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Politik

Der Halbmond und die Angst der CDU vor den Türken

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Einige Mitglieder der NRW-CDU haben beleidigt auf einen Halbmond-Aufdruck reagiert, der sich auf einem Wahlkampfgeschenk eines deutsch-türkischen Kandidaten befand. Generalsekretär Löttgen musste die Gemüter beruhigen. (Foto: zaman-online)

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Nachdem einige Mitglieder der NRW-CDU beleidigt auf einen Halbmond-Aufdruck reagiert hatten, der sich auf einem Wahlkampfgeschenk eines deutsch-türkischen Kandidaten befand, musste Generalsekretär Löttgen die Gemüter beruhigen.
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Ein Sturm im Wasserglas konnte gebändigt werden. In der nordrhein-westfälischen CDU war eine Diskussion über den Umgang mit deutsch-türkischen Mitgliedern entbrannt, nachdem deren Neusser Stadtratskandidat Yasar Çalık im laufenden Kommunalwahlkampf mit einem islamischen Halbmond im „C“ des Parteilogos geworben hatte. Vor allem einige nach eigenen Angaben bekennende Katholiken in der CDU sahen sich auf diese Weise in ihren religiösen Gefühlen verletzt.

Der Generalsekretär der nordrhein-westfälischen CDU, Bodo Löttgen, erklärte, Çalık sei nur einer von weit über 20 000 Kandidaten für die bevorstehenden Kommunalwahlen am 25. Mai. Die CDU dulde keine Verfremdung ihres als Markenzeichen geschützten Logos. Vermutlich habe Çalık selbst nicht übersehen, was er durch das mit einer türkischen Mondsichel verfremdete CDU-Logo auf einer als Wahlkampfgeschenk gedachten Tragetasche auslöse.

Dem Deutsch-Türken, der immerhin Bundeswehroffizier ist, würden jetzt religiöse und politische Intentionen unterstellt, die er damit niemals beabsichtigt habe. Gleichwohl sei Çalık bzw. dem Werbeträgerhersteller, den dieser beauftragt hatte, hier ein Fehler unterlaufen, der von ihm selbst bedauert werde und von der CDU umgehend korrigiert worden sei, erklärte Löttgen. Zu einer christlichen Partei gehörten schließlich auch die Tugenden der Toleranz, Nächstenliebe und des Verzeihens.

Auch die Idealistenbewegung soll die NRW-CDU „unterwandern“

Löttgen warnte zudem davor, die aktuelle Debatte über Muslime in der Partei unter „feindseligen Aspekten“ zu führen. Die CDU bekenne sich zu ihrem „christlichen Markenkern“, sei aber zugleich „eine tolerante und weltoffene Partei“, sagte er am Donnerstag vor Journalisten in Düsseldorf. „Ich sehe keine Gefahr einer drohenden Muslimisierung der CDU.“ Etwa 280 türkischstämmige Parteimitglieder haben sich in der NRW-CDU im „Deutsch-Türkischen-Forum“ (DTF) organisiert.

Aber auch vonseiten der – entschieden säkularen – türkischen Idealistenbewegung soll der CDU nach Auffassung einiger Mitglieder Ungemach drohen. So bestätigte der Generalsekretär, dass sich der Landesparteitag der NRW-CDU am Samstag in Düsseldorf mit einem Unvereinbarkeitsbeschluss zwischen der CDU und den vom Verfassungsschutz als „extremistisch“ eingestuften türkischen „Grauen Wölfen“ beschäftigen werde. Ein entsprechender Antrag sei vom CDU-Stadtverband Düsseldorf gestellt worden.

Die Antragskommission werde allerdings eine Nichtannahme empfehlen, weil für Unvereinbarkeitsbeschlüsse alleine die Bundespartei zuständig sei, erklärte Löttgen. Es sei „selbstverständlich“, dass die CDU keine Mitglieder aufnehme, die sich offen gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung richteten. Allerdings könne seine Partei nicht zu jeder einzelnen extremistischen Organisation einen Unvereinbarkeitsbeschluss fassen. Im vergangenen Jahr habe die NRW-CDU etwa 6000 neue Mitglieder aufgenommen. In keinem einzigen Fall habe es Diskussionen um einen möglichen Extremismus-Verdacht gegeben.

Unter den 142 000 Mitgliedern der Landespartei seien ihm keine „Grauen Wölfe“ bekannt, versicherte der CDU-Generalsekretär. Neben einem Beisitzer der CDU-Ortsunion Hamm-West sollen Berichten zufolge noch weitere etwa 40 Mitglieder der Union in NRW im Verdacht stehen, gleichzeitig Aktivisten der türkischen Idealistenbewegung zu sein. Eine extremistische Ausrichtung konnte offenbar jedoch keinem davon nachgewiesen werden.

In vielen Moschee-Lokalen in Deutschland sind die türkische, die deutsche und die europäische Flagge nebeneinander aufgehängt.

Kulturspezifische Deutungsunterschiede

In der türkischen Kultur ist es durchaus üblich nationale und religiöse Symbole zu kombinieren. So sind in vielen Moschee-Lokalen in Deutschland die türkische, die deutsche und die europäische Flagge nebeneinander aufgehängt und während Sportereignissen, wie etwa der Fußballweltmeisterschaft, sind deutsche Flaggen mit dem türkischen Halbmond unter türkischen Fans oft zu beobachten. Ein weiterer Unterschied zum Verhältnis zur eigenen Nationalflagge ist, dass die symbolische Bedeutung der türkischen Fahne in der Türkei hochgehalten wird.

Die Verehrung der türkischen Fahne wird von vielen Türken mit großer Leidenschaft und Emotionalität betrieben und wird nicht als Abgrenzung zu anderen Nationalitäten empfunden. Türkische Politiker instrumentalisieren auf Wahlkampfveranstaltungen oder in Wahlwerbespots häufig die Symbolik der Flagge, um über den Appell an die patriotischen Gefühle eine emotionale Bindung zwischen sich und der Wählerschaft zu schaffen. (KNA/dtj)