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Politik

Deutschlands Dilemma: Es war (k)ein Völkermord

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Die deutsche Debatte zeigt, wie stark das Thema politisiert ist und die Wahrheitsfindung in den Hintergrund gerät. Beispielhaft ist die Wandlung Steinmeiers.

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Frank-Walter-Steinmeier
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Am Anfang der Woche hörte sich der Außenminister Frank-Walter Steinmeier ganz anders an. Der erfahrene Politiker sagte, er habe Verständnis für diejenigen, die die Ereignisse von 1915 als „Völkermord“ bezeichnen würden. Während der Debatte im Deutschen Bundestag schwieg der Minister jedoch. Doch danach meldete er sich in einem Spiegel-Interview zu Wort.

Laut Spiegel sagte er: „Ich bin Debatten leid, bei denen erwartet wird, dass ich über ein mir hingehaltenes Stöckchen springen soll, obwohl doch alle wissen, die Fragenden wie die Antwortenden, dass komplexe Erinnerungen selten auf einen Begriff zu bringen sind.“ Zudem warnte er davor, auf diese Weise den Holocaust zu verharmlosen. Man müsse in Deutschland aufpassen, am Ende nicht denen recht zu geben, die sagen: „Der Holocaust hat eigentlich vor 1933 begonnen.“

In der vergangenen Woche war die berliner Politik von der Armenier-Debatte bestimmt. Im Laufe der Woche haben sich alle Bundestags-Fraktionen zu dem Thema geäussert. Es zeichnete sich eine Einigung in der Verwendung des Wortes „Völkermord“ für die tragischen Ereignisse von 1915 im Osmanischen Reich ab.

Nach den Äusserungen des Außenministers schien es eigentlich klar, das Ende der Woche der Bundestag einen Beschluss, in dem vom Völkermord die Rede ist, einstimmig verabschieden würde. Auch die Rede des Bundespräsidenten Joachim Gauck in der er sowohl von „Völkermord“ sprach, als auch die Mittäterschaft Deutschlands unterstrich und am nächsten Tag der Bundestagspräsident Lammert von Völkermord sprach, schien alles klar: Deutschland wird sich Österreich und den restlichen 22 Ländern anschliessen und, wie die Armenier es fordern, von „Völkermord“ sprechen. Am Freitag jedoch, hat das Parlament zwar das Thema behandelt, aber die Entwürfe einzelner Fraktionen an den Auswärtigen Ausschuss verwiesen. Nun soll bis zum Sommer eine gemeinsame Vorlage erarbeitet werden.

Die deutsche Debatte zeigt, wie stark das Thema politisiert ist und die Wahrheitsfindung in den Hintergrund gerät. Beispielhaft ist die Wandlung Steinmeiers. Anfang der Woche hat er die Debatte eröffnet und Ende der Woche sie beendet. Am Anfang war die armenische Tragödie für die deutschen ein Völkermord. Ende der Woche ist das nicht mehr so eindeutig.