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Gesellschaft

In Deutschland verliebt, in der Türkei geblieben: Die Lebensgeschichte von Gabriela N.

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Ibrahim Uçar kam 1970 als Gastarbeiter nach Deutschland und kehrte neun Jahre später in seine Heimat zurück. Doch tat er dies nicht allein. Es ist die Art von Geschichten, die nur das Leben schreibt.

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Ibrahim und Gabriela Ucar leben seit 36 Jahren in Ankara-Haymana.
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Er ist ein alter Mann, dem das Glück ins Gesicht geschrieben zu sein scheint. Ibrahim Uçar ist 76 Jahre alt. Und seine Geschichte ist eine andere, als sie die vielen türkischen Gastarbeiter in Deutschland geschrieben haben.

Kurz vor dem Anwerbestopp kam Uçar im Alter von 31 Jahren nach Hamburg. Anfangs, erzählt er, schlug er sich durch mit Fabrikarbeit. Doch die wurde ihm dann zu viel.

Er bewarb sich in einem großen Restaurant. Und dies sollte nicht nur sein, sondern auch das Leben der jungen Deutschen Gabriela Nilson verändern.

„Liebst du meine Tochter?“

„Ich habe sieben Jahre in diesem Restaurant gearbeitet. In dieser Zeit habe ich Gabriela kennengelernt. Sie war die Tochter des Besitzers. Ich habe mich in sie verliebt“, berichtet Uçar gegenüber der türkischen Tageszeitung Zaman.

Dem Vater sei das nicht verborgen geblieben. Er habe ihn eines Tages zu sich nach Hause eingeladen. „Er fragte mich: ‚Liebst du meine Tochter? Möchtest du sie heiraten?‘“ Das sei für ihn eine große Überraschung gewesen, er habe schüchtern genickt, erzählt der 76-Jährige.

1979 hätten sie beschlossen, in die Türkei zu fahren, um zu heiraten. Nilson, damals 20 Jahre alt, hatte vor, nach Hamburg zurückzukehren, doch nach der Eheschließung habe sich der Plan geändert.

„Mir gefiel es in Haymana (Stadt bei Ankara, Anm. d. Red.). Ich wollte nicht zurück. Das habe ich auch Ibrahim gesagt. Ich nahm die türkische Staatsbürgerschaft an und ließ mich hier nieder“, sagt Nilson, die jetzt Kewe Uçar heißt. In gutem Türkisch fährt sie fort: „Die Menschen hier haben anfangs nicht recht verstehen wollen, warum ich das Leben in Deutschland aufgab. Doch mir gefiel es hier in der Provinz. Ich bin glücklich, sehr sogar.“

Ehepaar spricht untereinander kurdisch, deutsch und türkisch

Ibrahim und Kewe haben zusammen drei Söhne und zwei Töchter. Die Nachbarn hätten sich nach der anfänglichen Skepsis sehr um sie gekümmert und in den Tagesablauf eingebunden. Auch darum habe sie sowohl Türkisch als auch Kurdisch, das in Haymana weiter verbreitet ist als Türkisch, schnell gelernt. Mit ihrem Mann unterhalte sie sich in allen drei Sprachen, also auch auf Deutsch. Daher habe sie ihre Muttersprache nicht verlernt.

Mit den Kindern habe sie zunächst nur Deutsch gesprochen, Türkisch hätten sie schließlich in der Schule gelernt. Mit der Zeit hätten sie die deutsche Sprache allerdings verlernt.

Nicht verlernt hat das alte Ehepaar, sich zu lieben. „Es sind nun 36 Jahre vergangen. Hätte sie gewollt, wäre sie nach Deutschland zurückgekehrt. Wir haben uns damals sehr geliebt und tun es heute auch noch. Würden wir uns einen Tag lang nicht sehen – wir würden verrückt werden“, fasst der frühere Gastarbeiter seine außergewöhnliche L(i)ebensgeschichte zusammen.


Dieser Text erschien zuerst am 16. Februar 2015 und wurde nun im Rahmen unseres Jahresrückblicks erneut veröffentlicht.