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Politik

„Wir brauchen ein starkes Europa, aber keine Bürokratiemonster“

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Die CSU konnte 2013 in Bayern triumphale Wahlsiege verbuchen und auch den bevorstehenden Kommunal- und Europawahlen sieht die in Bayern seit Jahrzehnten dominante Partei mit Gelassenheit entgegen. Fraktionschef Kreuzer erklärt, warum. (Foto: B. Aydın)

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Thomas Kreuzer (CSU im Bayerischen Landtag)
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Seit 2013 ist Thomas Kreuzer Fraktionsvorsitzender der CSU im Bayerischen Landtag. Mit dem DTJ sprach er über die Bilanz der CSU nach den Wahlen des Vorjahres und die bevorstehenden Kommunal- und Europawahlen.

Herr Kreuzer, wir hatten im letzten Jahr zwei große Wahlen: Bayerische Landtagswahlen und Bundestagswahlen. Wie würden Sie die Wahl in Bayern interpretieren?

Die bayerische Landtagswahl war ein großer Erfolg für die CSU. Es ist uns gelungen, nach einer Periode in einer Koalition, wieder die Mehrheit der Menschen in unserem Lande von unserer Arbeit zu überzeugen. Wir werden aber deswegen nicht übermutig. Dort, wo die Opposition sinnvolle Vorschläge macht, werden wir natürlich auch vernünftig mit ihr zusammenarbeiten. Wir werden alles tun, um die vielfältigen Aufgaben in dieser Periode bestmöglich zu lösen. Damit Bayern sich weiter positiv entwickelt.

Welche Ziele hatten Sie denn noch?

Wir müssen in verschiedenen Bereichen aktiv werden, um das Land voranzubringen. Wir brauchen weiterhin eine gute wirtschaftliche Entwicklung.  Dazu müssen wir die Infrastruktur immer auf dem modernsten Stand halten und leistungsfähig ausbauen. Das gilt neben der klassischen Infrastruktur, wie beispielsweise Straßen, Schienen und Schifffahrtswege, gerade auch für den Breitbandausbau. Wir müssen dafür sorgen, dass jeder Bürger und jede Firma in Bayern möglichst bald über einen Zugang zum schnellen Internet verfügen. Das ist eine Kernaufgabe, die wir entschlossener als andere Länder angehen. Dafür stellen wir den Gemeinden und Landkreisen 1,5 Milliarden Euro zur Verfügung. Das Verfahren werden wir wesentlich beschleunigen.

Daneben müssen wir darauf drängen, das trifft in erster Linie die Bundesebene, dass die Energiewende weiter vorangetrieben wird. Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit der Energie sind unsere zentralen Ziele. Hier sind weitere Schritte notwendig, die gerade in der Politik diskutiert werden. Das sind zwei wichtige Bereiche neben innerer Sicherheit und Bildung. Diese Handlungsfelder bestimmen die Zukunft des Landes. Wir dürfen in der Bildungs- und Hochschulpolitik natürlich nicht nachlassen. Gut ausgebildete Menschen sind Voraussetzung für den wirtschaftlichen Wohlstand. Wir müssen auch genügend in die Forschung und den Technologietransfer investieren, denn die Forschungsergebnisse und modernste Techniken sind grundlegend für unseren Wirtschaftsstandort.

Weil das Thema Lehrerausbildung und Lehrereinstellungen sehr aktuell ist, möchte ich dazu eine Frage stellen: Im kommenden Schuljahr werden in Bayern ca. 800 Lehrer weniger eingestellt. Was sagen Sie dazu?

Die Zahl stimmt in der Summe nicht. Wir werden in dieser Legislaturperiode im Bildungssystem keine Stellen abbauen. Obwohl die Schülerzahlen zurückgehen, wollen wir die theoretisch frei werdenden Stellen im Bildungssystem belassen. So können wir Verbesserungen erzielen. Wenn ich sage das Bildungssystem, dann meine ich den Schul- und Hochschulbereich gemeinsam, denn sie beide zusammen ergeben unser Angebot an guter Bildung für unsere Kinder. Wir haben die Schwierigkeit, dass der Zugang zum Lehramtsstudium unbegrenzt ist und wir in bestimmten Fächerkombinationen mehr Studenten haben, als wir künftig Lehrer brauchen. Wir müssen überlegen, was wir bei der Lehrerausbildung noch besser machen können. Wir haben gleichzeitig mehrere Tausend Stellen in den Hochschulen neu geschaffen. Damit haben wir unser Wahlversprechen gehalten.

Wie war die Bundestagswahl für die CSU?

