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Gesellschaft

Verfassungsschutz-Schikanen: Muslime sagen Islamforum ab

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Nach fast zwei Jahren Vorbereitungszeit hat der Berliner Justizsenat kalte Füße bekommen und die Zusammenarbeit mit der Arbeits-gemeinschaft Muslimische Gefängnisseelsorge e.V. wegen angeblicher „Sicherheitsbedenken“ beendet. (Foto: screenshot/youtube)

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Thomas Heilmann und Frank Henkel - screenshot Youtube
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Muslimische Vertreter im Berliner Islamforum haben bis auf weiteres ihre Teilnahme am Islamforum abgesagt und fordern den Justiz- (Thomas Heilmann, li.) und den Innensenator (Frank Henkel, re.) zu Gesprächen auf. Begründet wurde dies einer gemeinsamen Pressemitteilung von elf Islamverbänden mit der Absage der Zusammenarbeit im Bereich der Gefängnisseelsorge durch den Justizsenat und die absolute Intransparenz der Einschätzungen durch den Verfassungsschutz.

2011 wurde demnach das Anliegen, muslimische Gefängnisseelsorge anzubieten, im Islamforum über den Integrationsbeauftragten und den „Runden Tisch für ausländische Gefangene“ von den Vertretern der Stadt selbst an die Berliner muslimischen Vereine herangetragen. Die angesprochenen muslimischen Vertreter des Islamforums und muslimische Vereine, die zuvor bereits kleinere Angebote in den Berliner Gefängnissen angeboten hatten, beschlossen, gemeinsam eine Gefängnisseelsorge aufzubauen und gründeten hierfür eigens einen Arbeitskreis, aus dem später der Verein Arbeitsgemeinschaft Muslimische Gefängnisseelsorge e.V. hervorging.

Dies wurde vom Justizsenat explizit begrüßt. In der Arbeitsgemeinschaft Muslimische Gefängnisseelsorge sind folgende Institutionen vertreten: Islamische Föderation, DITIB Berlin, Initiative Berliner Muslime, Lichtjugend, Haus der Weisheit, Muslimisches Seelsorgetelefon und Gemeinschaft Muslimischer Juristen. Insgesamt wurden bis Ende 2012 nicht weniger als 28 Personen zu muslimischen Gefängnisseelsorgern ausgebildet. Finanziert wurde die Ausbildung durch den Senat. Die Ausbildung war eng mit dem Justizsenat und dem „Runden Tisch für ausländische Gefangene“ abgestimmt. Außerdem wurde sie wissenschaftlich begleitet.

Geheimdiplomatie ohne Namen und Fakten

Nach mehr als zwei Jahren Vorbereitungszeit in Zusammenarbeit mit dem Senat und dem „Runden Tisch für ausländische Gefangene“ teilte der Justizsenat am 23.8.2013 den Vertretern der Arbeitsgemeinschaft Muslimische Gefängnisseelsorge aus heiterem Himmel mit, dass die „gute Zusammenarbeit“ beendet sei. Begründet wurde die Entscheidung damit, dass „zentrale Personen“ des Vereins durch die Senatsverwaltung für Inneres und Sport unter Sicherheitsgesichtspunkten als problematisch eingeschätzt würden. Namen und Hintergründe wurden nicht genannt. Offensichtlich hat der Verfassungsschutz aus seinen zahlreichen Skandalen noch immer nicht gelernt und pflegt weiterhin eine Kultur der absoluten Intransparenz.

„Hier wurde das in jahrelangem Dialog und Zusammenarbeit aufgebaute Vertrauen zwischen dem Land Berlin und den Berliner Muslimen durch die Entscheidung des Justizsenats auf Grundlage obskurer ‚Informationen‘ der Innenbehörden leichtfertig beschädigt. Nachdem Berlin viele Jahre eine Vorbildfunktion im Bereich der Kooperation zwischen den Muslimen und der Politik hatte, sehen wir diese vielfältige, vertrauensvolle Zusammenarbeit nun ernsthaft gefährdet“, so Pınar Çetin, stellvertretende Vorsitzende der DITIB Berlin.

M. Imran Sağır, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft Muslimische Gefängnisseelsorge, fordert den Justizsenat auf, gemeinsam eine Deckung des dringenden Bedarfs an muslimischer Gefängnisseelsorge in den Gefängnissen sicherzustellen und sich einer gemeinsamen Lösung nicht länger zu verweigern. „Die Einschätzung des Berliner Verfassungsschutzes ist völlig intransparent und in keiner Weise nachvollziehbar. Weder wurde uns mitgeteilt, um welche Personen es sich handelt, noch wurde gesagt, welche Vorwürfe erhoben werden. Auch ein im Sicherheitsüberprüfungsgesetz festgelegtes Anhörungsrecht wird den betroffenen Personen bisher nicht gewährt. Rechtsstaatlich halten wir dieses Vorgehen für äußerst fragwürdig“, so Sağır.

Zahlreiche Seelsorger seit Jahren in sensiblen Bereichen tätig

Als völlig unverständlich bewerten die Vertreter der Berliner Muslime die Entscheidung des Justizsenats insbesondere, weil zahlreiche betroffene Gefängnisseelsorger bereits im Rahmen anderer Projekte in Berliner Gefängnissen und in anderen Bundesländern als Trainer bzw. Gruppenleiter aktiv seien.

„Warum sind ‚zentrale Personen‘ des Vereins nach eingehender Überprüfung durch die jeweiligen Sicherheitsbehörden in Gefängnissen tätig, teilweise sogar in sensiblen Bereichen, wenn man nicht überzeugt wäre, dass wir dort gute Arbeit leisten? Wie passt das mit der Einschätzung des Berliner Verfassungsschutzes zusammen, diese Personen seien sicherheitsgefährdend?“, fragt Sağır. „Alle beteiligten muslimischen Berliner haben der Sicherheitsüberprüfung ohne Zögern zugestimmt. Niemand von uns hat erwartet, dass hier irgendwelche Probleme auftauchen könnten. Schließlich handelt es sich um Menschen, die fast alle seit vielen Jahren die Zusammenarbeit mit der Politik und den Behörden aktiv mitgestalten und im gesellschaftlichen und interreligiösen Dialog sehr engagiert sind,“ so Sağır weiter.