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Politik

CHP-Chef: „Wenn in Moscheen, Kasernen und Gerichten über Politik gesprochen wird, dann …“

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Der türkische Oppositionspolitiker Kemal Kılıçdaroğlu hat am Dienstag im Rahmen der CHP-Fraktionssitzung die Entwicklung in der Türkei nach dem gescheiterten Putschversuch bewertet.

Es gebe für alle Beteiligten Lehren, die sie aus den letzten Wochen ziehen müssten: „Wenn in Moscheen, Kasernen und Gerichten über Politik gesprochen wird, dann sind Putsche unvermeidbar. An diesen Orten hat Politik nichts zu suchen. Die Religion ist ein Bereich für sich. In Kasernen hat die Politik nichts verloren“, so der Parteivorsitzende.

Demokratie, Laizismus und Rechtsstaat

Wer die Werte der Türkischen Republik nicht verstehe, werde sich in der Türkei immer schwer tun. Ohne Demokratie, Laizismus und Rechtsstaat gehe es nicht.

Er könne nicht nachvollziehen, warum ein Land, in dem es in den 2000er Jahren kaum Terrorangriffe gegeben habe, jetzt so sehr unter dem Terror leide. Neben der PKK verwies Kılıçdaroğlu in diesem Zusammenhang vor allem auf den IS. Seit der Putschnacht vom 15. Juli sind in der Türkei bei Angriffen der PKK mindestens 36 Menschen getötet worden, in erster Linie Soldaten.

„Man hat gesehen, wie gefährlich blinder Gehorsam sein kann“

Der Terror könne nur durch vernünftige Bildung nachhaltig bekämpft werden. Gehorsam sei nur dann von Wert, wenn er durch den Verstand gezügelt werde: „Sonst entsteht blinder Gehorsam. Man hat gesehen, wie gefährlich er sein kann.“

Politik dürfe nicht für die Familie, die Sippe oder für eine Bewegung gemacht werden. Im Mittelpunkt müsse die Frage „Was kann ich der Gesellschaft geben?“ stehen. Selbstkritik sei ein unverzichtbarer Bestandteil der Politik.

Kritik an Präsident Erdoğan und der Hizmet-Bewegung

„Wenn in der Türkei immer wieder Putsche passieren, dann haben wir alle etwas falsch gemacht. Nur wenn wir aus unseren Fehlern lernen, können wir die Zukunft gestalten“, so der Politiker, der in seinen Ausführungen sowohl Präsident Erdoğan als auch die Hizmet-Bewegung kritisierte, ohne sie beim Namen zu nennen.

Es habe sich herausgestellt, wie wichtig die parlamentarische Demokratie sei. Kılıçdaroğlu rief alle Beteiligten dazu auf, diese weiter zu stärken. Auch die freie Medienlandschaft müsse wieder unbedingt gestärkt werden.

10-Prozent-Hürde auf dem Prüfstand

Konkret forderte der CHP-Chef, dass die 10-Prozent-Hürde bei den Parlamentswahlen abgeschafft werden müsse. „Wir wollen weder einen Putsch, noch eine Diktatur. Wir wollen eine funktionierende Demokratie“, unterstrich Kılıçdaroğlu.

Eine Hexenjagd zu veranstalten, sei nicht richtig. Die Schuldigen müssten gefunden und bestraft werden. „Es kann nicht sein, dass alle Führungskräfte einer Institution zurücktreten sollen, damit Ermittlungen durchgeführt werden können. Niemand beschwert sich, niemand hinterfragt. Warum? Weil eine Atmosphäre der Angst herrscht. Das schadet allen. In solch einer Atmosphäre kann kein gutes Ergebnis, kein gutes Produkt hervorgebracht werden.“

In der Türkei wurden in den letzten Woche Zehntausende Menschen aus dem Staatsdienst entlassen oder verhaftet. Der Ausnahmezustand dauert noch bis Mitte Oktober an.