und beheimatet zu 90 Prozent Buddhisten. Burma (offiziell Myanmar) ist allerdings auch die Heimat von mehreren Hunderttausenden Muslimen. Während sich die Regierung in Naypyidaw nach Jahrzehnten der Isolation um eine demokratische Entwicklung bemüht, wird der Konflikt zwischen Buddhisten und Muslimen immer mehr zur Zerreißprobe für die sich langsam entwickelnde Demokratie im Land.

In den vergangenen 18 Monaten sind mehr als 200 Menschen bei Zusammenstößen zwischen Buddhisten und Muslimen getötet worden. Burmas Regierung beteuert, wie zuletzt Außenminister Wunna Maung Lwin vor der UN-Vollversammlung, sie werde es nicht dulden, dass die politischen Reformen von Gruppen gefährdet würden, die ethnische und religiöse Gewalt forcieren.

Denn längst bekommen nicht nur die muslimischen Burmesen die Gewalt zu spüren: Im August war der Konvoi des UN-Sonderberichterstatters Tomas Oica Quintana während seines Besuch in Meikhtila attackiert worden. Quintana hatte der Regierung daraufhin mangelnden Schutz vorgeworfen.

Vorwurf gegen tatenlose Sicherheitskräfte

Der Rakhine-Staat, eine Provinz an der Grenze zu Bangladesch, erlebt mit dem aktuellen Konflikt eine Fortsetzung der anti-muslimischen Ausschreitungen vom Juni und Oktober 2012. Seit Beginn der gewalttätigen Auseinandersetzungen sind mehr als 200 Menschen getötet worden. Mindestens 140 000 Menschen befinden sich auf der Flucht, die meisten von ihnen Angehörige der muslimischen Volksgruppe Rohingya, die in Burma nicht als ethnische Minderheit anerkannt wird.

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch wirft der Regierung Myanmars ethnische Säuberungen, Mord, Verfolgungen und Zwangsumsiedlungen vor. Die staatlichen Sicherheitskräfte sähen bei Gewaltexzessen tatenlos zu oder beteiligten sich sogar daran. Die Regierung des Landes streitet diese Vorwürfe ab. Präsident Thein Sein räumte bei seinem ersten Besuch im Rakhine-Staat nach Ausbruch der Gewalt im Juni 2012 ein, „dass die Kontrolle von Militär und Polizei allein nicht genüge.“

Die Behörden im Bundesstaat Rakhine beschlossen zudem, die Geburtenrate für die Bewohner von zwei Städten an der Grenze zu Bangladesch von Staats wegen auf zwei Kinder zu beschränken – eine Maßnahme, die sich vor allem gegen die geburtenstärkeren Muslime richtet. Auch dies unterstreicht den Verdacht einer klammheimlichen Kumpanei zwischen den antimuslimischen Kräften und der Regierung.

Radikale Mönche wettern gegen „Islamisierung“

Die brutalen Attacken gegen die staatenlosen Rohingya gefährden die Sicherheit im ganzen Land. Denn die anti-muslimische Hetze hat sich bereits auf andere Landesteile ausgeweitet. So waren im März in der zentralburmesischen Stadt Meikhtila mehr als 40 vornehmlich muslimische Menschen ums Leben gekommen. Augenzeugen zufolge zogen nationalistische Demonstranten gemeinsam mit buddhistischen Mönchen mordend und plündernd durch die Straßen der Stadt.

Radikale Mönche sind in Burma keine Seltenheit. „Der Buddhismus ist eine friedliche Religion, aber wir müssen uns verteidigen“, sagt Mönch Mulwaung Pyin aus Rangun, der größten Stadt des Landes. Moscheeneubauten, der Ruf des Muezzins und verschleierte Frauen seien schließlich klare Zeichen für eine schleichende Islamisierung des Landes – islamfeindliche Paranoia, wie man sie auch von extremen Bestrebungen aus Europa kennt. Die Muslime des Landes haben jedoch auch hier nur einen Anteil von gerade einmal vier Prozent an der Gesamtbevölkerung.

Pyins Meinung vertreten radikale Mönche landesweit. Im Zuge der Ausschreitungen in Meikhtila verbreitete sich auch zunehmend die von radikalen Mönchen angeführte Kampagne „969“. Der Akademiker und Mitbegründer der „Free Burma Coalition“, Maung Zarni, bezeichnet die „969“-Kampagne als „Neonazi-Bewegung.“ Drahtzieher der Gruppe ist Ashin Wirathu, der wegen seiner radikalen Ansichten auch als „Hitler Burmas” bezeichnet wird und auch Kontakte zu westlichen islamfeindlichen Bestrebungen pflegen soll.

Menschenrechtsaktivisten werfen den Sicherheitsbehörden vor, nichts gegen die „969“-Bewegung zu unternehmen. Vielmehr, so berichtete ein muslimischer Student im Rakhine-Staat, konnten Unterstützer der Gruppe tagelang unbehelligt von den Sicherheitskräften radikale Lieder in einem der Orte spielen, in denen es kürzlich zu Ausschreitungen kam.