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DTJ-Blog

Denn wir wissen nie, was die Wellen des Lebens mit sich bringen

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„Menschen führen Menschen zum Licht, zu einem neuen Lebensstil: Menschen, die sich befreien lassen von Habsucht und Hass. Menschen, die nicht länger an Gewehrläufe glauben. Menschen, die mit wenig zufrieden sind und die Zeit für Dinge haben, die kein Geld bringen. Menschen, die keinen Palast brauchen, um prächtig zu leben, und kein dickes Portemonnaie, um gemeinsam Feste zu feiern. Menschen, die Blumen sehen, die Vögel zwitschern hören, die wie ein Kind spielen und in einem Sessel einschlafen können. Liebe Menschen mit viel Licht in Häusern, in Dörfern und Städten.“ – Phil Bosmans

Liebe Leserin, lieber Leser, keine Sorge. Ich erzähle dir jetzt eine Geschichte, nur die Wahrheit. Ich werde dir keine Lügengeschichten erzählen, nur damit am Ende alles gut da steht. Ich werde dir nur erzählen, wie das alles passiert ist.

Yunus:

In der Grundschule in der zweiten Klasse sagte mir meine damalige Klassenlehrerin, dass ich ein Lernproblem hätte und ich in einer anderen Schule bzw. Sonderschule besser aufgehoben wäre. Ich verstand dies damals nicht und war nicht mündig genug, um mich dagegen zu wehren. In dieser Grundschule war es Gang und Gäbe, dass man Menschen mit Migrationshintergrund in die Sonderschule schickte, weil man sie für vermeintliche Lernunfähige hielt. Diese Schule wollte auch meine kleine Schwester in die Sonderschule schicken. Und jetzt vor kurzem machte sie ihre Hochschulreife mit einem guten Durschnitt. Es war letzten Endes mein Vater, der diesem Schwachsinn, der seines gleichen sucht, damals mit aller Härte Widerstand leisten musste und mich vor dieser Inkompetenz und der seelischen Zerstörung durch diese Lehrer rettete.

Schon als kleiner Junge zerbrach mein Traum. Nach der Grundschule bekam ich wie erwartet eine Empfehlung für die Hauptschule und besuchte diese. Als ich in der fünften Klasse war, dauerte es nicht lange, dass ich mir in der Schule und der Lehrerschaft einen Namen machte als Raufbold, der nicht zu zähmen ist. Als ich in die sechste Klasse kam, beschloss man, mich in die Parallelklasse bzw. einem anderen Lehrer zu übergeben. In die Klasse von Andreas Huth. Wahrscheinlich, weil ich es sehr gut verstand, Menschen bzw. in diesem Fall eine ganze Klasse für meine Zwecke zu manipulieren und Lehrer bis zur Weißglut zu provozieren. Man erhoffte sich Besserung. Er war neu als Lehrer und es war seine erste Klasse. Er war ein Lehrer mit Leidenschaft. Man sah ihm an, dass er mit Herzblut unterrichtete. Aber auch diese Tatsache änderte nichts daran, dass ich immer aus der Reihe tanzte. Ich hatte einfach keine Lust, mich an Regeln zu halten und definierte meine Anerkennung über Klassenbucheinträge und Klassenkonferenzen. Von der fünften bis zu neunten Klasse gab es keine Woche, in der mein Name im Sekretariat nicht erwähnt wurde. Meine Erfahrung in der Grundschule sagte mir, dass alle Lehrer Rassisten sind und nur die harte Tour mir als einzige Alternative dient.

