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Gesellschaft

Muslime zum Burkaverbot: Das ist «kontraproduktiv»

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Wie schon in Frankreich und Belgien ist ab 1. Oktober auch in Österreich das Tragen eines Gesichtsschleiers verboten. Das Gesetz ist aber noch weiter gefasst. Es betrifft auch Menschen mit Atemschutzmasken.

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Wie schon in Frankreich und Belgien ist ab 1. Oktober auch in Österreich das Tragen eines Gesichtsschleiers verboten. Das Gesetz ist aber noch weiter gefasst. Es betrifft auch Menschen mit Atemschutzmasken.

Das Burkaverbot in Österreich stößt auf völliges Unverständnis unter Musliminnen. «Wir haben zwar keine Sympathie für den Gesichtsschleier, aber wir sind trotzdem entschieden gegen ein Verbot», sagte die Frauenbeauftragte der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ), Carla Amina Baghajati, der Deutschen Presse-Agentur. Das Verbot sei kontraproduktiv gerade auch bei Fragen der Integration. «Es könnte unter Moslems eine Jetzt-Erst-Recht-Stimmung entstehen», meinte Baghajati. In der Alpenrepublik ist ab 1. Oktober das Verhüllen des Gesichts verboten. Darunter fallen Burka und Nikab, aber im Prinzip auch Atemschutzmasken. Das Gesetz wurde unter anderem mit Sicherheitsaspekten und dem Schutz der Frauen vor Unterdrückung begründet. Wer den Schleier nicht ablegt, riskiert 150 Euro Strafe.

In Österreich gibt es nach Einschätzung von Baghajati nur ein paar Dutzend einheimische Frauen, die vollverschleiert auf die Straße gehen. Das Gesetz wird eher entsprechend gekleidete Touristinnen aus dem arabischen Raum treffen. Wien als Zielort vieler arabischer Gäste informiert laut Tourismusdirektor Norbert Kettner auf seiner Website die Anreisenden. Am Image Wiens als multikultureller und multiethnischer Stadt werde das Verbot nichts ändern. Unglücklich sei die Stadt mit dem Untersagen von Atemschutzmasken. Sie würden vor allem bei eigenen gesundheitlichen Problemen getragen. «Dass ein Akt der Rücksichtnahme sanktioniert werden soll, ist tatsächlich eine Antwort auf eine Frage, die niemand gestellt hat», so Kettner.

Für Baghajati ist der Schritt reine Symbolpolitik und ein Bruch mit der bisherigen politischen Tradition eines interkulturellen Dialogs in Österreich. «Österreich war ein Vorbild im Umgang mit dem Islam.» Richtig sei, dass das Tragen von Nikab und Burka «radikal infrage gestellt gehört.» Allerdings werde keine vollverschleierte Frau, die sie kenne, von ihrem Mann zum Tragen des Kleidungsstücks gezwungen. «Sie fühlen sich wohl damit.» Außerdem handle es sich bei vielen um Österreicherinnen, die vom Christentum zum Islam konvertiert seien. Da stelle sich die Frage der Integration nicht.

Frankreich war 2011 das erste europäische Land, das das Tragen von Vollschleiern in der Öffentlichkeit untersagte. Belgien folgte dem Beispiel. Auch in Bulgarien ist das öffentliche Verhüllen verboten. In den Niederlanden sind Burkas in öffentlichen Gebäuden tabu. Das Schweizer Kanton Tession kennt seit 2016 ein Burkaverbot. Der Bundestag beschloss Ende April ein sehr eingeschränktes Verhüllungsverbot. So muss das Gesicht bei Beamtinnen und Soldatinnen in Ausübung ihres Dienstes sichtbar sein. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte bestätigte 2017 erneut, dass ein Burkaverbot rechtens ist. Für ein Miteinander sei es unerlässlich, dem Anderen ins Gesicht schauen zu können.

Die Polizei werde das Gesetz «behutsam und trotzdem konsequent umsetzen», hatte die Generaldirektorin für die öffentliche Sicherheit, Michaela Kardeis, angekündigt. Wer sich weigere, die Gesichtsverhüllung abzulegen, werde zur Feststellung der Identität mit auf die Wache genommen. Der algerisch-französische Millionär Rachid Nekkaz will die etwaigen Geldstrafen für die Burka-Trägerinnen auch in Österreich übernehmen. Er hat nach eigenen Angaben bisher
300 000 Euro für Gelstrafen und Rechtsbeistände bezahlt.

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dpa