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Gesellschaft

Der Bosnienkrieg hat einen Namen: Srebrenica

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Sie ist zum Symbol der Gräueltaten des Bosnienkrieges geworden. In der ostbosnischen Stadt Srebrenica wurden 1995 tausende muslimische Männer und Jungen massakriert – vor den Augen der UN. (Foto: ap)

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Der Bosnienkrieg hat einen Namen: Srebrenica
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Tausende Bürger sowie Politiker und ausländische Diplomaten haben am Dienstag in Sarajevo rund 400 Opfern des Massakers in der ostbosnischen Stadt Srebrenica die letzte Ehre erwiesen. Die sterblichen Überreste von 409 Ermordeten, unter ihnen ein nicht mal ein Tag altes Baby, wurden mit Lastwagen zum Staatspräsidium und zu besonders markanten Schauplätzen des Bürgerkrieges (1992-1995) gebracht.

Sie wurden heute, dem 18. Jahrestag des Massakers serbischer Verbände an muslimischen Jungen und Männern, in der Gedenkstätte Potocari vor den Toren von Srebrenica beigesetzt. Bisher sind von den rund 8000 Opfern 5137 identifizierte Opfer beerdigt worden. Internationale Gerichte hatten das schwerste Kriegsverbrechen in Europa nach 1945 als Völkermord klassifiziert.

Ein nur wenige Stunden altes Mädchen, das den Namen Fatima erhalten sollte, ist das jüngste Opfer des Massakers im ostbosnischen Srebrenica im Juli 1995. Amor Masovic, seit über zwei Jahrzehnten in der Führung des Instituts für Vermisste, berichtete am Donnerstag in Sarajevo der Zeitung „Dnevni avaz“ über seine Erschütterung bei der Exhumierung der Gebeine des Babys:

„Ihrer Familie konnten wir nichts weiter geben als ein paar Gramm Knochen im Reagenzglas“

„Ich dachte, es gibt nichts Schlimmeres als das, was ich bisher gesehen hatte: Kinder, Zivilisten, Menschen mit verbundenen Augen, mit Handschellen. Menschen in Steinbrüchen, in Brunnen, Körper an Bäume gebunden und angezündet. Dann war ich direkt dabei, als man das Baby gefunden hat, das bei seinem Tod erst wenige Stunden alt war. Ich habe persönlich die sterblichen Überreste des Babys eingesammelt, dessen Knochen dünn wie Nadeln waren. Wir haben es in einer Plastiktüte gefunden. Schrecklich, ihre Füßchen und Händchen waren nur wenige Zentimeter lang. Wenn die Tüte nicht gewesen wäre, hätten wir sie nie gefunden. (…) Ihrer Familie konnten wir nichts weiter geben als ein paar Gramm Knochen im Reagenzglas“.

Im bosnischen Srebrenica ermordeten im Juli 1995 bosnisch-serbische Truppen rund 8000 Männer und Jungen. UN-Blauhelme aus den Niederlanden hatten den Angreifern unter General Ratko Mladic die Stadt kampflos überlassen. 2009 erklärte das Europaparlament den 11. Juli zum Gedenktag für die Opfer des schwersten Kriegsverbrechens in Europa seit 1945 – auch um westliche Staaten daran zu erinnern, dass sie das Massaker nicht verhindert hatten. Im Srebrenica-Prozess vor dem UN-Tribunal in Den Haag wurden bisher sieben Angeklagte zu langen Haftstrafen verurteilt. Der erst 2011 verhaftete Serbengeneral Mladic muss sich seit 2012 vor dem Tribunal verantworten.

Im April hatte sich erstmals ein serbischer Präsident für das Verbrechen in Srebrenica offiziell entschuldigt. Von dem Begriff Völkermord hatte sich Tomislav Nikolic allerdings erneut distanziert. (dtj/dpa)