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Gesellschaft

Christliche Theologen verteidigen Khorchide

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Innerhalb der islamischen Community bleiben die Thesen des Münsteraner Theologen Mouhanad Khorchide umstritten. Rückendeckung erfährt er aber von christlichen Theologen. Khorchides Reformtheologie liege im Interesse eines „deutschen Islam“.

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Unterstützung von vermeintlich unerwarteter Seite: Der von den muslimischen Verbänden hart kritisierte Islam-Professor Mouhanad Khorchide wird von drei christlichen Theologen verteidigt. Ein katholischer und zwei evangelische Wissenschaftler haben sich unaufgefordert in die Debatte um den Leiter des Zentrums für Islamische Theologie (ZIT) an der Universität Münster eingeschaltet.

In jeweils eigenen Expertisen zerpflücken sie das Mitte Dezember veröffentlichte Gutachten des Koordinationsrates der Muslime (KRM), das sich mit Khorchides Buch „Islam ist Barmherzigkeit“ befasst und ihm mangelnde Wissenschaftlichkeit und fehlende Bekenntnisgebundenheit unterstellt.

So findet der Freiburger katholische Theologe und Religionswissenschaftler Bernhard Uhde das KRM-Gutachten in sich widersprüchlich und wissenschaftlich einseitig, „falls es diesem Anspruch der Wissenschaftlichkeit überhaupt genügt“. Es bestehe der Eindruck, dass ein zuvor festgelegtes Ergebnis nur noch begründet werden sollte.

Uhde, der das „Institut West-Östliche Weisheit“ an der Universität Freiburg leitet, konstatiert zwar tatsächlich Ungenauigkeiten in Khorchides Buch, das sich im Übrigen nicht an Fachleute richte und populärwissenschaftlich ausgerichtet sei. Entgegen der Behauptung des KRM verfolge Khorchide aber „durchaus eine eindeutig identifizierbare wissenschaftliche Methode“. Auch ließen Khorchides Ausführungen über die Glaubensgrundsätze keinen Zweifel daran, dass er an Gott glaube, den Propheten ehre und sich innerhalb der islamischen Lehre bewege – wenngleich seine Positionen von der Mehrheit abwichen.

„Khorchide wendet nicht die historisch-kritische Methode an“

Khorchide behaupte aber keinen Alleinvertretungsanspruch in der Interpretation von Koran und Tradition. Insofern sei eine akademische wie religiöse Auseinandersetzung mit seinen Positionen gefordert. Unerträglich wäre eine abweichende Auffassung laut Uhde nur dann, wenn Khorchide der einzige Fachvertreter in der deutschen universitären Szene wäre.

In die gleiche Richtung zielt eine Stellungnahme des Frankfurter evangelischen Neutestamentlers und Studienleiters der Missionsakademie der Universität Hamburg, Werner Kahl. Der Professor attestiert dem Münchner islamischen Theologen Mohammad Khallouk, einem der Autoren des KRM-Gutachtens, eine „unwissenschaftliche, polemische und respektlose Vorgehensweise“ an den Tag zu legen.

Khallouk unterstelle Khorchide fälschlicherweise, die innerhalb der christlichen Theologie erprobte historisch-kritische Methode auf die Auslegung des Korans anzuwenden. Vielmehr lasse der Münsteraner Theologe literaturwissenschaftliche Ansätze von Gelehrten der sogenannten Ankaraner Schule einfließen, um ein wortwörtliches Verständnis des Korans zu überwinden.

In Kürze Gespräch der Universität mit den islamischen Verbänden

Auch der an der Heidelberger Universität promovierte Islamwissenschaftler und lutherische Pfarrer von Grub am Forst, Thomas Amberg, widerspricht den islamischen Verbänden. Zwar vertrete Khorchide eine Reformtheologie, die die Zeitbedingtheit koranischer Aussagen hervorhebe und vom konservativen wie sunnitischen Mehrheitsislam abweiche. Im Interesse eines „deutschen Islam“ sei das aber eine unumgängliche Herausforderung. Überdies darf nach Ansicht Ambergs Khorchide durchaus widersprochen werden – dies aber „innerhalb der Regeln des akademischen Diskurses mit angemessenen Mitteln“. Amberg: „Es darf nicht salonfähig werden, berufene Professoren islamischer Lehrstühle des Unglaubens zu bezichtigen oder mit fadenscheinigen Plagiatsvorwürfen zu schädigen.“

Den Fälschungsvorwurf erhoben allerdings nicht die Verbände, sondern der Freiburger Islamwissenschaftler Abdel-Hakim Ourghi. Amberg hält entschieden dagegen: Zwischen Khorchide und dem syrischen Reformdenker Muhammad Shahrour gebe es in keiner Weise eine literarische Abhängigkeit. Inhaltliche Ähnlichkeiten seien einzig darin begründet, dass beide gleiche Anliegen vertreten.

Wie der Streit um den ZIT-Leiter ausgeht, ist offen. In Kürze steht nach Aussage von Uni-Sprecher Norbert Robers ein Gespräch zwischen den Vertretern der islamischen Verbände mit Repräsentanten der Universität und des Landes Nordrhein-Westfalen an. (KNA/dtj)