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Gesellschaft

Schächtverbot in Dänemark: Muslime und Juden reagieren gelassen

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Die muslimischen und jüdischen Gemeinden Dänemarks reagieren großteils gelassen auf das Verbot der rituellen Schlachtung ohne Betäubung. Kritiker sehen in der Regelung jedoch populistische Symbolpolitik auf Kosten von Minderheiten. (Foto: zaman)

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Kühe in eine Schächtungsanlage.
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Das kürzlich verabschiedete Schächtverbot in Dänemark hat nach Aussage eines Islamvertreters keine Auswirkungen für die Muslime. Die islamischen Geistlichen in Dänemark hätten schon vor Jahren entschieden, dass auch Fleisch von unter Betäubung geschlachteten Tieren als religiös erlaubt betrachtet werden könne, sagte Imam Khalil Jaffar vom Islamischen Kulturzentrum in Kopenhagen dem arabischen Sender Al Dschasira am Dienstag. Die Gesetzesänderung habe jedoch zu Nachfragen von Muslimen aus dem Ausland geführt, so Jaffar.

Auch ein Vertreter der kleinen jüdischen Gemeinschaft in Dänemark äußerte sich gelassen über das Schächtverbot. Bereits jetzt deckten jüdische Dänen ihren Bedarf an koscheren Fleischprodukten durch Einfuhren aus dem Ausland, sagte der Vorsitzende des Jüdischen Gemeindezentrums in Kopenhagen, Finn Schwarz, dem Sender. Er kritisierte die dänische Regierung aber dafür, die Änderung auf einem „nichtdemokratischen“ Weg eingeführt zu haben.

Dänemark verlangt, dass Schlachttiere vor der traditionellen Schächtung betäubt werden. Landwirtschaftsminister Dan Jorgensen sagte zur Begründung, Tierrechte kämen vor der Religion. Die jüdische wie islamische Schlachtpraxis sieht vor, dass den Tieren unbetäubt mit einem Schnitt die Kehle durchtrennt wird, damit sie vollständig ausbluten.

Dänemark ist nicht das einzige Land in Europa mit einer restriktiven Gesetzgebung hinsichtlich des Schächtens. Bereits 2013 wurde bereits in Polen ein ähnliches Gesetz verabschiedet.

Reizthema für Populisten

Die Regelung in Polen hatte zu heftigeren Reaktionen geführt. Die Abstimmung sei ein „offener Anschlag auf die religiöse Tradition des jüdischen Volkes“, hatte das israelische Außenministerium damals in einer Erklärung verlauten lassen. Die Geschichte Polens sei mit der Geschichte des jüdischen Volkes verflochten, und die Entscheidung behindere die Wiederbelebung jüdischen Gemeindelebens. Ein Gesetz von 1997 erlaubt den jüdischen Gemeinden dort jedoch die „Versorgung mit koscheren Lebensmitteln“. Und die Mehrheit der Muslime akzeptiert auch dort das Schächten zuvor betäubter Tiere.

In Deutschland ist das Schlachten von Wirbeltieren ohne vorherige Betäubung zwar grundsätzlich verboten, es gibt jedoch Ermächtigungen zur Erteilung von Ausnahmegenehmigungen gegenüber spezialisierten halal-Schlachtereien, von denen auch vielfach Gebrauch gemacht wird. In Österreich müssen Tiere spätestens unmittelbar nach dem Schächtschnitt betäubt werden.

In manchen europäischen Ländern gilt die rituelle Schlachtung als Reizthema, auf dem vor allem links- und rechtspopulistische Parteien ihre Kampagnen aufziehen. Der Effekt einer restriktiven Gesetzgebung zum Schächten ist im Regelfall ein Absatzeinbruch heimischer Fleischproduzenten, parallel zu einer Steigerung koscher oder halal hergestellter Fleischimporte. (KNA/dtj)