Es war ein spannender Wahlkampf und die Union hat sehr gut abgeschnitten, vor allem die CSU in Bayern. Wir konnten somit eine rot-rot-grüne Bundesregierung und einen völligen Kurswechsel vor allem in der Wirtschafts- und Finanzpolitik verhindern. Wir sind nun in der Großen Koalition. Dort konnten wir unsere Hauptforderungen durchsetzen: Erstens keine Steuererhöhung für die Menschen im Land, zweitens keine neue Verschuldung und drittens keine Vergemeinschaftung der Schulden anderer EU-Länder. Die Wirtschafts- und Finanzpolitik trägt die Handschrift der CDU/CSU, was die SPD vor der Wahl in diesem Bereich angedroht hat, konnten wir verhindern. Das ist wichtig für den zukünftigen Erfolg Deutschlands.

Was hat die CSU bei den beiden Wahlen zum Erfolg verholfen?

Ich glaube, wir waren als Partei bei den beiden Wahlkämpfen unserer Geschlossenheit wegen sehr erfolgreich. Die Menschen haben gerade im Freistaat gesehen, dass Bayern ein sehr erfolgreiches Land ist  – mit Wohlstand und sozialer Gerechtigkeit. Das liegt zum einen zum erheblichen Teil an den Leistungen der Menschen hier selbst. Die Wähler haben aber auch gesehen, dass eine gute Politik der CSU auch entscheidend zur guten Bilanz beigetragen hat. Sie haben uns wieder ihr Vertrauen geschenkt, da sie der CSU am ehesten zutrauen, dieses Land in eine gute Zukunft zu führen. Das ist für uns eine große Verantwortung. Wir werden alles tun, das Vertrauen der Wähler zu rechtfertigen.

Vor uns stehen noch Kommunal- und Europawahlen. Wie bereitet sich Ihre Partei auf diese Wahlen vor?

Umfragen haben ergeben, dass die Stimmung gegenüber der CSU in der Bevölkerung grundsätzlich sehr positiv ist. Das ist eine ausgezeichnete Grundlage, um auch in Zukunft erfolgreich zu sein. Bayern ist ein kommunalfreundliches Land. Der Freistaat gibt über acht Milliarden Euro an die Kommunen. Und zwar im großen Einvernehmen mit Kommunen, was Höhe und Verteilung betrifft. Dies ist eine gute Voraussetzung. Wir werden auch zukünftig kommunalfreundliche Landespolitik machen. Wir unterstützen natürlich unsere Kommunalpolitiker im Wahlkampf. In der Regel hängt der Wahlerfolg vor Ort auch sehr stark von den örtlichen Bedingungen ab.

Bei der Europawahl werden wir deutlich machen: Die CSU steht aus Tradition und Überzeugung zu Europa. Denn wir brauchen dieses geeinte Europa in einer globalisierten Welt mehr denn je. Einzelne Staaten können auf vielen Feldern Probleme nicht mehr alleine lösen. Auf diesen Feldern brauchen wir ein starkes und handlungsfähiges Europa. Wir sehen aber gleichzeitig, dass Europa nicht Themen an sich reißen darf, die besser in den einzelnen Staaten oder Regionen entschieden werden können. Wir brauchen keine zentrale Regelung, ob Ölkännchen im Lokal aufgestellt werden dürfen oder nicht. Das kann jeder einzelne Staat für sich regeln. Deshalb brauchen wir wieder eine Zurückverlagerung der Kompetenzen. Also wir brauchen ein starkes Europa, aber keine Bürokratiemonster. Wer Europa etwas Gutes tun möchte, der kämpft gegen Zentralismus, weil sonst die Akzeptanz in der Bevölkerung gegenüber Brüssel sinkt.

Herr Kreuzer, Sie haben im Landtag eine neue Aufgabe: Sie sind nun Fraktionschef der CSU. Was können Sie uns über Ihren neuen Posten sagen?    

Ich bin gerne Fraktionsvorsitzender. Der Fraktionsvorsitzende ist nicht Chef der Abgeordneten, sondern Primus inter pares (Erster unter Gleichen). Er leitet die Fraktion in den formellen Dingen. Er versucht auch, politisch inhaltlich voranzugehen. Er kann aber nur etwas durchsetzen, wenn er die Mitglieder der Fraktion hinter sich versammeln kann. Es ist ein ständiges Diskutieren, Werben in der Sache, um die entsprechende Mehrheit zu erringen. Er ist als Chef der Regierungsfraktion auch dazu da, die Zusammenarbeit mit der Regierung zu organisieren. Wir haben eine sehr konstruktive Zusammenarbeit. Dazu müssen sich die Regierung und die Fraktion regelmäßig abstimmen, um gemeinsam die politischen Probleme anzupacken. Das erwarten auch die Wähler von uns. Aber die Fraktion und der Fraktionsvorsitzender haben auch die Aufgabe, die Arbeit der Regierung zu kontrollieren.

Thomas Kreuzer, geboren am zehnten Jahrestag der Verkündung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland, nämlich am 23.5.1959, war vor seiner politischen Karriere Staatsanwalt und Richter am Landgericht seiner Heimatstadt Kempten. Im Jahre 1994 zog er erstmals ins Maximilianeum ein. Seit 2013 ist er CSU-Fraktionsvorsitzender im bayerischen Landtag.