Connect with us

Bildung & Forschung

Buschkowsky lobt türkische Schule in Berlin

Spread the love

Ausgerechnet die von türkischen Unternehmern gegründete Tüdesb-Grundschule hat den Berliner Bezirksbürgermeister Heinz Buschkowsky sichtlich beeindruckt. Er äußerte sich voll des Lobes über diese Form des bürgerschaftlichen Engagements.

Published

on

Heinz Buschkowsky in der TÜDESB-Grundschule in Berlin-Treptow.
Spread the love

Mit der Veröffentlichung des umstrittenen Buches „Neukölln ist überall“ hatte Bezirksbürgermeister Heinz Buschkowsky für Unruhe gesorgt. Kritiker warfen ihm die Ethnisierung gesellschaftlicher Missstände vor, „Islamisierungskritiker“ entdeckten ihn als ihren liebsten Stichwortgeber seit Sarrazin.

Nun hat Buschkowsky die von türkischen Unternehmern gegründete Grundschule Tüdesb in Berlin-Treptow besucht – und Überraschendes zu Protokoll gegeben: In seiner Kolumne für die Bild-Zeitung blickt der Neuköllner Bürgermeister auf seinen Besuch des Sommerfestes und der Einweihung des Neubaus der Grundschule in Treptow zurück. Und er betont, einen positiven Eindruck mitgenommen zu haben.

Dass von den 27 Unterricht leistenden Lehrern zwei türkischstämmige Lehrer sind, fand er bemerkenswert. Und er war vor allem von der Atmosphäre sehr angetan. „Das Programm der Kinder, ihre Sprache und ihre Umgangsformen haben mich fast neidisch gemacht. Es sind die Kinder von bildungsorientierten Einwanderern”, betonte der Bürgermeister. Die Veranstaltung habe einen professionellen und durchorganisierten Anspruch gehabt.

„Bildungsorientierte Eltern mit geordneten Lebensverhältnissen“

Die Darbietungen der Kinder empfand der SPD-Politiker als sympathisch. Das Niveau würde durchaus dem zu erwartenden Leistungsstand entsprechen, wenn nicht sogar darüber hinausgehen.

Buschkowsky schreibt, er begrüße Selbsthilfeinitiativen der Bevölkerung und die ihnen innewohnende Aktivierung bürgerschaftlichen Engagements. Buschkowsky wies darauf hin, dass die Schule ihm den Eindruck vermittle, es handele sich um eine Einrichtung, die sich bewusst an bildungsorientierte Eltern mit geordneten Lebensverhältnissen richte.

Der Bürgermeister begrüße es uneingeschränkt, wenn Einwandererorganisationen sich dem Bildungsbereich verschreiben und fügt hinzu: „Diese Schüler fehlen in den normalen Schulen bei der Integration. Die Kinder, die dort unterrichtet werden, könnten an anderen Schulen eine Vorbildfunktion haben. Bildungsferne und Unverständnis über die Bedeutung der Bildung sind die größten Handicaps in der Einwanderergesellschaft. Ohne Bildung ist Integration nicht möglich und ohne Integration ist ein Leben in Wohlstand undenkbar”.

Der neue Leiter der Grundschule, Muhammed Ali Bulut, betonte in seiner Rede, dass bei Tüdesb die Schüler im Mittelpunkt stehen und man Schülern jeder kulturellen und religiösen Herkunft seine Türen öffne. Bulut beendete seine Sätze mit den Worten: „Und wenn in den nächsten Jahren dieser Schulhof mit einer Vielfalt von Schülern strahlt, wäre ein wichtiges Ziel erreicht”.

Buschkowsky im Bann der Gülen-Bewegung?

Der Tüdesb-Schulkomplex, errichtet auf dem Gelände einer ehemaligen britischen Kaserne, gilt als eine der Vorzeige-Bildungsanstalten, die mithilfe türkischer Unternehmer als Förderer errichtet wurden, die von den Gedanken des Islamgelehrten M. Fethullah Gülen inspiriert wurden. Dieser hatte vor allem die aufstrebende türkische Mittelschicht, die sich trotz ihres neu errungenen Wohlstandes ihre Frömmigkeit erhalten hatte, zu einem Umdenken veranlasst.

Hatten diese Unternehmer ihre Zakat, die im Islam verpflichtende Abgabe zu Gunsten gemeinschaftsdienlicher Zwecke, früher hauptsächlich für den Bau von Moscheen geleistet, riet Gülen ihnen, die Mittel stattdessen in Bildungseinrichtungen zu investieren. Die wesentlichsten Gründe für die Rückständigkeit in der islamischen Welt seien Armut und Unwissenheit. Deshalb würde die islamische Welt erst dann wieder zu Wohlstand und Geltung gelangen, wenn man den Islam nicht mehr als Antithese zu den zivilisatorischen und technologischen Errungenschaften der westlichen Moderne betrachten würde.

In der Moderne Muslime bleiben – so lässt sich das Anliegen der Gülen-inspirierten Schulen umschreiben. Aber sie sind selbst keine religiösen Schulen. Anders als an anderen konfessionellen Privatschulen gibt es hier keinen Religionsunterricht, sondern den üblichen Ethikunterricht. Türkisch wird als Fremdsprache behandelt, frühestens an zweiter Stelle nach Englisch. Die Sprache der Schule und die Sprache auf dem Schulhof ist Deutsch. Insgesamt wurden weltweit bisher weit über 1000 Einrichtungen dieser Art in 140 Ländern der Erde errichtet.

Respektvolle und motivierende Lernatmosphäre

Die von Fethullah Gülens Hizmet-Bewegung ins Leben gerufenen Bildungseinrichtungen werden zwar hauptsächlich von den Kindern türkischer Einwanderer besucht, Nichttürken und Nichtmuslime, deren Eltern den Schritt gewagt hatten, ihre Kinder dort anzumelden, berichten jedoch ebenfalls von einer respektvollen und motivierenden Lernatmosphäre.

Für assimilationsorientierte Kreise stellen die Gülen-inspirierten Schulen jedoch ein erklärtes Feindbild dar: Während der radikalen Linken das private Schulwesen generell ein Dorn im Auge ist, malen rechte Kreise das Gespenst angeblicher „islamistischer“ Kaderschmieden an die Wand. Der Gedanke, dass Einwandererkinder aus einer vertrauten und Geborgenheit vermittelnden Umgebung heraus an die Herausforderungen der Welt und des Lebens herangeführt werden, ist beiden gleichermaßen unerträglich.

Umso bemerkenswerter ist es, dass jetzt ausgerechnet ein Politiker wie Heinz Buschkowsky seine positiven Eindrücke von den Berliner Tüdesb-Schulen im Massenblatt „Bild“ verbreitet. Ob der Bezirksbürgermeister infolge dieser Erfahrung künftig differenziertere Töne in der Integrationsdebatte anschlagen wird, ist ungewiss. Dass er ausgerechnet die frommen türkischen Muslimen unterhaltene Tüdesb-Schule als positives Beispiel hervorhebt, ist jedenfalls ein positives Zeichen. Seinen erklärten Fans dürfte Buschkowskys Bekenntnis aber am Allerwenigsten schmecken.