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Interview: Çarşı Berlin fährt nicht nach Leipzig – ´Wir wollen unserem Verein nicht schaden´

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Eine Gruppe von Çarşı-Anhängern demonstriert vor dem Istanbuler Gerichtgebäude.
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Auch, wenn Besiktas bereits das Achtelfinale vorzeitig gesichert hat, wollte Carsi Berlin, die größte deutsch-türkische Fangemeinde von Besiktas im Ausland, unbedingt beim Spiel gegen Leipzig vor Ort sein. Warum sie dennoch nicht dabei sein werden, erklärt ein Mitglied im Interview. 

Ali Şeker, 36 Jahre alt, lebt in Hannover und ist glühender Fans des türkischen Meisters Beşiktaş İstanbul. Er versucht seinen Klub zu unterstützen, wo es geht. Şeker gehört zu den Urgesteinen von Çarsı Berlin, dem europäischen Ableger des berüchtigten Istanbuler Supportklubs Çarsı. Seit mittlerweile 14 Jahren gehört er zum führenden Mitgliederstab. In den Auslandspartien ist er fast immer dabei. Umso mehr hatte er sich gefreut, dass sein Lieblingsklub endlich mal wieder nach Deutschland kommt- und das für eine Champions League-Begegnung, wenn Beşiktaş am Mittwoch auf RB Leipzig trifft. Doch seine Vorfreude nimmt schnell ab. Vereinspräsident Fikret Orman bittet die Fans nicht zu den Auswärtsbegegnungen zu kommen. Nach Ausschreitungen bei der letztjährigen Europa League-Begegnung bei Olympique Lyon wurden beide Klubs mit einem Ausschluss für eine Saison aus dem Europacup bestraft. Die Strafe wurde allerdings für zwei Spielzeiten zur Bewährung ausgesetzt. Besiktas-Präsident Fikret Orman appelliert an die türkischen Fans im Ausland: „Wir können es nicht riskieren, dass wir eine Strafe kassieren. Ich bitte unsere Fans auch im Ausland darum, nicht zu unseren Auswärtsspielen zu kommen. Kommt nicht!“ Auch, wenn Besiktas bereits den Gruppensieg und das Achtelfinale vorzeitig gesichert hat, wollte Carsi Berlin, die größte deutsch-türkische Fangemeinde von Besiktas im Ausland, unbedingt beim Spiel gegen Leipzig vor Ort sein, wie Mitglied Ali Seker bekundet.

Warum er dennoch nicht hingeht, erklärt er im Interview.

Herr Seker, bitte stellen Sie Carsi Berlin kurz vor.

„Carsi Berlin“ ist eine Fangruppierung, der aus Besiktas Fans besteht. Carsi Berlin wurde ca. vor 16 Jahren gegründet. Mittlerweile haben wir eine Mitgliederzahl von 500 bis 600 Mitgliedern aber wir haben ja auch keine Mitgliedschaft in dem Sinne, wo wir Karten, Mitgliedskarten oder irgendwie Mitgliedsanträge stellen, sondern, wer mit uns dabei sein will ist einfach unser Mitglied, solange diese Leute unseren Kodex einhalte.  

Was machen Sie, wenn Sie mit Ihren Mitgliedern zusammenkommen?

Wir fahren zu jedem Spiel unseres Vereins ohne Unterschied von Sportarten zu beachten. Basketball, Handball oder Fußball, das spielt für uns keine Rolle und wir haben unsere Zweige in ganz Europa. Wir haben Mitglieder aus Holland, aus Frankreich, aus der Schweiz. Österreich, Holland, Schweden und Deutschland natürlich und treffen uns jedes mal wenn unser Verein hier in Europa aktiv ist.

Werden Sie am Mittwoch gegen RB Leipzig dabei sein, als Carsi Berlin?

Nein. Nach der Strafe der UEFA saßen wir zusammen und haben überlegt, was das Beste für unseren Verein sein kann. Jede Art von Provokation zu verhindern, das ist wichtig. Deshalb haben wir entschieden, dass wir dieses Jahr keine Spiele besuchen. Es ist natürlich sehr hart für uns, dass wir unser erfolgreiches Team in Europa nicht im Stadion unterstützen können. Aber wir können auch nicht zulassen, dass unser Verein wegen irgendeiner Provokation, zwei Jahre vom europäischen Pokal ausgeschlossen wird. Das dürfen wir nicht zulassen, weil das Wohl unseres Vereins wichtiger ist als alles andere.

Wie kam es zu dieser Entscheidung? 

Nach dem Lyon- Spiel gab ja UEFA uns eine Strafe. Nach dem Ereigniss saßen wir zusammen und haben entschieden, dass wir dieses Jahr keine Spiele besuchen werden. Auch in Leipzig werden wir nicht dabei sein. Auch die einzelnen Mitglieder von uns werden das Stadion nicht betreten, dafür werden wir sorgen.

Tun Sie das, weil es der Präsident gefordert hat?

Das kann ich so nicht sagen, weil wir leisten nicht irgendwelchen Aufrufen des Präsidenten oder irgendjemandem anders Folge. Sondern wir handeln mit unserer eigenen Initiative und wissen in diesem Fall, dass es unserem Verein schaden könnte, wenn wir dort auftreten. Wir wissen aber auch, dass wir uns zurückhalten können -das tun wir auch in den meisten Fällen. Aber es kann ja sein, dass es zu Provokationen kommt und das wollen wir verhindern. Um das zu verhindern besuuchen wir diese Saison kein Spiel in Europa.

 

Wird es am Spieltag irgendeine andere Organisation von Carsi Berlin geben?

Am Spieltag werden wir keine weitere Organisation haben. Jeder Zweig wird Zuhause, in Vereinsheimen oder in Sportbars in ihren eigenen Städten das Spiel verfolgen. Und wenn wir gewinnen, werden wir uns natürlich freuen.

Was hat Carsi Berlin mit Carsi Istanbul gemein?

Carsi Berlin ist der Europa- Arm von „Carsi“ aus Istanbul. Wir haben aber auch Mitglieder in unseren Reihen in unserem Gründerstab, die in Istanbul geboren und aufgewachsen sind, in Besiktas und dort- mit dem „echten Carsi“ , ihre ersten  Tribünenerfahrungen gemacht haben und später dann nach Deutschland gekommen sind. Vom Grundgedanken her sind wir uns mit Carsi Istanbul identisch, zeigen aber auch Unterschiede, was Spielorganisation angeht. Oder was Mitgliedertypen angeht, gibt es auch Unterschiede.