Ich war dieser Art von Junge der sich nicht an Regeln halten wollte, weil er glaubte, er sei besser als alle anderen und Regeln eigentlich dazu da waren, um mich vom Erfolg und vom Leben abzuhalten. Dieser Art von Junge, der seine Zeit lieber mit Vandalismus, Einbruch und Schlägerei verbrachte statt mit Unterricht und Bildung. Dieser Junge, der mit Freunden lieber Partys besuchte, nachts die Straßen in den Großstädten unsicher machte, Playstation bis zum Morgengrauen zockte, die Schule schwänzte, weil er manchmal wochenlang mit seiner Clique deutschlandweit unterwegs war statt an die Zukunft zu denken und einen Abschluss anzustreben. Ich war kein dummer Schüler, ganz im Gegenteil. Aber es war selbstverständlich und erstrebenswert, der Alptraum aller Pädagogen und immer auf der Suche nach dem nächstbesten Ärger mit der nächstbesten Person zu sein. Die ganze Lehrerschafft hegte großen Groll und wollte mich weg haben, was ich ihnen rückblickend betrachtet noch nicht mal besonders verübeln kann. Ich verdiente es nämlich. Und wie ich es verdiente. Jedoch bekam ich, im Gegensatz zu vielen anderen, die nicht so viel Glück hatten, eine Chance nach der anderen, obwohl ich jede Woche kurz vor dem Rauswurf stand. Es ist mir bis heute unbegreiflich, wie ich es geschafft habe, einen Abschluss zu erreichen. In diesen fünf Jahren dieser Hauptschule wachte ich jeden Morgen mit dem Gedanken auf, heute von der Schule zu fliegen. Aber dieser Tag, dieser Tag, auf den ich wahrscheinlich auch noch stolz gewesen wäre, kam irgendwie nicht. Wieso nicht?

Es war Herr Huth. Mein Klassenlehrer. Der, der die ganze Unerträglichkeit meines stümperhaften Verhaltens in diesen Jahren verkraftete und mich nicht fallen ließ. Ich weiß nicht, wieso er es nicht tat, aber aus irgendeinem Grund tat er es nicht. Ich machte mich immer lustig über ihn und schenkte ihm nie die Beachtung und den Dank, den er wahrlich verdient hatte. Er brachte die ganze Lehrerschaft gegen sich auf und nahm mich immer unnachgiebig in Schutz. Er tat dies jedes Jahr, jeden Monat, jede Woche, jeden Tag, bei jeder Klassenkonferenz, die meinetwegen einberufen wurde, bei jedem Streit mit jedem Lehrer, der wegen mir entstand, bei jeder Auseinandersetzung mit dem Rektor, der wegen mir geführt wurde, bei jedem Elternteil, dem ich dem jeweiligen Sohn den Hintern versohlte oder mobbte. All das nahm er sich all diese Jahre auf sich auf. Ich frage mich bis heute, warum er das tat. Vielleicht gab es da etwas, woran er glaubte und unzerstörbar daran festhielt, vermutlich war er dieser Art von Lehrer, der überzeugt davon war, das jeder Schüler etwas Besonderes in sich trägt und es nur gefunden, beschützt und gefördert werden musste. Vielleicht sah er etwas in diesem Jungen, der gegen alles und jeden rebellierte, der sich ihm in den Weg stellte und keinem Konflikt aus dem Weg ging. Möglicherweise war er sich aber auch der Tatsache bewusst, dass ein Rauswurf das schlimmste für meine Zukunft wäre, was mir passieren konnte. Ich weiß es nicht. Aber eins weiß ich inzwischen: Für mich war, ist und bleibt er für immer der großartigste und beste Lehrer der Welt.

Gefängnis ! 

Ich wuchs mit drei älteren Brüdern auf und bei ihnen hieß es immer „Lern schnell“ oder „Hau ab“. Ich kann nicht sagen, dass es unbedingt eine falsche Erziehung war, weil sie es nur gut meinten und mich nur auf die Realitäten des Lebens vorbereiten und abhärten wollten. Mit siebzehn verlor ich einen Bruder durch Drogen und verfiel mehr dem Sog des Verbrechens und des Aufständischen. Es stürzte mich in tiefe Trauer und Wut. Ich hatte zu der Zeit einen explosiven Gemütszustand, der aus Kummer und Zorn gemixt war. Ich war wütend zu glauben, das alles im Leben, das einem begegnet, nichts weiter als eine riesige Mauer ist, die du nur einreißen kannst, wenn du gefühlslos genug in dieser rücksichtslosen Welt bist. Dass nur die Gnadenlosen auf aufrechten Beinen stehen und nur die Harten in den Garten kommen.

