Politik
Cumhuriyet: DİTİB-Imame spionieren für den Geheimdienst
Seit Jahren steht die Frage im Raum: Arbeiten türkische Imame in Deutschland für den MİT? Dahingehende Vorwürfe hat DİTİB stets vehement zurückgewiesen. Doch ein Artikel in der regierungskritischen Cumhuriyet scheint das jetzt zu belegen. Mitarbeiter der Religionsbehörde scheinen in großem Stil Anhänger der Gülen-Bewegung in Deutschland auszuspionieren und dem türkischen Geheimdienst zu melden.
Glaubt man einem Bericht der türkischen Tageszeitung Cumhuriyet, dann ist die staatliche Religionsbehörde Diyanet weniger ein Amt für Theologie, sondern vielmehr ein weiteres Instrument des türkischen Geheimdienstes. So habe Diyanet in einem offiziellen Schreiben alle ihre verbeamteten Mitarbeiter dazu verpflichtet, mutmaßliche Anhänger der Gülen-Bewegung und zugehörige Einrichtungen per Gutachten zu denunzieren und der Stelle für Außenbeziehungen der Diyanet zu melden.
Cumhuriyet-Journalist Mahmut Lıcalı zufolge wurden die Gutachten beim 9. Eurasischen Islamrat, der vom 09. bis zum 11. Oktober in Istanbul stattfand, den Präsidenten der Religionsämter verschiedener Mitgliedsländer vorgelegt, um eine internationale Bekämpfung von Anhängern des islamischen Gelehrten Fethullah Gülen zu gewährleisten. Obwohl die türkische Regierung mit Nachdruck darauf besteht, haben bisher nur wenige Regierungen ihre Haltung der Gülen-Bewegung gegenüber geändert.
Laut Cumhuriyet, die selbst erheblichen Repressalien vonseiten des türkischen Staates ausgesetzt ist, fanden sich in den besagten Gutachten sogar Fotos von Einzelpersonen und Listen von privaten Unternehmen, die man in irgendeiner Form mit der Gülen-Bewegung in Verbindung bringen könnte. Insgesamt seien in 38 Ländern etwa 50 solcher Gutachten entstanden, die unter anderem von den Imamen stammen, die von der Diyanet bezahlt werden. Von diesen sind auch knapp 1000 in Deutschland aktiv.
Cumhuriyet belegt die Behauptungen in ihrem Artikel mit authentischen Zitaten aus diesen Gutachten, in denen auch die Namen von DİTİB-Moscheen in Deutschland auftauchen. So schreibt ein „Religionsbeauftragter“, wie Diyanet-Imame offiziell heißen, der Zentralmoschee in Bergneustadt ausführlich: „In Bergneustadt im Oberbergischen Kreis, wo sich unsere Moschee befindet, ist die ‚Aktive Lernhilfe‘ die einzige Bildungseinrichtung der FETÖ (Abk. für ‚Fethullahistische Terrororganisation‘, die Bezeichnung der Regierung für die Gülen-Bewegung, Anm. d. Red.). Diese Einrichtung ist die Zentrale der PDY (Abk. für. „Parallelstaatstruktur“, eine andere regierungsamtliche Bezeichnung für die Gülen-Bewegung, Anm. d. Red.), von der auch sämtliche Spenden, Abonnements und Personalgewinnungsmaßnahmen ablaufen. Alle Mitglieder und Vorstandsmitglieder, die noch immer das Fortbestehen dieses zwieträchtigen Nestes ermöglichen und in engem Kontakt zu den hiesigen Behörden und Medien stehen und ihnen gegenüber unsere Moschee verleumden, gehören zu unserer Moscheegemeinschaft. N.S., Religionsbeauftragter der Zentralmoschee in Bergneustadt.“
Neben diesem listet Autor Mahmut Lıcalı in seinem Artikel fünf weitere Fälle auf und verdeutlicht, welche Rolle die Imame und Verantwortlichen der DİTİB im nachrichtendienstlichen Zusammenhang spielen. Für Cumhuriyet ist diese Veröffentlichung riskant: Das letzte Mal, als sie Machenschaften des türkischen Geheimdienstes aufgedeckt hat, ist ihr Chefredakteur im Gefängnis gelandet.