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Wirtschaft

Der Irak: Zukunftsmarkt für die türkische Wirtschaft

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Die türkischen Exporte in die EU sinken – nicht zuletzt infolge der Wirtschaftskrise in der Eurozone. Grund genug für türkische Unternehmer, sich auf anderen Absatzmärkten umzusehen. Besonders der Irak tritt dabei in den Fokus. (Foto: cihan)

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Der türkische Außenminister Davutoglu mit dem Präsidenten der autonomen Region Nordirak, Masud Barzani.
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Mit dem Ziel, die sinkenden Exporte in die EU auszugleichen, will die Türkei ihre Exportanstrengungen in den Ländern des Nahen Ostens verstärken. Die Dauerkrise in der Eurozone und der damit verbundene Nachfragerückgang aus europäischen Ländern führt dazu, dass der EU-Anteil an den gesamten türkischen Exporten in den ersten drei Quartalen 2012 gegenüber dem gleichen Zeitraum des Vorjahres von 47,2 Prozent auf 38,3 Prozent deutlich zurückgegangen ist. Insgesamt legten die türkischen Exporte in den ersten drei Quartalen 2012 gegenüber dem gleichen Zeitraum des Vorjahres jedoch um 13,7 Prozent auf 113 Milliarden US-Dollar zu.

Verantwortlich für den Aufwärtstrend sind die Absatzzahlen in der arabischen Welt. Die erdölexportierenden arabischen Länder mit hoher Kaufkraft, die schon seit geraumer Zeit gute Kunden der türkischen Industrie sind, werden für die türkische Exportwirtschaft immer bedeutender – allen voran die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) mit einem Gesamtauftragsvolumen von knapp 6 Milliarden US-Dollar, aber auch Saudi-Arabien oder Katar.

Ein besonderes Augenmerk legt die türkische Exportwirtschaft aber auf den Irak. Die Ausfuhren in das Nachbarland erhöhten sich im vorgenannten Zeitvergleich um 34,2 Prozent auf knapp 7,8 Milliarden US-Dollar. Die rege Bautätigkeit im Irak mit erheblicher Mitwirkung türkischer Vertragsunternehmen stimmt die türkische Exportwirtschaft hinsichtlich der Geschäftschancen im Nachbarland auch für die kommenden Jahre zuversichtlich, nicht zuletzt auch die Zulieferer.

Türkische Firmen nehmen an Ausschreibungen irakischer Stellen erfolgreich teil. Erst Ende Oktober 2012 gewann nach Angaben der Wirtschaftsplattform Irak ein türkisches Unternehmen den Zuschlag für ein Wasserversorgungsprojekt im Wert von 58 Millionen Euro im Osten Iraks.

Wegen der kriegsbedingten Zerstörungen in der Vergangenheit hat Irak einen immensen Nachholbedarf, sowohl bei Investitionsgütern zur Errichtung neuer Produktionsanlagen als auch bei Gütern des täglichen Bedarfs. Bei der Befriedigung dieser Nachfrage nehmen türkische Firmen eine zentrale Rolle ein. Für den Ausbau und die Instandsetzung der Stromwirtschaft veranschlagt das Iraq Power Program bis 2015 rund 25 Mrd. US$. Erst mit einer stabilen Versorgung ist mit größeren privaten Ausgaben für neue Industrievorhaben zu rechnen.

Bagdad befürchtet kurdische Verselbstständigung im Norden

Investitionsschwerpunkt bleibt jedoch der Kohlenwasserstoffsektor. Internationale Erdölkonzerne festigen ihre Position, und die Branche baut ihre Infrastruktur aus. So verdoppelte sich die Erdölausfuhrkapazität über Basra 2012 durch drei weitere Anlegestellen mit einer Kapazität von jeweils 900.000 bpd. Viele andere Vorhaben warten auf eine nachhaltige Befriedung des Landes und ebenso auf eine Finanzierung. Die Turkish Petroleum International Company (TPIC) unterzeichnete Anfang November 2012 mit der Zentralregierung Iraks Verträge im Wert von 350 Millionen US-Dollar für 40 Ölsuchprojekte im Gebiet von Basra.

Bagdad beobachtet die Ambitionen der Türkei im Ölsektor mit Argwohn, da man mit Blick auf die Autonomiebestrebungen der Kurden im Nordirak, die ihr Öl selbstständig vermarkten wollen, noch stärkere Abnabelungstendenzen befürchtet. Deshalb verbietet man türkischen Unternehmen, die im Nordirak aktiv sind, auch im Südirak tätig zu werden. Auch müsse die Türkei möglichst bald im großen Stil in das nordirakische Öl- und Gasgeschäft als Produzent einsteigen. Andernfalls werde man künftig nur noch Spediteurstätigkeiten für US-amerikanische Ölunternehmen ausüben müssen, die im Nordirak sehr stark vertreten sind.