Ich sah Mitleid und Toleranz als Charakterdefizit an und etwas, das man sich in dieser verlogenen und boshaften Welt nicht erlauben konnte, wenn man über die Runden kommen wollte. Ich hatte das Gefühl, dass ich vom ganzen Universum zum persönlichen Feind erklärt wurde und dem ich die Stirn bieten wollte, weil ich musste. Ein Feind, der dabei eigentlich nie existiert hat und ich ihn mir selbst nur einbildete. Denn in Wirklichkeit war ich mein eigener größter Feind. Eines der genialsten Schachzüge des Teufels ist es, dich glauben zu lassen, Er wäre Du. Das Resultat: Ich begang viele Dummheiten und landete mit Anfang achtzehn und mehreren alten Freunden sogar im Gefängnis. Es war zur Auseinandersetzung mit der Polizei gekommen. Zu viert traktierten sie mich mit Schlagstöcken und Fußtritten bei einer Feier, auf der alles außer Kontrolle geriet. Halb tot und blutüberströmt beförderten sie mich bewusstlos ins Krankenhaus. Ich verbrachte eine Woche auf der Intensivstation. Sie brachen mir zwei Rippen, das Nasenbein, den Unterarm, demolierten mir das Gesicht. Mein Oberkörper, insbesondere mein Rücken, war übersät mit Prellungen.

Vor Gericht – sie hatten sich vorher offenbar sehr akribisch abgesprochen – tricksten mich die Polizisten skrupellos aus. Sie drehten die ganze Sache um einhundertachtzig Grad und machten auf einmal den Jäger zum Gejagten. Meine jugendliche Naivität gepaart mit Überheblichkeit und Vorstrafen spielten ihnen vor Gericht in die Hände. Die ahnungslose, verbitterte Richterin fiel darauf hinein und gab mir zwei Monate Gefängnis, Anti-Gewalt-Training und 80 Sozialstunden. Ich war unschuldig, ich weiß, dass das jeder von sich behauptet, der verurteilt wird, aber ich war es wirklich. Jedoch war ich ausgerechnet und eigenartigerweise hier irgendwie nicht wütend. Ich weiß, dass es sehr absurd klingt, aber auf unerklärliche Weise war ich erleichtert. Ich glaube dass mein tiefes Inneres wusste, dass meine Anschauung auf die Menschen und die Welt verkehrt ist und nicht meiner Natur entspricht, und das Gott mich für all die vielen Ungerechtigkeiten, den ich anderen Menschen angetan hatte, wohlverdient bestrafte und mir damit sagen wollte, dass ich den falschen Pfad eingeschlagen habe. Vielleicht habe ich einfach nur auf diesen Tag gewartet, um eine Art Bestätigung zu bekommen.

Kurz bevor ich im Gefängnis landete, hatte ich mich damals auch in eine junge Frau verliebt. Sie war für mich unerreichbar. Sie war intelligent und kannte sich mit Philosophie und Politik aus, ich hingegen war nur ein 1,90 großer, dickköpfiger Kanake mit einer Riesenschnauze, der die Straßen in seinem Ghetto wie die Linien auf seiner Hand kannte und dessen einzige positive und legale Betätigung allein aus Fußball bestand. Sie und ihre Freunde waren beliebt, ich und meine definierten ihren gesellschaftlichen Status anhand der Vielzahl ihrer Feinde. Sie war wunderschön, ich war stolz auf die Narben auf meinem Körper, die ich mir bei unzähligen Schlägereien zugezogen habe. Es dient doch in der Tat einer gewissen Ironie und Idiotie, was ja auch in gewisser Weise in der Natur des Mannes liegt, zu glauben, dass etwas Unerreichbares auch erreichbar ist. Als ich dann im Gefängnis zum ersten Mal diese kleine Zelle betrat und da stand, der Wärter hinter mir die Tür verriegelte, der Gestank des Raumes mich überkam, ich die verfilzte Matratze, auf der ich schlafen musste, sah, erkannte ich, dass ich geradewegs alles Menschenmögliche getan hatte, um mir das ganze Leben tief im Ruin zu begraben.

