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Politik

Deutsch-Türkisches Forum wird zur Union der Vielfalt

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Bülent Arslan verabschiedet sich nach 17 Jahren von der Politik. Als Pionier unter türkischen Einwanderern in der CDU hat er viel erreicht und unter anderem erfolgreichen Politikerinnen wie Serap Güler und Cemile Giousouf Wege frei gemacht.

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Bülent Arslan verabschiedet sich nach 17 Jahren von der Politik. Als Pionier unter türkischen Einwanderern in der CDU hat er viel erreicht und unter anderem erfolgreichen Politikerinnen wie Serap Güler und Cemile Giousouf Wege frei gemacht.
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Es sind nicht nur Deutsch-Türken, wie es hier sonst meist der Fall ist, die sich vergangene Woche in der Landesgeschäftsstelle der CDU in Düsseldorf zur Mitgliederversammlung des Deutsch-Türkischen Forums zusammengefunden haben. Es sind auch viele Deutsch-Italiener, Deutsch-Marokkaner oder Deutsch-Bosnier da. Diese Vielfalt ist aber nicht ungewollt, sondern bewusst so bestellt. Denn das Deutsch-Türkische Forum (DTF) möchte nicht mehr nur „türkisch“ bleiben. Auf der Mitgliederversammlung wird der Name auf die gesamte Community mit Zuwanderungsgeschichte erweitert und heißt nun „Union der Vielfalt“. Sie gehört ab sofort auch dem „Netzwerk Integration“ der CDU Deutschland an.

Das DTF sei ein Meilenstein innerhalb der CDU gewesen und habe viele Erfolge zu verbuchen, so Bülent Arslan, der bisherige Vorsitzende des Vereins. Tatsächlich hatte das DTF innerhalb der CDU eine wichtige Rolle und die Partei hat ihr auch einige Erfolge zu verdanken. Weder hätte Serap Güler ohne das DTF für die Landtagswahl 2012 in Nordrhein-Westfalen aufgestellt werden und in den Landtag als erste türkischstämmige CDU-Abgeordnete einziehen können, noch säße Cemile Giousouf heute im Bundestag für die Hagener CDU. Außerdem hat das DTF stark dazu beigetragen, dass türkischstämmige Politikinteressierte immer mehr mit der CDU sympathisierten. Dies zeigt die Entwicklung der Mitgliederzahlen. Eigenen Angaben zufolge hat das DTF insgesamt 270 Mitglieder. Lediglich 88 davon seien keine CDU-Mitglieder. Die meisten der 182 CDU-Mitglieder hätten den Weg in die CDU nur durch das DTF gefunden.

„Spagat zwischen muslimisch Sein und deutsch Sein ist in der CDU schwieriger“

Die Schlüsselfigur hinter diesem Beitrag für die Parteientwicklung sei vor allem, aber nicht nur, Bülent Arslan. Der 39-jährige Arslan gehört zu den ersten türkischstämmigen Politikern, wenn nicht sogar zu den Pionieren, die sich innerhalb der CDU engagierte. Durch seine kompetente und aufgeschlossene Art konnte er viele Türkischstämmige vom Programm der CDU überzeugen. Mit seiner Kandidatur in den Jahren 2002 und 2005 für den Bundestag ebnete er auch Güler und Giousouf den Weg. „Vor 10 Jahren war Hagen nicht bereit für einen türkischstämmigen Kandidaten“, sagt die im September in den deutschen Bundestag gewählte Cemile Giousouf. Ganz leicht hatte es Bülent Arslan also nicht wirklich. Auch heute hätten es Türkischstämmige in der CDU viel schwerer als diejenigen, die bei den Grünen oder der SPD aktiv seien. „Unsere Ortsverbände sind immer noch zu kalt gegenüber Interessierten“, kritisierte Arslan im Beisein Armin Laschets seine Parteifreunde. Es gehe zwar nicht nur den Einwanderern so, aber selten seien neue Köpfe in der Partei gefragt.

