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Gesellschaft

Abgeschoben, weil „nicht gut genug integriert“

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Laut einer dänischen Studie sind die türkischen Einwanderer trotz der Tatsache, dass sie die größte Minderheit in Dänemark bilden, dennoch nicht vollständig in die dänische Gesellschaft integriert. Ein Abschiebefall sorgt für Aufsehen. (Foto: cihan)

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Die Einstellung einer nicht unerheblichen Zahl türkischer Einwanderer zur Hochschulbildung könnte eine Erklärung dafür sein, warum deren Integration in die dänische Gesellschaft immer noch zu wünschen übrig lässt. Einer Studie von Statistic Denmark vom Jahr 2013 zufolge seien Kinder von türkischen, libanesischen, marokkanischen und jugoslawischen Migranten sehr schlecht gebildet und würden auch auf dem Arbeitsmarkt schlechter abschneiden.

Etwa 25% der Menschen mit türkischem Hintergrund im Alter von 20-24 Jahren sind arbeitslos oder streben eine Hochschulbildung an, wohingegen es den Anschein hat, als ob Einwanderer aus Vietnam, Sri Lanka und Iran hierin besser abschneiden würden.

Als Dänemark in den 1960ern bis 1970ern seine Grenzen für die ausländischen Arbeitskräfte öffnete, erhielten viele Einwanderer, besonders die türkischen, eine Arbeitsgenehmigung.

Einwanderung und Integration als Aufgabe

Doch die „Gastarbeiter” wurden, ähnlich wie in Deutschland, dauerhaft sesshaft. Viele entschieden sich dazu, entweder eine unbefristete Aufenthaltsgenehmigung oder die dänische Staatsbürgerschaft anzunehmen. Unter ihnen befanden sich dem Ministerium für Soziales, Kinder und Integration zufolge exakt 60.672 türkische Einwanderer.

Unter den in Dänemark ansässigen und wenig integrierten Einwanderergruppen schneide diejenige türkischer Herkunft aber immer noch am besten ab, sagt Mehmet Ümit Necef, ein Soziologe und Associate Professor an der University of Southern Denmark, in einem Interview mit Sunday’s Zaman. Insgesamt sei das Level diesbezüglich „angemessen und akzeptabel”.

Arbeitsmoral vorbildlich

Necef bemerkte, dass, obwohl Dänemark freie universelle Bildung anbiete, viele türkische Einwanderer sich für den schnelleren Weg entscheiden, um Geld zu verdienen. „Sie machen eine völlig statistische Wahl. Sie treffen ihre Entscheidungen basierend darauf, was in ‚schnellem Geld‘ resultiert. Viele von ihnen möchten sich nicht um ein Studium kümmern, das ihnen im Nachhinein keinen Job garantiert. Gleichzeitig können wir nicht ausschließen, dass, wenn es um Arbeit geht, das Verständnis und der Arbeitssinn der Türken im Vergleichen zu anderen Minderheiten ausgeprägter ist.”

Die steigende Anzahl an türkischen Geschäften in Dänemark von Möbeln bis hin zu türkischen Supermärkten sei ein Beispiel dafür. Yıldız Akdoğan, eine dänisch-türkische Politikerin, stimmt ebenfalls zu, dass türkische Einwanderer im Arbeitssektor besser abschneiden als im Bildungssektor. Gleichzeitig übt sie Kritik am Begriff „Integration”. In den gesellschaftspolitischen Debatten sei er oft missbraucht und missverstanden worden. „Ich mag das Wort nicht. Viel wichtiger ist mir, wie aktiv und partizipativ jemand am Leben der Community teilnimmt, in welcher er lebt.“

Abgeschoben, weil „nicht gut genug integriert“

Würde man dies zum Maßstab machen, würde sich die Frage stellen, was mit der 18-jährigen Songül Yüksel geschehen ist, einer türkische Einwandererin, die vor viereinhalb Jahren nach Dänemark gekommen war. Obwohl sie zu den Klassenbesten auf der Mittelschule gehört und fließend Dänisch spricht, wird sie am Ende des Monats in die Türkei abgeschoben. Dänische Behörden meinten, sie wäre „nicht gut genug integriert“. Songül, die bei ihrem Vater lebt, sah sich auch selbst in einem Gespräch mit der Zeitung „Politiken“ als Beispiel für gute Integration: „Ich möchte die Dänische Einwanderungsbehörde fragen, auf welche Weise man sonst integriert sein soll? Ich bin integriert. Meine Schwester und ich gehen zur Schule und nehmen am gesellschaftlichen Leben teil. Dass wir nicht integriert sein sollen, ist eine Schutzbehauptung. So etwas ist schrecklich und passt nicht zu Dänemark, das eine funktionierende Demokratie ist.“

Eines scheint jedenfalls festzustehen: Je nachdem, wen man fragt und was dieser darunter versteht und welche Werte er teilt, wird unter Integration etwas anderes verstanden. Nach Necefs Umschreibung erfolgreicher Integration wäre Songül ein perfektes Beispiel dafür. „Integration ist erfolgreich, wenn dein kultureller Wert kein anderer ist als jener der Mehrheit.“ Andere sehen es als entscheidend, dass man keine Bürde für die Gesellschaft sein soll. Der als „Hardliner“ bekannte frühere Einwanderungsminister Bertel Haarder meinte auf die Frage, was die perfekte Kombination für eine erfolgreiche Integration wäre: „Arbeite, arbeite, arbeite. Es gibt dir Selbstwertgefühl und Integration.“