Dann… spürte ich etwas, was ich in meinem Leben vorher noch nicht so richtig kannte… Ich bekam Angst. Zum ersten Mal in meinem Leben hatte ich fürchterliche Angst. Ich hatte Angst um mich. Ich hatte Angst um mich und meine Zukunft. Es war niemand mehr da, der mir in dieser Situation beistehen konnte. Kein Vater, der nun mal nichts mehr tun konnte, weil niemand über dem Gesetz steht. Meine Mutter, die nicht zu mir konnte, um mir die Angst zu nehmen. Kein Herr Huth, den ich nicht mehr als Lehrer hatte, um mich zu beschützen. Dieser große, sportliche Kerl, für den ich mich hielt, war auf einmal vollkommen ausgeliefert und hilflos… Ich war machtlos…auf der ganzen verdammten Scheiß Linie.

Denken !

„Weißt du, warum Menschen die im Gefängnis sitzen, aufhören, ein aufrichtiges Leben zu führen? Sie hören auf aus Scham. Wie bin ich hier hineingeraten? Wie konnte mir das nur passieren? Sie akzeptieren ihr Schicksal und die negativen Eigenschaften ihrer Persönlichkeit. Dann sitzen sie da und lassen sich und ihr Leben aus Scham dahinvegetieren. Weil sie das einzige, was sie hätte retten können, nicht getan haben: Denken.“

Die Worte meines Gefängnisdirektors waren aufrichtig und schwermütig. Auf meine Aussage hin, dass es mit mir sowieso vorbei ist, war das wahrscheinlich die beste Antwort, die man geben konnte. Wir führten viele tiefgründige Gespräche miteinander und witzige Unterhaltungen. Stundenlang. Manchmal in seinem Büro bis in tief in die Nacht. Er war die exakte Kopie von Chuck Norris. Er war ein kräftiger und lustiger Kerl und mochte mich. Ich vertraute ihm. Er brachte sogar einmal Ayran mit, was er selbst sehr witzig fand und worüber wir uns köstlich amüsierten. Er erzählte mir von seinen Lebenserfahrungen und seinen Erlebnissen in Afrika. „Die Menschen wissen die einfachsten Dinge im Leben nicht zu schätzen mein Junge. Wenn du irgendwann mal die Möglichkeit bekommst, Afrika zu bereisen, dann wirst du wissen, was ich meine“.

Ich hatte schon immer eine Affinität zu Afrika. Schon als kleiner Junge hat mich dieser Kontinent fasziniert. Deswegen war es auch sehr erstaunlich und interessant, dass er ausgerechnet Afrika erwähnte. „Du bist noch jung und hast das ganze Leben noch vor dir, denk über meine Worte und dein Leben nach“. Seine Worte stärkten meine Moral. Es ist verrückt, aber offenbar musste ich erst viele Stunden mit einem sympathischen Gefängnisdirektor verbringen, der mich in einer Zelle bewahrt, damit ich ansatzweise überhaupt auf die Idee kam, über meine Zukunft nachzudenken. Aber genau das tat ich. Ich dachte nach. Über alles Mögliche. Ich dachte über meine Familie nach. Über meinen verstorbenen Bruder. Den Menschen, den ich schlechtes angetan hatte, die Verbrechen, die ich begangen hatte, ich dachte über Bildung nach, aber die meiste Zeit dachte ich an das Mädchen, in das ich mich verliebt hatte.

