Wirtschaft
Erdoğans Chefberater Bulut: Türkei soll Deutsche Bank aufkaufen und in „Türkische Bank“ umbenennen
Yiğit Bulut wartet erneut mit einer gewagten These auf: Die Türkei solle die Deutsche Bank aufkaufen und in Türkische Bank umbenennen. Man müsse die Schwäche der europäischen Wirtschaft zum Vorteil der Türkei nutzen.
Yiğit Bulut, der Chefberater des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan, empfiehlt ebendiesem, die Deutsche Bank aufzukaufen und sie zu einem türkischen Geldhaus zu machen. Der Kurssturz der Deutsche-Bank-Aktien sei eine gute Gelegenheit für die Türkei, das größte deutsche Geldhaus zu übernehmen und so zu einem internationalen Player auf dem Finanzmarkt aufzusteigen, schlug er via Twitter vor. „Die Deutsche Bank ist in Schwierigkeiten. Deutschland ist in Schwierigkeiten“, twitterte der ehemalige Journalist. Deshalb sei jetzt „Verkaufszeit“ („satma zamanı“).
Die Türkei müsse nun die wirtschaftlichen Schwierigkeiten in Europa nutzen, um sich Anteile an Unternehmen zu sichern. Entweder solle das von einem türkischen Staatsfonds finanziert werden, den es allerdings noch nicht gibt, oder türkische Staatsbanken sollen den Kauf übernehnmen, so Bulut. Süffisant fragte er seinen Dienstherren: „Würde es Ihnen nicht gefallen, wenn Deutschlands größte Bank ‚Türkische Bank‘ heißen würde?“
Dass die Gründung des besagten Staatsfonds geplant sei, hatte Premierminister Binali Yıldırım bereits im Juni gegenüber dem Medienunternehmen Bloomberg verlauten lassen. Er solle mit einem Startkapital von 50 Millionen Lira (15 Millionen Euro) gegründet und dann mit Privatisierungserlösen gefüllt werden, um der Türkei den Erwerb von ausländischen Vermögenswerten zu ermöglichen. Bloomberg zitiert jedoch Analysten, die daran zweifeln, dass dieser Fond zustandekommen wird, und dass die Deutsche Bank überhaupt ein geeigneter Übernahmekandidat wäre.
Wegen massiven Missmanagements steckt die Deutsche Bank derzeit in einem historischen Tief. Seit Anfang des Jahres hat sie über die Hälfte ihres Börsenwertes eingebüßt und ist jetzt nur noch knapp 15 Milliarden Euro wert. Am Donnerstag fiel ihre Aktie auf ein Rekordtief von 10,25 Euro. Unter anderem steckt das Geldhaus in den USA in Schwierigkeiten: Wegen Geschäften mit faulen Hypothekenpapieren verlangt das US-Justizministerium Strafzahlungen in Höhe von 14 Milliarden US-Dollar (12,5 Milliarden Euro).
Dass ausländische Investoren stark in ihr vertreten sind, wäre indes kein Novum. Bereits jetzt sind 44% der Bank in ausländischem Besitz. Dass Buluts Vorschlag in die Tat umgesetzt wird, bleibt dennoch zu bezweifeln. Nicht nur, weil die wirtschaftlichern Zahlen dagegen sprechen, sondern weil Buluts Worte generell mit Vorsicht zu genießen sind. Der Chefberater des Präsidenten hat sich schon oft mit absurden Theorien und Anschuldigungen blamiert. So wurde er international verspottet, als er ernsthaft behauptete, „dunkle Mächte“ wöllten Staatspräsident Erdoğan mittels Telekinese manipulieren und töten.
Als sich 2013 die Gezi-Proteste über die ganze Türkei ausbreiteten, war er ebenfalls nicht um eine abwegige Erklärung verlegen: Die Lufthansa habe die Revolte organisiert, um den Bau des dritten Istanbuler Flughafens zu verhindern. Durch diesen müsse sie nämlich einen Einbruch von bis 100 Millionen Passagieren pro Jahr befürchten, die lieber über einen türkischen als über deutsche Fughäfen reisen würden. Europa ist allgemein einer der Hauptfeinde des notorischen Verschwörungstheoretikers Bulut: So warf er der EU vor, „auf Befehl der PKK“ zu handeln, und fordert seit langem, dass die Türkei sich von ihr abwendet.
Auch an dem Tag, an dem er die Bankenübernahme vorgeschlagen hat, offenbarte er sein Verständnis von Wirtschaftspolitk. Er warf der Ratingagentur Moody’s, die die Türkei kürzlich auf sogenanntes „Ramschniveau“ herabgestuft hat, vor, mit der sogenannten FETÖ zusammenzuarbeiten, also der „Fethullahistischen Terrororganisation“, wie die Bewegung des muslimischen Predigers Fethullah Gülen offiziell bezeichnet wird.