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Politik

Waffen ja, Soldaten nein: Deutschland will sich nicht an einem Militäreinsatz beteiligen

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In Washington bekennt sich Ministerin von der Leyen zur Entschlossenheit gegen den Terrorismus. Bundespräsident Gauck beschwört militärische Opferbereitschaft. Am Ende wird sich die Bundeswehr aber voraussichtlich nicht im Irak engagieren. (Foto: dpa)

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Bundeswehrsoldaten mit Verteidigungsministerin von der Leyen.
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Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) ist zu ihrem viertägigen Antrittsbesuch in den USA eingetroffen. In New York und Washington wird sie hochrangige Vertreter der Vereinten Nationen und der US-Regierung treffen, darunter Verteidigungsminister Chuck Hagel.

Zum Auftakt ihrer ersten USA-Reise als Verteidigungsministerin wollte von der Leyen am Montag in New York die Gedenkstätte für die Opfer der Anschläge auf das World Trade Center am 11. September 2001 besuchen. Von der Leyen legte einen Kranz nieder und lässt sich durch das Museum führen, das erst im vergangenen Monat eröffnet wurde. Der Ort mahne dazu, für Frieden und demokratische Werte aufzustehen und entschlossen gegen Terrorismus vorzugehen, sagt sie später. „Wir sind dazu aufgerufen, die Freiheit mit Worten und Taten gegen die Rückkehr des Hasses zu verteidigen“, schreibt sie auf Englisch ins digitale Gästebuch des Museums.

Die Attacken auf das World Trade Center und das Pentagon in Washington vor fast 13 Jahren haben die Welt verändert – und mit ihr auch die deutsche Sicherheitspolitik. Eine Folge war der Nato-Einsatz in Afghanistan, bei dem erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg wieder deutsche Soldaten in stundenlange Gefechte verwickelt wurden.

Begriffe wie Krieg, Gefallene, Veteranen kehrten in den deutschen Sprachgebrauch zurück. Die Bundeswehr sei in Afghanistan erwachsen geworden, sagen manche. Am Dienstag wird es bei den Vereinten Nationen um die Rolle Deutschlands bei der Krisenbewältigung gehen. Die Bundeswehr ist derzeit mit 4600 Soldaten an 17 Einsätzen zur Friedenssicherung und Stabilisierung von Konfliktregionen beteiligt.

SPD verteidigt Gauck-Äußerungen

Die Verteidigungsministerin hatte sich auf der Münchner Sicherheitskonferenz im Februar ebenso wie Bundespräsident Joachim Gauck und Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) für eine stärkere Verantwortung Deutschlands in der Welt ausgesprochen. Das Engagement der Bundeswehr in Afrika wurde seitdem erweitert und die Beteiligung an der Vernichtung syrischer Chemiewaffen beschlossen.

Die SPD-Spitze hat mit Unverständnis auf die Kritik an Bundespräsident Joachim Gauck wegen seiner jüngsten Aussagen zu Militäreinsätzen reagiert. „Ich kann an keiner Stelle des Interviews erkennen, dass ein pauschales stärkeres militärisches Engagement gefordert worden ist“, sagte SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi am Montag in Berlin. Militärische Mittel seien für Gauck nur als letztes Mittel denkbar. Die Aufgeregtheiten seien „mindestens ein Missverständnis.“

Gauck hatte bekräftigt, dass er Deutschland bei der Übernahme von mehr internationaler Verantwortung in der Pflicht sehe, notfalls auch militärische Mittel einzusetzen. Im Kampf für Menschenrechte oder für das Überleben unschuldiger Menschen „ist es manchmal erforderlich, auch zu den Waffen zu greifen“, hatte Gauck im Deutschlandradio Kultur betont.

Ist die Zeit der Kampfeinsätze zur Krisenbewältigung vorbei? Wird die Bundeswehr nur noch zur Ausbildung und Beratung ins Ausland geschickt? Von der Leyens USA-Reise dient dazu, Antworten auf diese Fragen zu finden. „Gleichgültigkeit ist für ein Land wie Deutschland keine Option, weder aus sicherheitspolitischer noch aus humanitärer Sicht“, sagte sie zu Beginn ihrer Amtszeit bei der Münchner Sicherheitskonferenz.

Bei den Vereinten Nationen, deren Besuch am Dienstag auf dem Programm von der Leyens stand, hört man das gerne. Am New Yorker East River weiß man aber auch, was aus solchen Versprechen werden kann, wenn es konkret wird.

Auch die USA schließen den Einsatz von Bodentruppen im Irak aus

Zuletzt wurde das in der Zentralafrikanischen Republik deutlich, als die EU viele Wochen benötigte, um 1000 Soldaten für einen Einsatz in dem vom Bürgerkrieg erschütterten Land zusammenzubekommen. Deutschland stellte erst nach langem Zögern zwei gemietete Transportflugzeuge zur Verfügung. Deutsche Soldaten wurden nicht entsandt.

Von der Leyen teilt die Haltung Gaucks im Grundsatz. Im Gegensatz zum Bundespräsidenten muss sie im Ernstfall aber konkrete Entscheidungen über den Einsatz von Soldaten treffen. Und die Schwelle dafür ist inzwischen nicht nur in Deutschland, sondern auch in den USA recht hoch.

Wie hoch sie für die Amerikaner ist, wird sich in den nächsten Tagen in der Irak-Krise zeigen. Wenn von der Leyen am Donnerstag in Washington ihren Amtskollegen Chuck Hagel trifft, hat die US-Regierung möglicherweise schon entschieden, wie sie auf den Vormarsch sunnitischer Isis-Djihadisten reagieren will. Als mögliche militärische Optionen gelten Luftangriffe – Bodentruppen sollen nicht geschickt werden.

Von der Leyen äußerte sich in New York sehr zurückhaltend zu einer Intervention: „Es sind vor allem die regionalen Akteure gefragt, die direkten Einfluss auch haben – von der Arabischen Liga über die Türkei bis hin zum Iran und selbstverständlich die irakische Regierung an allererster Stelle.“ Die USA erwähnte sie nicht.

Allerdings dürfte sich die Dringlichkeit der bereits seit Monaten an potenzielle Lieferanten in Ost und West gerichteten Bitte der irakischen Regierung um mehr Waffen in Anbetracht des Vormarsches der Isis-Terroristen wesentlich erhöht haben.