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Politik

Usbekischer Islamgelehrter Bukhari in Istanbul erschossen

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Der usbekische Islamgelehrte Abdullah Bukhari ist am Donnerstag vor seinem Lehrinstitut in Istanbul erschossen worden. Er soll im Visier des usbekischen Geheimdienstes gewesen sein und im Vorfeld Todesdrohungen erhalten haben.

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Istanbul scheint zum Schauplatz eines Verbrechens geworden zu sein, das im Zusammenhang mit den politischen Konflikten in Usbekistan und der russischen Teilrepublik Tschetschenien stehen, möglicherweise aber auch weitere Kreise ziehen könnte.

Abdullah Bukhari, ein aus Usbekistan stammender, seit 12 Jahren in der Türkei lebender religiöser Führer und Vorsitzender der İhsan-Vereinigung für Lerndienste und Solidarität im Bezirk Zeytinburnu Istanbul, wurde am Donnerstag vor dem Eingang der Geschäftsräumlichkeiten seiner Einrichtung erschossen. Als Tatverdächtiger wurde ein bislang nur mit den Initialen Z.M. identifizierter, tschetschenischer Staatsangehöriger der Russischen Föderation durch eine Antiterroreinheit festgenommen, nachdem diese Kameraaufzeichnungen gesichtet und Zeugen einvernommen hatte.

Bukhari soll nach eigenen Angaben Todesdrohungen durch den russischen und den usbekischen Geheimdienst erhalten und deshalb üblicherweise eine kugelsichere Weste getragen haben, sobald er sein Haus verließ. Als er angegriffen wurde, trug er keine solche Schutzmaßnahme und auch die Schüler an der Einrichtung waren nicht darüber im Bilde, dass Bukhari auf dem Weg ins Gebäude gewesen wäre.

Mutmaßlicher Schütze ist nicht geständig

Yeni Şafak zitierte in ihrer Ausgabe vom 12. Dezember einen Zeugen mit den Worten: „In den letzten drei Monaten hatte er Todesdrohungen seitens des usbekischen Geheimdienstes erhalten und stand deshalb unter enger Beobachtung. Ein Pistolenschütze hat aus nächster Nähe geschossen, Bukhari starb wenig später im Krankenhaus. Die türkische Polizei war über die Drohungen im Bilde.“

Die Polizei, die den Schützen umzingelt hatte, woraufhin dieser die Waffe fallen ließ und sich ergab, beschlagnahmte eine Handfeuerwaffe der Marke Browning und lässt diese nun ballistisch untersuchen. Die Spurensicherung fand auch Pulverreste an der Kleidung des Verdächtigen, der im Besitz eines gefälschten ukrainischen Passes gewesen sein soll.

Z.M. wurde nach seiner ersten Befragung durch die Polizei an die Staatsanwaltschaft überstellt. Es wurde sofort Haftbefehl erlassen. Der Verdächtige bestritt jedwede Verwicklung in die Tat und gab an, sich zum Zeitpunkt des Mordes in der Siedlung Kayaşehir im Bezirk Başakşehir aufgehalten zu haben. Er sei verheiratet und habe die Waffe aus Syrien.

Bukhari im Kreise von Familie und Schülern in Eyüp beerdigt

Bereits am Freitag wurde Bukhari beerdigt, eine Gruppe von Menschen schloss sich zu diesem Anlass seiner Witwe Amine und seiner Tochter Ayşe an.

Rahimullah Tandoğan, einer der Studenten Bukharis, schwor im Rahmen einer Trauerrede, dessen Lehren weiterzutragen. Bukharis Sarg wurde von den Räumlichkeiten der Vereinigung durch die Straßen von Istanbul getragen, erst zur Fatih-Moschee, wo die Trauerzeremonie stattfand, danach zum Friedhof im Bezirk Eyüp, wo der Islamgelehrte beerdigt wurde.

Usbekistan ist ähnlich wie Tschetschenien seit dem Ende der Sowjetunion Zielgebiet extremistischer Gruppierungen gewesen, die von Al-Qaida bis hin zur Hizb ut-Tahrir reichen und welche zudem noch in Syrien und zuletzt zum Teil auch innerhalb kiewtreuer Einheiten der Krimtataren aktiv in Erscheinung getreten sein sollen.

Die Regierung in Usbekistan nutzt die Gefahr durch Extremisten jedoch auch zur Rechtfertigung einer restriktiven Politik gegen gemäßigte oppositionelle Gruppen und zur Begründung für einen repressiven Kurs gegen die Präsenz islamischer Symbole in der Öffentlichkeit.

In İstanbul hält sich zurzeit auch Muhammad Salih auf, der Führer der islamistischen usbekischen Oppositionspartei Usbekische Volksbewegung. Auch er soll nach Drohungen die persönlichen Sicherheitsvorkehrungen verstärkt haben. Er und seine Angehörigen, die ebenfalls bedroht worden sein sollen, haben zudem ihre Social-Media-Accounts stillgelegt.

Mehrere Fälle von Hinrichtungen tschetschenischer Terroristen

Es ist nicht auszuschließen, dass Konflikte aus der Kaukasusregion künftig auch in der Türkei wieder stärker ihre Schatten werfen werden. In den letzten Wochen kam es wieder vermehrt zu blutigen terroristischen Anschlägen in Tschetschenien, zum Teil mit mehreren Toten. Nachdem Terroristen am 4. Dezember eine Polizeiwache in Grosny angegriffen hatten und ukrainische Neonazis sich aus diesem Anlass mit den Attentätern solidarisierten, kündigte der tschetschenische Präsident Ramzan Kadyrow Vergeltung an, die notfalls auch außerhalb der Landesgrenzen stattfinden könne.

Kadyrow beschuldigte zudem den tschetschenischen Rebellenführer Akhmat Umarov, den Bruder von Doku Umarov, hinter dem Anschlag auf die Polizeistation in Grosny zu stecken. Akhmat Umarov soll sich in der Türkei aufhalten.

„Es gibt Beweise, wonach der Bruder Doku Umarovs den Anschlag finanziert und organisiert haben soll und deshalb die Verantwortung dafür trägt“, äußerte sich der tschetschenische Präsident am 5. Dezember gegenüber ITAR-TASS. Er rechne damit, dass die Russische Föderation von der Türkei die Auslieferung begehren werde.

In der Türkei war es bereits mehrfach zu gezielten Tötungen tschetschenischer Rebellenführer gekommen, schwerpunktmäßig in den Jahren 2009 bis 2011. Am 26. Februar 2009 wurde etwa Ali Oseav, der für Istanbul zuständige Vertreter der Rebellengruppe „Kaukasus-Emirat“, im Stile einer Hinrichtung getötet. Ähnliches widerfuhr den Tschetschenen Berg-Hadj Musayev, Zaurbek Amriyev und Rustam Altemirov am 16. September 2011 in einem Parkhaus in Istanbul. Damals wurden zwei Personen festgenommen, die für den Russischen Föderalen Geheimdienst (FSB) gearbeitet haben und der Staatsanwaltschaft zufolge mit falschen Ausweispapieren in die Türkei eingereist sein sollen.