Ich war verliebt. Verliebt sein war ein schönes Gefühl. Es erfüllte mein Herz mit Glückseligkeit. Der Gedanke an sie half mir in solch einer schwierigen Lage und zauberte mir den ganzen Tag ein Lächeln ins Gesicht. Die Liebe driftete mir aus den Augen. Wie arm doch die Menschen sind, die noch nie verliebt waren. Was denkt ihr, wenn ich euch sage, dass ich wegen der Liebe zu einer Frau ein besserer Mensch werden wollte?

Nachdem die Sommerferien vorbei waren und ich aus dem Gefängnis entlassen wurde, ging ich direkt nach meinem Hauptschulabschluss auf die Berufsschule. Ich fing an. mich zu disziplinieren und mir eine Hochschulreife als Ziel zu setzen. Ich dachte mir, ich versuche es einfach und gucke, bis wo ich komme. Ich organisierte mit meinem damaligen Englischlehrer ein Entwicklungshilfeprojekt in Kenia, an dem zweiundzwanzig Personen teilnahmen. Wir bauten erfolgreich eine Schule und es waren die bedrückendsten, aber auch die schönsten und lehrreichsten Tage unseres Lebens. Nach dieser Reise sah ich die Welt mit anderen Augen. Ich wusste, was wahrhaftig Armut und Schmerz bedeutet und lernte Tugenden wie Bescheidenheit kennen. Ich fing an, Bücher zu lesen, meinen Wortschatz und meine Sprachkenntnisse zu erweitern. Ich erkannte in mir eine Fähigkeit, die nur die wenigsten Schüler besaßen. Ich konnte im Unterricht hochkomplexe Thematiken viel schneller und besser verstehen als die meisten anderen. Vielleicht war auch genau das mein entscheidender Vorteil. Die Lehrer sahen dieses Talent und unterstützten mich. Ich machte meinen Realschulabschluss und ging mit Empfehlung auf ein Gymnasium für Hochbegabte. Ich entwickelte einen unbändigen Wissensdurst, der nur durch Bücher zu zügeln war. Ich lernte neue Menschen und Freunde kennen. Hörte auf mit den alten Gewohnheiten und kam meiner Religion wieder näher. Ich schaffte es, eine Hochschulreife mit einem Einser-Durschnitt zu machen.

Und heute?

Heute studiere ich an einer Exzellenzuniversität und bin dabei, meine Bachelor-Arbeit zu schreiben. Es war nicht einfach, und die meiste Zeit war ich quasi obdachlos und hatte so gut wie nie Geld in der Tasche. Aber den Traum, den ich als kleiner Junge hatte – ich bin dabei, mir ihn zu erfüllen. Ich bin dabei, meinen Vater stolz zu machen. Es heißt, wer den Traum eines Menschen stiehlt, gibt ihm den Tod… Es klingt alles so surreal, wenn ich heute zurückblicke. Aber wenn mich mein Vater damals nicht vor den Lehrern der Grundschule gerettet hätte, Herr Huth nicht verhindert hätte, dass ich von der Schule fliege, ich damals, so dämlich es auch klingen mag, nicht im Gefängnis gelandet wäre und die Gespräche mit dem Direktor geführt hätte, die Sonne und die Menschen Afrikas nicht gesehen und kennengelernt hätte und mich nicht in eine junge Frau verliebt hätte; dann hätte ich wahrscheinlich heute keinen Hauptschulabschluss, keinen Realschulabschluss, kein Abitur, ich hätte mich nicht verliebt, würde keine Universität besuchen, würde kein aufrichtiges Leben führen, ich hätte wahrscheinlich nicht mal diese Geschichte geschrieben und ihr hättet es nie gelesen. Es ist alles so unglaublich verrückt, lustig und glückselig. Dass manchmal das ganze Leben eines Menschen auf eine irrwitzige Entscheidung hinausläuft. Wahrlich, Zeit, Ort, Menschen und Schicksalsschläge sind zweifelsohne die interessantesten und verrücktesten Phänomene des Lebens. Ich bin so unglaublich glücklich und unfassbar dankbar. Ich bedanke mich bei meinem Vater und meiner Mutter, die mich immer unterstützt haben, ich bedanke mich bei meinem Lehrer Herrn Huth, der mich immer beschützt hat, ich bedanke mich bei meinem Gefängnisdirektor für die vielen wunderbaren Weisheiten des Lebens, ich bedanke mich bei der Frau, die mein Herz mit Liebe füllte und mir das Lächeln beibrachte, auch wenn am Ende nichts daraus wurde. Ich danke Gott für diese Menschen. Diesen Menschen, die das Salz der Erde sind, der Wind unter unseren Flügeln, die Luft, die wir Atmen; sie sind das Blut, das durch unsere Adern fließt. Euch allen, von ganzem Herzen: Danke!

