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Kolumnen

Bundestagswahl 2013: Wahltaktiken für Politikverdrossene

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Am Sonntag ist Bundestagswahl. Für viele muslimische Wähler ist die Qual der Wahl zu Wahl der Qual geworden. Egal welche Partei sie sich anschauen, Bauchschmerzen bereiten sie alle. Wie aber macht man den Wahltag zum Zahltag? (Foto: dpa)

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Am Sonntag ist Bundestagswahl. Für viele muslimische Wähler ist die Qual der Wahl zur Wahl der Qual geworden. Wie aber macht man den Wahltag zum Zahltag?
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Ja, ja, als Wähler hat man es nicht leicht, besonders wenn man nicht weiß, welche Partei man wählen soll; wenn die Qual der Wahl wieder einmal zur Wahl der Qual geworden ist. In Fachkreisen verwendet man für eine solche Situation wohl den Begriff: Politikverdrossenheit. Also – was tun, wenn man als Wähler von seinem Recht Gebrauch machen will, aber keine Partei so richtig anziehend findet? Gibt es da Möglichkeiten?

Ja, die gibt es. Man kann nicht nur aus Sympathie wählen. Der Wähler kann eine Partei bevorzugen; kann aber auch die Option der Bestrafung wählen. Man kann sich in der Situation sehen, dass einen keine Partei so richtig anspricht. Ich glaube, ein Großteil der muslimischen Wähler in Deutschland befindet sich in einer solchen Situation: Es gibt keine Partei, die sie so richtig ernst nimmt.

Natürlich versuchen die Parteien, auch ihre Stimmen mitzunehmen. Natürlich tun die Parteien so, als würden sie auch deren Interessen vertreten. Alle im Bundestag vertretenen Parteien mit Ausnahme der Unionsparteien sprechen sich für die doppelte Staatsbürgerschaft aus, wohl wissend, dass sie mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht in die Situation kommen werden, dieses Versprechen einlösen zu müssen oder die Möglichkeit haben, dafür eine Mehrheit im Bundestag zu finden.

Wieder andere benutzen irgendwie intelligent klingende Begriffe wie Inklusion, reden von Teilnahme, betreiben aber eine Politik, die Ausschluss zur Folge hat. So gut wie alle Parteien schließen entweder in ihrer Rhetorik oder in ihrer praktischen Politik Muslime aus, die mit diesem Land keine Probleme haben, aber eben auch nicht mit ihrer hergebrachten Kultur, ihrer Religion, dem Islam. Die Mehrheit der Muslime hier im Land ist von dieser Politik betroffen.

Muslime nur als multikulturelle Schaufensterpuppen willkommen

Sobald gläubige Muslime ihre Interessen artikulieren, werden sie mit den bewährten Begriffen der Totschlagrhetorik wie „fundamentalistisch“, orthodox oder gar mit der „Islamismus“-Keule diskreditiert. In der Praxis werden muslimische Organisationen, die eine breite Basis haben, von Parteien in der Regierungsverantwortung einfach übergangen. Dafür werden andere Interessensgruppen – wie marginal sie auch sein mögen – gefördert. Am Ende werden selbst religiös total unmusikalische Menschen zu Berufsmuslimen gemacht.

Dabei ist genau dieser Punkt, nämlich die bei allzu vielen im Grunde nur geheuchelte Akzeptanz von Muslimen, ein entscheidender, und er ist viel wichtiger als die Frage der doppelten Staatsbürgerschaft. Denn zu der doppelten Staatsbürgerschaft kann man so oder so stehen. Natürlich würde man gerne beide Pässe behalten wollen, besonders wenn man berücksichtigt, dass über 50 Prozent der Eingebürgerten ihren alten Pass behalten dürfen. Aber sie bildet in der Praxis nur eine vernachlässigbare Form der Diskriminierung; die andere Frage dagegen betrifft den Menschen als Ganzes.

Es gibt also Grund genug für Unzufriedenheit aufseiten der Mehrheit der muslimischen Wähler. Und wer einen ständig mit Missachtung bestraft, den sollte man dafür seinerseits am Wahltag bestrafen. Wo aber könnte man denn in solch einer Situation sein Kreuzchen machen, wenn man den Parteien einen Denkzettel verpassen möchte? Ich denke, es gibt folgende Optionen:

Ich möchte der CDU/CSU maximal schaden

Für Leute, die mit der CDU unzufrieden sind, die meinen, die CDU rede zwar von konservativen muslimischen Stimmen, bestrafe aber gerade diese Wählerkreise mit ihrer Politik, bietet sich die Option: AfD (Alternative für Deutschland) – selbst auf die Gefahr hin, damit rechtsradikale U-Boote mit in den Bundestag zu schwemmen. Mit ihr kann und will sich keiner leisten, zu koalieren. Eine AfD im Bundestag würde hingegen die Union in eine Große Koalition zwingen.

Ein kleines Dankeschön an die SPD für Sarrazin und Buschkowsky

Leute, die mit der SPD unzufrieden sind, egal ob wegen Sarrazin oder anderer Themen, haben ebenfalls eine Option: Die Linke.

Dabei bedenke man aber: Diese Partei versucht auch, muslimischer Kreise das Leben schwer zu machen. Im Übrigen sieht man auch keinerlei Distanz zwischen dieser Partei und PKK-nahen Kreisen.

Ich möchte vor allem die Grünen abstrafen oder verhindern

Diejenigen, die mit den Grünen nicht zufrieden sind, weil diese ihre angebliche Sorge um die Kinder aus der Beschneidungsfrage muslimischer und jüdischer Knaben eigenartigerweise vermissen ließen, als es um die jahrelange Kumpanei mit Pädokriminellen ging; die das Gesellschaftsbild der Grünen Jugend abstoßend finden; die keine allumfassende Verbots- oder Gängelungspolitik wollen oder einfach nur Claudia Roth die verdiente Quittung für ihren Auftritt bei den Gezi-Park-Protesten präsentieren wollen, wählen: CDU.

Oder wahlweise auch SPD oder AfD. Denn wenn es weder eine schwarz-gelbe noch eine rot-grüne Mehrheit gibt, wäre eine Große Koalition so gut wie unausweichlich – und die Grünen gucken in die Röhre.

Variante „So schlecht fand ich die jetzige Koalition nicht“

Diejenigen, die meinen, Zeit ist Geld, oder sich fragen, warum solle man das Personal auswechseln, nicht unnötig Zeit mit Koalitionsverhandlungen und dem Eingewöhnen neuen Personals in Regierungsgeschäfte vergeuden, außerdem kenne man Merkel schon, die ist zuverlässig emotionslos und genauso eine brauche man in Zeiten, die turbulent zu werden drohen, könnte und sollte man FDP wählen.

„L.m.a.A.“-Stimme oder maximaler Protest

Es gibt aber noch eine andere Option: Wenn man meint, man müsse unbedingt die Konfrontation suchen, selbst wenn man dadurch eine neue Sarrazin-Debatte, eine weitere Diskussion um Muslime, um Des-Integration, Verschwörungstheorien und Paranoia heraufbeschwört, und wenn es einem nichts ausmacht, der Demagogie der Rechtsextremen neue Nahrung zu bieten, dann bietet sich an: BIG.

Denn mit dieser Partei würde man all diese Diskussionen früher oder später wieder kriegen.