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Gesellschaft

Aus drei mach eins: Dialogvereine in Baden-Württemberg bündeln ihre Kräfte

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Gemeinsam noch effektiver arbeiten: Unter diesem Motto haben sich drei Dialogvereine im Südwesten zur „Gesellschaft für Dialog Baden-Württemberg“ zusammengeschlossen.

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Das neue Gesicht des interkulturellen und interreligiösen Dialogs in Baden-Württemberg heißt „Gesellschaft für Dialog Baden-Württemberg e.V. “. Ein Bund aus vormals drei eigenständigen Vereinen aus Stuttgart (Begegnungen e.V.), Ulm (Süddialog e.V.) und Mannheim (der Akademische Dialogkreis e.V.) hat es sich zur Aufgabe gemacht, landesweit die interkulturelle Verständigung voranzubringen und sich für deren Intensivierung einzusetzen. Aufgrund der homogenen Ziele wie der Förderung des Friedens, der Verständigung, der Begegnung und des Dialogs haben die drei Vereine dazu entschlossen, von nun an unter einem gemeinsamen Dach zu agieren. Jeder Verein lebte vom ehrenamtlichen Engagement seiner Mitglieder und Förderer, die soziale Verantwortung übernehmen und sich gesellschaftlich engagieren – und dies soll auch künftig so bleiben.

Konstituiert wurden die Vereine von jungen Akademikerinnen und Akademikern unter dem Motto: „Es sind die Begegnungen mit Menschen, die das Leben lebenswert machen“ – ein Zitat, das vom französischen Schriftsteller Albert Guy de Maupassant stammt. Diese Begegnungen sind es, die Menschen zusammenbringen, Stereotypen abbauen und so den Frieden in die Gesellschaft bringen.

Eines war den jungen Akademikern dabei klar: Die Menschen haben unabhängig von allen nationalen und politischen Grenzen viel mehr Gemeinsamkeiten, als sie denken. Von daher ist es von äußerster Wichtigkeit, den Dialog zwischen den Kulturen, Ideologien, Ethnien und Religionen zu fördern. Nur durch ihre Begegnungen kann so etwas geschafft werden.

Das Dialogverständnis des Vereins Gesellschaft für Dialog Baden-Württemberg beruht auf den Ideen und Werten Fethullah Gülens, der sich als muslimischer Gelehrter aktiv für den Dialog einsetzt und anderen Menschen dazu Orientierung und Impulse gibt. Gülen ist Ehrenpräsident der „Stiftung der Journalisten und Schriftsteller“, deren Aktivitäten zur Förderung von Dialog und Toleranz in der Gesellschaft bei fast allen gesellschaftlichen Schichten großen Anklang findet. Auch gehört er auf türkisch-islamischer Seite zu den Ersten, die führenden christlichen Persönlichkeiten offizielle Besuche abstatteten: Dem Papst, dem Botschafter des Vatikans, dem griechisch-orthodoxen Patriarchen oder dem Patriarchen der armenischen Gemeinde. Aber auch mit dem Großrabbiner der Türkei pflegte er den Dialog, für welchen er innerhalb der Türkei auf diese Weise Meilensteine setzte – obwohl er dafür auch stark kritisiert und sogar zum Ungläubigen erklärt wurde.

Reisen und der „Marktplatz Istanbul“: Das soziale Engagement des Vereins

Als im 12. Jahrhundert die ersten Abendländer das Morgenland besuchten, schauten sie mit ihren eigenen Augen die Kultur und die Religion des Orients. Die Reiseberichte, die sie uns hinterlassen haben, zeigen, dass durch diese Begegnungen bzw. Gespräche mit den Muslimen die Ressentiments, die in vorangegangenen fünf Jahrhunderten angestiegen waren, diskret nachließen. Aus diesem Grund organisiert der Verein Gesellschaft für Dialog BaWü nun auch in dieser Zeit jedes Jahr Studien- und Kulturreisen an kulturelle und religiöse Stätten, um durch diese Begegnungen eine direkte Völkerverständigung zu bewirken, eine internationale Gesinnung aufzubauen und vor allem anderen Menschen die türkische Kultur und Geschichte näherzubringen. Im Rahmen der Begegnungsreisen werden auch Abendessen bei einheimischen Familien organisiert, die den Reisenden Einblicke in das typische orientalische Familienleben gewähren sollen.

Auch der Marktplatz Istanbul ist ein Kulturfestival, das einen interkulturellen Austausch anvisiert. Die Veranstaltung ist geprägt von Kunstausstellungen (Kalligraphie, Ebru-Malerei und Glasbläserei), Volkstänzen sowie Kulturaustauschprogrammen und dient dem Zweck des visuellen Kennenlernens fremder Kulturen anhand ihrer künstlerischen Interpretationen. Gleichzeitig soll auf diesem Wege etwas dazu beigetragen werden, die weitere Existenz dieser in Deutschland fremden Kunstformen zu sichern.

