Connect with us

Politik

Deutschnational, zerstritten, aber gemeinsam gegen den Islam: Der AfD-Parteitag in Stuttgart

Spread the love

Die lautstarken Proteste ihrer Gegner haben vor allem einen Effekt: Sie schweißen die Mitglieder der AfD enger zusammen. Das kann die Partei gut gebrauchen. Denn an inneren Widersprüchen und Rivalitäten herrscht in der Partei kein Mangel.

Published

on

AfD-Bundesparteitag der AfD
Spread the love

Die AfD hat sich auf ihrem Bundesparteitag in Stuttgart klar als deutschnationale Kraft positioniert. „Wir Deutschen haben leider immer noch so unsere Probleme, uns als Patrioten zu sehen“, sagte der Parteivorsitzende Jörg Meuthen am Samstag in der baden-württembergischen Landeshauptstadt vor mehr als 2000 Mitgliedern der Alternative für Deutschland. Es sei aber trotz der finsteren Jahre des Nationalsozialismus falsch, sein Land nicht zu lieben. Meuthen versuchte, die Risse zwischen den verschiedenen Flügeln der Partei zu kitten, indem er die AfD als „freiheitliche“ konservative Partei des „gesunden Patriotismus“ bezeichnete.

Die AfD wollte auf ihrem zweitägigen Parteitag ihren Kurs neu justieren und dazu zumindest Teile eines Grundsatzprogramms beschließen. Die mit Spannung erwartete Debatte darüber begann allerdings wegen ausufernder Diskussionen zur Tagesordnung erst am späteren Nachmittag. Seit ihrem letzten Mitgliederparteitag im Juli 2015 ist die AfD weiter nach rechts gerückt, vor allem bei den Themen Einwanderung, Asyl und Islam. Von Vertretern des rechtsnationalen Flügels war zuletzt Kritik an Co-Parteichefin Frauke Petry lautgeworden, die eine klare Abgrenzung nach rechts gefordert hatte.

Fast so viele Gegendemonstranten wie Parteitagsdelegierte

Der Parteitag fand auf dem Gelände der Stuttgarter Messe statt, wo am Morgen rund 1500 AfD-Gegner demonstrierten, darunter zahlreiche Linksautonome. Sie riefen „Flüchtlinge bleiben, Nazis vertreiben“ und „Wir kriegen euch alle“. Die Polizei ging mit Pfefferspray gegen Flaschenwerfer vor und nahm Hunderte Demonstranten in Gewahrsam. Ein Protestzug in der Stuttgarter Innenstadt verlief am Nachmittag friedlich.

Meuthen sagte, er hoffe, dass am Ende der zweitägigen Veranstaltung ein Parteiprogramm verabschiedet werde. Das bedeute nicht, dass nicht um Inhalte gestritten werden dürfe. Meuthen rief: „Wir sind hier doch keine CDU-Duracell-Klatschhäschen, liebe Freunde! Nein, wir pflegen den aufrechten und echten demokratischen Diskurs. Und dazu gehört zwingend auch Streit und Uneinigkeit, ehe man sich dann auf eine gemeinsame Parteiposition einigt.“ Der stellvertretende AfD-Vorsitzende Alexander Gauland sagte: „Lassen Sie uns nicht über jedes Komma streiten.“

Nach übereinstimmenden Aussagen verschiedener Mitglieder des Bundesvorstandes soll der Satz „Der Islam gehört nicht zu Deutschland“ in das Parteiprogramm aufgenommen werden. Vielmehr sollen Muslime, die sich vom Islam lossagen, nach Meinung von Albrecht Glaser, den die Partei zu ihrem Bundespräsidentenkandidaten kürte, politisches Asyl in Deutschland erhalten. Wer sich vom Islam abwende, riskiere, mit dem Tod bedroht zu werden, sagte Glaser am Samstag zu Beginn der Programmdebatte.

Der Islam gehöre nicht zu Deutschland, betonte Glaser. Ein Grund sei das „Urcredo“ des Islam, dass Gott den Mann über die Frau gestellt habe. „Der Islam hat unseren Wertekanon nicht erfunden und ist nicht bereit, ihn zu adaptieren.“ Wenn versucht werde, diesen Standpunkt und das Bekenntnis zur Religionsfreiheit als nicht vereinbar darzustellen, sei das „blanker Unverstand“, betonte der 74-Jährige, der auch Bundes-Vizechef ist.

AfD-Mitglieder als Opfer?

 

Die Co-Vorsitzende Petry sagte, viele AfD-Mitglieder zahlten einen hohen Preis für ihr politisches Engagement. Einige hätten wegen ihrer Parteimitgliedschaft Aufträge oder den Arbeitsplatz verloren. Andere hätten über Twitter, Facebook und im privaten Briefkasten Morddrohungen erhalten.

Petry sagte weiter, wichtige Fragen würden in Deutschland nicht offen diskutiert. „Für unser Land ist das ein Riesenproblem, denn wir stehen demografisch, wirtschaftlich und finanzpolitisch vor den gewaltigsten Schwierigkeiten, die dieses Land seit Jahrzehnten hatte.“

Petrys Lebensgefährte, der AfD-Europaabgeordnete Marcus Pretzell, kündigte in Stuttgart an, er werde sich der ENF-Fraktion im Europäischen Parlament anschließen. Dieser Fraktion gehören unter anderem die rechtsextreme französische Partei Front National und die italienische Lega Nord an. Pretzell sagte, die AfD solle eine „Klammer setzen“, um langfristig eine Vereinigung aller EU-kritischen europäischen Parteien herbeizuführen.

Auf dem Parteitag wurde zudem die vom Vorstand angeordnete Auflösung des saarländischen Landesverbandes gebilligt. 51,9 Prozent der Parteimitglieder stimmten dafür, 42 Prozent dagegen und 6,1 Prozent enthielten sich. Der Bundesvorstand hatte den Verband wegen Kontakten ins rechtsextreme Milieu aufgelöst. Die Landesspitze lehnte dies ab. (dpa/ dtj)