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Gesellschaft

Ein Tag in Türkschland

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Man kommt nicht jeden Tag in die Verlegenheit, als Nichttürkin ohne jedwede Sprachkenntnisse einen türkischen Sommerfeststand mit aufzubauen und betreuen zu helfen. Für unsere Autorin war es dennoch ein beeindruckendes Erlebnis.

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Der Stand der Türkei belegte beim Sommerfest der Uni Duisburg den ersten Platz.
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GASTBEITRAG Zu jeder Zeit und an jedem Ort liest und hört man etwas über Integration. Es wird diskutiert und theorisiert, auf welche Art und Weise ausländische Mitbürger bzw. Mitbürger mit Migrationshintergrund möglichst erfolgreich und angenehm in die deutsche Gesellschaft integriert werden könnten. Und letztendlich liegt dabei der Fokus immer nur darauf, wie dieser ausländische Teil unser Gesellschaft am besten in unserer deutschen Kultur und Gesellschaft zu funktionieren hat. Doch inwieweit lassen wir uns als Deutsche eigentlich selbst auf diese Kulturen ein?

Ich hatte vor kurzem das Vergnügen, einen faszinierenden Einblick in die türkische Kultur gewinnen zu dürfen. Damit meine ich jedoch nicht, dass ich mir einen Döner geholt habe. Ich war auch nicht in einem türkischen Supermarkt, weil dort Obst und Gemüse so preiswert sind. Vielmehr durfte ich meiner türkischen Freundin an ihrem Stand zur Türkei beim Internationalen Sommerfest der Universität Duisburg-Essen, an der ich studiere, helfen.

Improvisieren ist alles

Während wir Deutschen beim Organisieren Wert auf ein fixes Team mit klarer Rollenverteilung legen, erlebte ich hier zunächst ein kunterbuntes Zusammenwerfen von Ideen, welches sich nach und nach zu einer großen Idee zusammenformte. Das Ganze baute auf ein riesiges Netzwerk, welches durch digitale Kommunikationsmöglichkeiten schnell zusammenfand. Meine Freundin war zwar das steuernde Zentrum des Teams, dennoch entwickelte sich schnell eine unglaubliche Eigendynamik, innerhalb derer jeder gerne bereitwillig etwas beisteuerte. Dies finalisierte sich schließlich in einem bezaubernden Stand über die Türkei, der dafür verdientermaßen mit dem Ersten Platz belohnt wurde.

Der Stand bestand aus einer Sitzecke mit jeder Menge türkischen Dekors, welches ich bisher noch nie gesehen hatte. Neben der orientalischen Atmosphäre wurden Çay, aber auch typische türkische Gerichte wie Lokum, vegane Köfte und Baklava gereicht.

Begrüßt wurden die Besucher mit einem Duftwasser, welches sie sich in die Hände rieben, bevor ihnen das bereits beschriebene Essen gereicht wurde. Daneben bekamen sie kleine Zettel mit türkischen Sprüchen und türkischen Kaugummi geschenkt. Schnell ließen sich die Besucher auf die herzliche Gastfreundschaft ein und erhielten auf diesem Wege einen schnellen, aber besonderen Einblick in die türkische Kultur.

Gut funktionierendes Miteinander

Für mich ging der Einblick sogar noch tiefer, da ich ja auch mithalf. Mir wurde dabei nicht im Voraus gesagt, welche Rolle ich zu übernehmen hätte. Vielmehr entwickelte sich wieder eine Eigendynamik, der ich zunächst etwas skeptisch gegenüberstand. Doch dann wurde ich aus meiner Beobachterperspektive gerissen und miteinbezogen. Jeder tat gerade das, was notwendig war (Tee machen, Speisen vorbereiten, Gäste begrüßen…) und es gab kein einheitliches Zentrum, welches alles koordiniert hätte.

Dennoch habe ich ein so gut funktionierendes und harmonisches Miteinander bisher noch nie erlebt. Ich hatte auch nicht das Gefühl, dass es für die anderen ein Problem darstellte, dass ich keine Türkin war. Stattdessen wurde ich einfach in alles miteinbezogen. Es störte mich auch nicht, dass die Kollegen häufiger Türkisch untereinander sprachen. Wenn es sein musste, fragte ich einfach nach, worum es ging. Dann wurde ich liebevoll angelächelt und erhielt meine Übersetzung. Manchmal schien es mir, als hätten sie einfach vergessen, dass ich Deutsche bin.

Integration hautnah

Merkwürdig wurde es dann für mich, als ich von türkischen Besuchern auf Türkisch angesprochen wurde und ich mich entweder zu Überraschung der Besucher als Deutsche outete oder schlichtweg in der Eile fragte, was sie von mir wollten. Sicher hielten sie mich bei Letzterem für unhöflich oder seltsam, da ich kein Wort ihrer Sprache beherrschte. Ich hoffe jedoch, dies durch mein Lächeln wettgemacht zu haben.

Insgesamt wurde ich in der türkischen Gruppe angenehm und herzlich aufgenommen und legte schnell meine deutsche Distanziertheit ab. Es gibt sicher noch viel, was ich von dieser Kultur lernen und erfahren kann. Letztlich erlebte ich an diesem Tag und auch in der Vorbereitungszeit aber etwas, das man wirklich als Integration bezeichnen könnte. Meine Freundin meinte schon lachend zu mir, dass ich die Nationalität „Türkschland“ annehmen sollte.