Spagat zwischen türkischer Tradition und Assimilation

Das DTF hatte in den vergangenen Monaten vor allem mit Vorwürfen zu kämpfen, wonach darin „einseitig konservativ-muslimische Kräfte“ oder sogenannte „Graue Wölfe“ unterstützt würden. Auf der anderen Seite können viele Türken aber immer noch die Beziehungen zwischen der CDU und den Türken oder Muslimen nicht nachvollziehen. Für Arslan war dieser „Spagat“, wie er es selbst ausdrückt, nicht ganz einfach: „Die Presse sagt immer, Bülent Arslan ist zu viel türkisch und muslimisch. Auf der anderen Seite sagen die Türken aber, ‚der ist zu deutsch und assimiliert‘.“

Politiker wie Sylvia Pantel aus Düsseldorf waren Arslans und seiner DTF-Kollegen Bemühungen auch nicht immer hilfreich. So äußerte diese etwa im Rahmen der skurrilen Halbmond-Debatte in Neuss deutliche Vorbehalte mit Blick auf das Anwerben von Muslimen und Einwanderern für die CDU. Sie vermied es auch nicht, ihre Überfremdungsängste kundzutun: „Wir müssen schauen: Wohin orientieren wir uns, wer ist unsere Wählerschaft und ob Minderheiten nicht Mehrheiten majorisieren.“ Dem „Düsseldorf Express“ sagte sie, dass sie nichts gegen Muslime habe, erinnerte aber an die aus ihrer Sicht offenbar exklusiv christlichen Werte des Grundgesetzes: „Aber unser Grundgesetz basiert auf christlichen Werten. Wer zu uns kommt, muss das akzeptieren. Ich glaube, dass viele Leute Angst vor dem Islam haben.“

In solchen Debatten zeigte sich Arslan stets tapfer und hielt dagegen: „Das verstärkt die Vorurteile bei Einwanderern gegenüber der CDU. Ich glaube, Frau Pantel begreift in diesem Themenfeld intellektuell vieles nicht. Sie ist aber auch nur eine unbedeutende Politikerin innerhalb der CDU.“

Es wird zu wenig über das U in der CDU gesprochen

Armin Laschet, der zu skeptischen Politikern wie Sylvia Pantel erkennbar auf Distanz geht, aber trotzdem bei der Halbmond-Debatte vorzog, zu schweigen, räumte Fehler der CDU gegenüber Einwanderern in den letzten Jahren ein. Dennoch machte er auch auf die Wurzeln und den Namen der Partei aufmerksam: „Jeder spricht über das ‚C‘ der CDU, aber niemand über das ‚U‘.“

Die CDU sei eine Volkspartei der Vielfalt. In einer Volkspartei seien alle zusammen, aber jeder würde seine eigenen Akzente einbringen wollen. Lange Zeit hätten sich Türkischstämmige bei der SPD und den Grünen heimisch gefühlt, dies habe sich aber im Laufe der Jahre verändert. Das DTF habe zu den Erfolgen der CDU viel beigetragen und, so der ehemalige Integrationsminister Laschet weiter: „Ohne das DTF wäre die CDU nicht da, wo sie heute steht“.

Nun gelte es, alle Menschen mit Zuwanderungsgeschichte anzusprechen. Mit der Zeit wird sich zeigen, ob tatsächlich der Verein dafür sorgen kann, dass die Partei für Einwanderer attraktiver wird, oder ob Sylvia Pantel und ihre Gesinnungsfreunde dies verhindern. Der Versuch, durch diese Plattform ein Sprachrohr der Einwanderer innerhalb der CDU zu werden, könnte jedoch aufgrund seines Ausmaßes durchaus Erfolg haben.

In NRW wird die Vereinigung vor allem mithilfe des Landesvorsitzenden Laschet viel Gehör finden, der auch sonst an fast jeder Veranstaltung des DTF teilnahm. Für seine eigene Zukunft ist dies auch ebenso zwingend erforderlich wie für die der CDU. Auch Fatih Köylüoğlu ist vom Nutzen der Weiterentwicklung des DTF überzeugt und glaubt, dass dieses ein Zukunftsmodell ist, „das die Möglichkeit einräumt, die Vielfalt der Gesellschaft in der Partei widerzuspiegeln“. Köylüoğlu ist sich sicher: „Eine Volkspartei kann nur dann interessant und zukunftsfähig sein, wenn sie die Interessen aller Bevölkerungsgruppen vertritt. Oftmals wird in der Öffentlichkeit, aber auch in der Partei pauschal über die sogenannten Migranten debattiert. Es entsteht eine Masse ohne Gesichter und einzelne Personen bleiben unsichtbar. Die Union der Vielfalt verfügt über das Potenzial, die Vielfalt und das vielseitige Engagement sichtbar zu machen.“

Vorsitzende des neuen Netzwerkes wird die Bundestagsabgeordnete Cemile Giousouf sein. Arslan, bei dem sich Giousouf für die „großartige Arbeit“ bedankte, zieht sich damit komplett von der Politik zurück.