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Wie Mimar Sinan sein unübertreffliches Genie unter Beweis stellte

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Istanbul 1565:

Bereits 100 Jahre nach der Eroberung durch die Osmanen wurde Istanbul in eine Stadt umgewandelt, in der aus fast jedem Winkel imposante Minarette in den Himmel ragten. Diese überschatteten die Kuppeln und die Höfe der Moscheen. Hinter jeder Moschee war zudem eine andere Geschichte verborgen, die die Passanten und Besucher dazu einlud, nicht nur die steinernen Fassaden und die Ornamente zu bestaunen, sondern vielmehr diese Geschichten zu lesen.

Sowohl die mächtigen Herrscher als auch die wohlhabenden Menschen im Reich ließen vielerorts neben Gebetshäusern auch Basare, Stiftungen und Brunnen errichten. So auch die Sultanstochter Mihrimah. Sie war darauf bedacht, von ihren eigenen Ersparnissen eine Moschee bauen zu lassen. Dazu beauftragte sie den höfischen Baumeister Sinan. Den Ort, an dem die Moschee angebracht werden sollte, überließ sie dem alten Künstler.

Er wiederum ließ die Türme dieser Moschee im asiatischen Stadtteil Üsküdar in den Himmel aufsteigen. Unmittelbar am Ufer des Bosporus winkten jene Türme und die Kuppel dieses Baus den Ruderern zu, die ihre Fahrgäste auf ihren Barken beförderten.

Siebzehn Jahre später sollte nun eine zweite Moschee folgen. Der Großzügigkeit und Wohltätigkeit dieser Sultanstochter waren keine Grenzen zu setzen. Also suchte sie erneut Meister Sinan auf. Der inzwischen 76-jährige Mann zeigte keinerlei Altersschwäche und baute ein Großprojekt nach dem anderen. Je mehr er baute, desto mehr überkam ihn die Wonne, noch grandioser und komplexer zu bauen. Denn in jedem seiner Bauten waren Details versteckt, die er in keinem anderen Bau verwendet hatte. Allein diese Vielfalt und Reichhaltigkeit zeigte schon das Genie dieses Mannes.

So suchte er sich einen geeigneten Platz für den zweiten Auftrag der Tochter Sultan Sulaimans aus und entschloss sich, im europäischen Teil der Stadt im Viertel Edirnekapı zu bauen.

Nachdem die zweite Moschee allmählich Konturen annahm, ließ sich die Sultanstochter auf die Baustelle kutschieren, um sich die Arbeiten vor Ort anzuschauen und vom Baumeister zu erfahren, warum er sich ausgerechnet diese beiden Orte ausgesucht hatte. Daraufhin bat Sinan sie, am Frühlingsfesttag Nouruz kurz vor Sonnenuntergang mit ihm hierher, nach Edirnekapı zu kommen.

Mihrimah tat wie befohlen, folgte an jenem Tag dem Baumeister und stellte sich im Hof der Moschee in Edirnekapı ihm gegenüber. Sinan bat Mihrimah, nach Üsküdar zu schauen. Aus dem Hof der Moschee sah sie ihre erste Moschee, die sie am anderen Ufer bereits vor Jahren erbauen ließ. Dann zeigte Sinan auf die Sonne, die hinter den Türmen der zweiten Moschee unterging, in deren Hof sie sich gerade befanden. Während die Sonne über ihren Köpfen unterging, ging über der ersten Moschee bereits der Mond auf. Dieses Spektakel sei nur am Nouruz-Tag zu besichtigen, erklärte Sinan. Mit diesem fabelhaften Ereignis bewunderte Mihrimah auch die unübertreffbare Intelligenz dieses Mannes. Denn ihr Name bedeutet auf Persisch „Sonne und Mond“.