Medaille für Verdienste um die Transkulturalität

Die Gesellschaft für Dialog Baden-Württemberg freut sich immer wieder, feststellen zu dürfen, wie sehr sich Persönlichkeiten und Institutionen vielfältig für unsere Gesellschaft engagieren. Besondere Leistungen in bestimmten Bereichen im Dienste der Gesellschaft werden deshalb auch richtigerweise honoriert. Dies gilt gerade auch im Bereich der Bemühungen um die Integration von Einwanderern und ihrer Nachkommen. Ein wichtiger Begriff, welcher dabei immer öfter fällt, ist die Transkulturalität.

Sie spricht die Existenz zweier oder mehrerer kultureller Welten an, in welchen sich immer mehr Menschen in unserem Land bewähren müssen. Um Menschen im Sinne der Transkulturalität in die Mitte unserer Gesellschaft zu führen, gibt es engagierte und wichtige Bemühungen. Diese möchte auch die Gesellschaft für Dialog Baden-Württemberg honorieren. Denn diese Leistungen unterstützen die Partizipation der Einwanderer und ihrer Nachkommen. „Diese Teilhabe ist es, welche Transkulturalität in unserer Gesellschaft erst ermöglicht und die Menschen zueinander führt. Honoriert werden sollen deshalb Persönlichkeiten und Institutionen, welche einen Bezug zu Baden-Württemberg haben und sich jeweils in der jeweiligen Kategorie politisch, sportlich, künstlerisch oder literarisch oder kulturell, medial (Journalismus), wissenschaftlich, sozial oder gesellschaftlich (einschl. Bildungsarbeit) um die Transkulturalität in unserer Gesellschaft verdient gemacht haben“, heißt es deshalb aus dem Verein.

Aus diesem Grunde habe man in diesem Jahr auch den Stuttgarter Oberbürgermeister a.D., Prof. h.c. Dr. Wolfgang Schuster, in der Kategorie Politik, den VfB Stuttgart in der Kategorie Sport, Herrn Bernhard König in der Kategorie Kunst, Kultur und Literatur, den Südwestrundfunk für sein SWR International in der Kategorie Medien, die Eberhard-Karls-Universität Tübingen in der Kategorie Wissenschaft sowie Frau Prof. Dr. Havva Engin in der Kategorie Bildung, Gesellschaft und Soziales für die Auszeichnung mit der „Medaille für Transkulturalität“ ausgewählt.

Reichhaltiges Spektrum an Arbeitskreisen

Die verschiedenen Plattformen innerhalb des Vereins sollen dazu dienen, die Effektivität seiner Arbeit durch Fokussierung der einzelnen Mitglieder auf bestimmte Arbeitsbereiche zu steigern und damit Interessierten und Kooperationspartnern geeignete Ansprechpartner mit dem erforderlichen Know-How zur Verfügung zu stellen. Deshalb erachte man es als notwendig und wichtig, diese Arbeitsbereiche auch mit Inhalten zu füllen. Die Gesellschaft für Dialog Baden-Württemberg hat für seine ehrenamtlichen Mitglieder deshalb unter anderem Arbeitskreise für Frauen, Jugend, Religion & Glaube, Medien, Politik & Gesellschaft sowie Kunst & Kultur gegründet.

Mit zahlreichen Projekten und Gesprächsabenden, zu denen teils prominente Politiker, Professoren, christliche Theologen, Rabbiner, Angestellte der Polizei oder aber auch normale Bürger gehören, will sich der Verein der Öffentlichkeit präsentieren und zugleich auch gesellschaftliche Themen ansprechen. Jugendprogramme, Dialogessen, Nachbarschaftsprojekte, Reiseveranstaltungen und interkulturelle Begegnungsstätten brachten bisher Hunderte von Menschen zusammen. Aus diesem Anlass setzt es sich der Verein Gesellschaft für Dialog BaWü zum Ziel, die Begegnung mit allen Persönlichkeiten aus allen unterschiedlichen Schichten zu ermöglichen. Denn nur durch diese Zusammentreffen und daraus resultierenden Gespräche wird man einander verstehen und somit bestehende Ressentiments abbauen können. Das Ideal des Vereins ist es, gemeinsame Perspektiven für die Zukunft auf der Basis der demokratischen Grundordnung und des Grundgesetzes zu finden, Spannungen in unserer Gesellschaft abzubauen und diesen vorzubeugen. Des Weiteren sollen Personen, die sich um den Dialog und Frieden verdient gemacht haben, ausgezeichnet, gewürdigt und bekannt gemacht werden. Pädagogen, Theologen und Soziologen soll zudem die Möglichkeit eröffnet werden, sich in interkulturellen und interreligiösen Belangen fortzubilden.

Samet Er ist Projektmitarbeiter (bei Gesellschaft für Dialog BaWü), Leiter der Ortsinitiative Stuttgart/Tübingen und Student der Islamischen Theologie an der Universität Tübingen.