Ich verspreche ihnen, ein guter Mensch zu sein und das, was sie für mich getan haben, nicht bereuen lassen werde. Ich verspreche ihnen, dass ich alles in meiner Macht Stehende tun werde, um diese Welt zu einem besseren Ort zu machen. Ich verspreche ihnen, dass ich das, was sie für mich getan haben, doppelt und dreifach den Menschen zurückgeben werde.

Ich teile meine Geschichte mit euch, weil ich das große Bedürfnis hatte, mein Glück im Unglück mit euch zu teilen. Ich wollte Vergangenheit erzählen, damit für mich Vergangenheit Vergangenheit bleibt. Ich hatte das große Bedürfnis, das, was andere Menschen für mich getan haben, euch zu erzählen. Ich möchte Offenheit zeigen, weil Offenheit Vertrauen schafft. Aber ich möchte vor allen Dingen auf etwas ganz bestimmtes hinaus: Ich möchte allen Lehrern, Pädagogen, sozial Engagierten, Politikern, Richtern, Geistlichen; Menschen dieses Landes, das wir doch alle so sehr lieben, sagen:

Wenn einer wie ich es schaffen kann, dann kann es jeder schaffen! Es gibt so viele junge Menschen, die so viel besser sind als ich. Die mehr Glück verdient haben als ich. Lassen Sie keinen Menschen fallen. Geben Sie niemals die Hoffnung auf. Versuchen Sie das Beste aus unseren Kindern rauszuholen. Es sind auch Ihre Kinder. Folgen Sie Ihrem inneren Ruf und hören Sie auf Ihr Herz. Sie sind die Zukunft dieses Landes. Nehmen Sie die Flüchtlinge, die vor Tod und Leid fliehen und vor den Toren der Freiheit und des Friedens warten, in ihre Obhut. Beschützen Sie den vorbestraften Jungen mit Migrationshintergrund im Klassenzimmer, der den Drang verspürt, etwas zu schaffen, etwas zu verändern, die Gesellschaft voranzutreiben, denn er könnte der nächste Steve Jobs sein. Der kleine achtjährige Junge auf dem Boot im Mittelmeer, mit den traurigsten Augen der Welt, könnte der nächste Willy Brandt sein. Das kleine Flüchtlingsmädchen, links in der zweiten Reihe im Flüchtlingsheim, das darauf wartet, umarmt zu werden, um das erste Mal in ihrem Leben Sicherheit und Geborgenheit zu fühlen, könnte die nächste inspirierende Oprah Winfrey sein, die unsere Welt zu einem besseren Ort macht. Beschützen Sie diese Menschen, unterstützen Sie sie, fördern Sie sie. Denn wir wissen nie, was die Wellen des Lebens mit sich bringen. Eines Tages werden Sie zurückblicken und sagen, dass diese jungen Menschen mit einem Abschlusszeugnis auf dem Podium Ihre Kinder sind und stolz darauf sein. DAS VERSPRECHE ICH IHNEN!!!