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Politik

Cumhuriyet: Zwei Jahre Haft für Charlie-Hebdo-Karikaturen

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Aus Solidarität nach dem Angriff auf die „Charlie Hebdo“-Redaktion veröffentlichten zwei türkische Journalisten eine Mohammed-Karikatur der Pariser Satire-Zeitung. Jetzt hat ein Gericht Gefängnisstrafen gegen sie verhängt.

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Wegen des Abdrucks einer umstrittenen Mohammed-Karikatur des französischen Satire-Magazins „Charlie Hebdo“ sind zwei Journalisten in der Türkei zu Haftstrafen verurteilt worden. Ein Gericht in Istanbul habe am Donnerstag je zwei Jahre Gefängnis gegen die Kolumnisten Ceyda Karan und Hikmet Çetinkaya verhängt, berichtete die „Cumhuriyet“. Karan und Çetinkaya schreiben beide für das regierungskritische Blatt und hatten die Karikatur in ihren jeweiligen Kolumnen dort verkleinert abgedruckt.

„Cumhuriyet“ berichtete, nach dem Urteil vom Donnerstag seien Nebenkläger im Gerichtssaal in „Allahu akbar“-Rufe ausgebrochen. Die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu meldete, das Strafgericht habe die Angeklagten unter anderem für schuldig befunden, über Medien zu Hass angestiftet zu haben. Vom Vorwurf, religiöse Werte öffentlich beleidigt zu haben, seien sie dagegen freigesprochen worden.

Anadolu meldete weiter, 1280 Nebenkläger hätten Beschwerden gegen die Kolumnisten eingereicht. Darunter seien zwei Kinder von Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan, Bilal und Sümeyye Erdoğan, sowie Sümeyye Erdoğans Ehemann Berat Albayrak. Dieser ist Energieminister im Kabinett Davutoğlu.

Symbol der Barmherzigkeit als Beleidigung interpretiert?

„Cumhuriyet“ hatte im Januar vergangenen Jahres Teile der ersten Ausgabe von „Charlie Hebdo“ nach dem Terroranschlag auf die Redaktion in Paris in einer eigenen Beilage nachgedruckt. Die umstrittene Karikatur – auf der ein weinender Prophet Mohammed unter der Überschrift „Alles ist vergeben“ ein „Je suis Charlie“-Schild hält – fand sich nicht in der Beilage, dafür aber in den Kommentarspalten im Blatt. Ministerpräsident Ahmet Davutoğlu hatte kritisiert, Meinungsfreiheit sei nicht die Freiheit zur Beleidigung.

Karans und Çetinkayas Anwalt Bülent Utku widerspricht den Vorwürfen strikt. Es habe sich um keine Beleidigung von Muslimen oder des Islams gehandelt, sondern um eine Stellungnahme gegen den Terrorismus. Der Prophet Mohammed werde nicht lächerlich gemacht, sondern als barmherzig dargestellt.

„Cumhuriyet“-Chefredakteur Can Dündar war erst am Montag wegen Beleidigung Erdoğans und mehrerer seiner Gefolgsleute zu umgerechnet rund 9000 Euro Geldstrafe verurteilt worden. Dündar und „Cumhuriyet“-Hauptstadtbüroleiter Erdem Gül droht in einem anderen Verfahren lebenslange Haft unter anderem wegen angeblicher Unterstützung einer Terrororganisation.

Auf der in der vergangenen Woche veröffentlichten Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen (ROG) liegt die Türkei nur noch auf Rang 151 von 180 Staaten. Sogar Russland schneidet in diesem Jahr besser ab. ROG begründete den schlechten Platz der Türkei unter anderem damit, dass „kritische Journalisten mit Klagen überzogen“ würden. Erdoğan weist Kritik am Zustand der Pressefreiheit in seinem Land regelmäßig als unbegründet zurück, die Türkei habe „die freieste Presse der Welt“. (dpa/ dtj)